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www.rhetorik.ch aktuell: (12. Feb, 2016)

Undurchsichtige Diffamierungskampagne

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Eine Werbekampagne? Eine Diffamierungskampagne? Ein Scherz. Auf einer Webseite wurde behauptet, dass ein Schweizer Resaurant Katzen serviert würden. Die Behauptung ist natürlich falsch. Es hat jedoch heftige Reaktionen hervorgerufen. Wer dahinter steckt, und was die Sache soll ist noch nicht klar. Nachtrag vom 15. Februar: Hinter der Aktion standen drei Vegi Organisationen. Quelle. Die Idee ist auch nicht neu sondern abgekupfert.
Die Katze ist aus dem Sack: Beim Schock-Video mit dem Schweizer Restaurant, das angeblich auch Katzen und Hunde zum Verzehr anbietet, handelt es sich um eine Aktion von drei verschiedenen Vegi-Organisationen: Swissveg, Vegetarierbund Deutschland (Vebu) sowie Beyond Carnism aus den USA. Swissveg und Vebu bekennen sich in einer Medienmitteilung zum Video und schreiben: "Über zehn Millionen Menschen wurden zum Nachdenken angeregt und haben Tausende von Kommentaren hinterlassen." Die Reaktionen hätten "von Verständnis für dieses aussergewöhnliche Konzept über Empörung bis hin zu zahlreichen Beschimpfungen und Drohungen" gereicht. Umfrage Was halten Sie von der Büsi-Video-Aktion der Vegi-Verbände? Doch was wollte man mit dem Video erreichen? "Der Grund dafür ist Karnismus", schreiben die Verantwortlichen: "Der Begriff bezeichnet ein unsichtbares System aus Überzeugungen, das Menschen darauf konditioniert, nur bestimmte Tierarten zu essen und andere nicht." Renato Pichler von Swissveg sagt zu 20 Minuten: "Es ist eine künstliche Unterscheidung: In Indien isst man keine Kühe, in China werden Hunde auf dem Markt verkauft - das wäre bei uns undenkbar. Aber im Restaurant isst man andere Tiere, ohne nachzudenken." Dabei sei das Essen von Tieren, genau wie der Vegetarismus, eine Entscheidung, so Pichler - eben Karnismus. "Diese Seite wird nie angeschaut, und das möchten wir den Leuten bewusst machen."


Direct Media Links: Webm, Ogg Quicktime.


20 Min titelt: Shitstorm wegen Schweizer Büsi-Koch. 20 Min:
Jedenfalls wird all das auf einer Website und einer dazugehörigen Facebook-Page behauptet - sowie in einem professionell produzierten Video in englischer Sprache, das es auch mit deutschen Untertiteln gibt. Ob es La Table Suisse tatsächlich gibt oder ob es sich dabei um eine politische Kampagne handelt, ist nicht klar. Vieles deutet auf Letzteres hin: Man findet weder das Lokal noch den Koch von Seite und Video. Zudem wurde die Website in den USA via Umwege registriert, so ist nicht ohne Aufwand nachvollziehbar, wer wirklich dahintersteckt. Sicher ist nur: Ob echt oder nicht, mit der Katzenküche erweisen die Macher der Schweiz einen Bärendienst. Denn obwohl hierzulande kaum mehr jemand Katzen oder Hunde isst, scheint international der Eindruck zu entstehen, die besten Freunde des Menschen seien schon zum Znüni ein beliebter Snack. Das Video wird auf Facebook von grossen Organisationen wie Peta (über drei Millionen Follower) geteilt und wiederum tausendfach geshart und kopiert.
Wegen eines Videos über einen Hipster-Gourmetkoch, der seinen Gästen angeblich Katzen und Hunde serviert, hat die Schweiz nun den Salat: Weltweit hagelt es Kritik wegen der "barbarischen Tradition". Tierschutzverbände und Facebook-Gruppen fordern unser Land auf, dem Gräuel sofort ein Ende zu bereiten. Den Koch wünscht man ins Pfefferland oder in die ewigen Jagdgründe - es gibt auch kaum verklausulierte Morddrohungen. Ein Shitstorm. Bildstrecken Darum sehen so viele Katzen wie Hitler aus Gut immerhin, dass weder Koch noch Restaurant existieren: Es handelt sich um eine Viral-Kampagne - wofür genau, ist allerdings noch unklar. Sicher ist auch: Diese Suppe haben wir uns nicht selbst eingebrockt. Die Spur führt nach Deutschland. Die Macher der Kampagne haben ganze Arbeit geleistet: Das Video ist eine teure Profi-Produktion, der Schauspieler spricht Französisch, Schweizerdeutsch und Englisch (er arbeitet in der Filmbranche und bestreitet auf Anfrage, im Video vorzukommen, obwohl er keinen Zwillingsbruder hat), die dazugehörigen Web-Auftritte sind anonym in den USA registriert. Doch Indizien machen stutzig. "Mostbröckli vom Hund", "Büsirücken", "Gulasch vom Sennenhund" - das kauft man eiem Schweizer Katzen-Koch noch ab. Aber "Schweinelendchen"? "Puten-Spiesse Saté"? "Serviettenknödel"? "Petersilie"? "Eis"? Und dann das ss auf der Website statt des schweizerischen Doppel-S - auffällig. Die "Schweizer Grossmutter" des Möchtegern-Kochs war hier jedenfalls kaum am Werk. Den endgültigen Beweis für eine Kampagne von deutschen Werbern liefert dann das Reservations-System: Wer im "La Table Suisse" einen Tisch reservierte, erhielt gestern eine automatische Antwort per E-Mail: Vielen Dank für Dein Interesse an unserem Restaurant La Table Suisse. Leider erreichen uns momentan, zusätzlich zu unserer täglichen Arbeit, sehr viele Anfragen. Wir werden uns jedoch bemühen, uns schnellstmöglich bei Dir zu melden. Im Mail-Header verraten sich die Urheber dann endgültig (siehe auch Bildstrecke): Die Mails werden über den Server der Werbeagentur Scholz & Friends verschickt - über den Sitz in Deutschland. Die Website wird in Berlin gehostet. 20 Minuten hat das Unternehmen angefragt. Dort heisst es, man möchte die Katze noch nicht aus dem Sack lassen.

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