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Zwei junge Frauen in einem Zürcher Kaffee. "Boah, ich bin so
kaputt vom Jetlag." "Wo warst du denn?" "Auf den Malediven in den
Ferien. Diese Fliegerei macht mich noch fertig. Morgen muss ich nach
Paris. Beruflich. Jetzt brauche ich dringend eine neue Tasche. Meinst
du, ich finde was im Globus?" "Klar. Globus ist toll. Dort habe ich
mir neulich eine Michael-Kors-Tasche gekauft. Zwar etwas teuer, aber
dank meiner letzten Lohnerhöhung konnte ich sie mir leisten."
"Ah, krass!"
So zieht sich das Gespräch minutenlang hin. Ganz nach dem Muster
"Ich über mich" und "Du über dich". Eine echte Interaktion,
aufrichtiges Interesse aneinander? Fehlanzeige. Die Sprachwissenschaflerin
Doris Märtin hat festgestellt, dass es vermehrt Gespräche gibt,
in denen es darum geht, sich selbst möglichst gut darzustellen.
Umfrage Wünschen Sie sich, dass Ihre Gesprächspartner mehr
auf Sie eingehen?
Es mangle an Einfühlungsvermögen, sagte Märtin der
"Welt". Man gestatte dem anderen nur noch, etwas loszuwerden, ohne
mit der Antwort etwas anfangen zu können oder zu wollen. "Viele
schliessen von den eigenen Vorlieben auf die des Gesprächspartners",
sagt Märtin. Ein echter Gedankenaustausch könne so nicht
entstehen. Sich positiv zu verkaufen sei zwar grundsätzlich in
Ordnung. Aber nur, "sofern man dem anderen im Ausgleich auch eine
Bühne baut". Das Phänomen betreffe nicht nur junge, sondern
auch ältere Frauen und Männer.
Auch der Schweizer Kommunikationsexperte Marcus Knill stellt fest,
dass die Selbstdarstellung im Gespräch ausgeprägter geworden
ist. "Diese Leute sprechen nur über sich und ihre Erfolge und
lassen ihr Gegenüber kaum zu Wort kommen." Knill glaubt, dass die
Selbstdarstellung in den sozialen Medien und die Selfie-Kultur zu einer
egozentrischen Gesprächskultur beitragen.
Den Pfau zu machen und zu zeigen, wie toll man ist, sei zwar ein
menschliches Bedürfnis. Aber: "Mit den Federn zu rascheln ist
okay. Ein Rad zu schlagen ist aber widerlich." Früher habe man noch
gesagt: "Eigenlob stinkt." Es habe als schicklich gegolten, sich selber
in den Hintergrund zu stellen und bescheiden aufzutreten. Partner oder
Freunde von Selbstverliebten müssten diesen dringend den Spiegel
vorhalten, sagt Knill.
Sprachwissenschaftlerin Märtin empfiehlt, "aufmerksam" zu sein
und sich zu fragen: Wie viel rede ich? Wie viel der andere? Und sagt
mir das, was er mit Händen, Mund oder Augen tut, auch etwas? Ob
sich jemand wohlfühle, lasse sich nämlich gut an Stimme und
Körpersprache ablesen.
Auch die "New York Times" beklagte jüngst die
Smalltalk-Mentalität, die auch bei Dates Einzug halte. "Warum
können wir Smalltalk nicht durch tiefgründige Fragen
ersetzen? Durch Fragen wie #Wer sind wir und wohin wollen wir?#" Und sie
liefert auch gleich die Antwort: Anstatt das Gegenüber über den
Job auszufragen, sollte man die Frage stellen: "Wofür hast du eine
Leidenschaft?" Anstatt zu fragen, wie lange denn die letzte Beziehung
gedauert habe, solle man fragen: "Wann hast du am meisten geliebt?" So
könne man der Smalltalk-Falle entkommen.