Virtuelle Realität wurde schon vor Jahrzehnten eine grosse Zukunft
prognostiziert. Die Technologie ist aber nie richtig aufgekommen. Nun sieht es
wieder danach aus, als ob Virtual Reality bald marktreif ist. Man weiss das aber
nie so recht. Beim Google Glass Project war es nicht die Technologie, sondern
eher das soziale Verhalten, die die Brille verhasst gemacht hat. Man nannte Träger
der Brillen "Glassholes". Bei den Virtual Reality Brillen kann es ein Problem
sein, dass es den Leuten schwindlig wird oder dass das Umschnallen der Brillen
Angst verursacht weil man seine unmittelbare Umgebung nicht mehr sieht.
Im Moment sieht es so aus, als ob die Hürden noch viel primitiver sind:
der enorm hohe Preis der Brillen.
Aus
SRF:
Für Star-Trek-Fans ist virtuelle Realität (VR) ein alter Hut. In
der Sciencefiction-Serie aus den 1960er-Jahren bewegen und begegnen sich
die Protagonisten im "Holodeck", einem künstlich generierten Raum.
Etablierte Firmen wie Microsoft, Facebook, HTC oder Sony sind heute
überzeugt, dass solche Räume, erzeugt von VR-Brillen, bei der
Arbeit und Unterhaltung ganz neue Möglichkeiten erschliessen. Deshalb
investieren sie seit Jahren in diese neue Technologie. Bisher konnte man
von diesen Firmen, wenn überhaupt, nur Brillen für Entwickler
kaufen. 50 Jahre nach dem "Holodeck" wird die Star-Trek-Vision nun aber
Realität - die ersten erschwinglichen VR-Brillen liegen bald in
den Geschäftsregalen. Durchbruch von VR-Brillen: Dejà-vu?
Wer nun denkt, das habe ich doch schon einmal gehört, der
täuscht sich nicht: Bereits vor einem Jahr waren wir überzeugt,
dass VR den Durchbruch schaffen würde. Die Hersteller mussten dann
aber ihre Premieren verschieben und liessen uns so im Stich.
Nun sind wir uns aber ganz sicher: 2016 wird das Jahr der VR-Brillen.
Wir stellen vier Modelle vor.
Oculus begann 2012 als Projekt auf der Crowdsourcing-Plattform
Kickstarter. Etwas später übernahm Facebook das Start-up. Der
Internet-Gigant ist überzeugt, dass virtuelle Realität in
Zukunft weit über Games hinaus eine wichtige Rolle spielen wird,
zum Beispiel bei Begegnungen über das soziale Netzwerk.
Bei der neusten Version der VR-Brille Rift schauen die Nutzer in zwei
OLED-Displays (gerüchteweise 2160 Pixel x 1200 Pixel), die einen
grossen Bereich des Gesichtsfeldes abdecken. In den Rahmen sind blinkende
Infrarot-LEDs in bestimmten Abständen eingebaut. Ein externes
Gerät verfolgt diese Lichtimpulse und kann so die Bewegungen des
Kopfes nachvollziehen. Die Lage der Brille wird ständig ermittelt und
an einen externen PC weitergeleitet, der daraus Bilder für die Brille
in der korrekten Perspektive berechnet. Auch andere Gegenstände
mit LEDs kann dieses System orten.
Wir bei der SRF-Digital-Redaktion hatten die Möglichkeit, vor
einem Jahr eine Entwickler-Version der Oculus Rift auszuprobieren. Auf
einem Bürostuhl konnten wir so eine Achterbahnfahrt erleben
- buchstäblich. Die Erfahrung zeigte uns, wie beschränkt
herkömmliche Monitore sind, da sie immer nur einen kleinen Ausschnitt
einer künstlichen Game-Welt zeigen. Die VR-Brille hingegen versetzt
einen in eine endlose Umgebung, die rundherum stattfindet. Die virtulle
Fahrt war so echt, dass einigen Kollegen dabei übel wurde - wie
in der Realität. Die schlechte Grafik der Testbrille konnte das
Erlebnis nicht trüben.
Die VR-Brille des japanischen Elektronikkonzerns hat ein kleineres Display
(gerüchteweise 1920 Pixel x 1080 Pixel) als die Oculus Rift, das
Tracking funktioniert aber ähnlich. Frau mit VR-Brille Bild in
Lightbox öffnen.
Die VR-Brille kann zusammen mit einer PlayStation benutzt werden. Die
Japaner sind damit gut positioniert: Mit der Konsole verfügt Sony
bereits über ein Vetriebsnetz für Hardware. Jeder Besitzer
einer PlayStation ist zudem ein potenzieller Kunde für das neue
Produkt. Und über die Konsole kann Sony in Zukunft Games anbieten,
die auf die neue VR-Brille abgestimmt sind. Bei Entwicklung und Produktion
kam die jahrzehntelange Erfahrung mit Unterhaltunsgelektronik zum Tragen.
Die PlayStation soll im ersten Quartal 2016 in die Läden kommen und
etwa gleich viel kosten wie eine PlayStation, also um die 400 Franken.
Die VR-Brille des Game-Giganten Valve und des taiwanesischen
Elektronikkonzerns HTC unterscheidet sich in einem wichtigen Punkt von
den oben erwähnten Modellen: Vive kann nicht nur die Blickrichtung
tracken sondern auch die absolute Position eines Gamers im Raum.
Für uns war es beeindruckend zu sehen, wie Redaktions-Kollege
Guido Berger bei einem Test der neuen VR-Brille sich ständig
im Raum bewegte und so komplett in die virtuelle Welt abtauchte. "In
der virtuellen Umgebung stand ich an einem Abgrund und schaute in die
Tiefe. Obwohl ich wusste, dass es nicht real ist, kamen die genau gleichen
Gefühle auf, wie wenn ich auf den Uetliberg-Turm steigen muss" so
Gudio Berger. Die Vive macht Gamen so zu einem noch intensiveren Erlebnis.
Doch die VR-Brille alleine reicht nicht aus, es braucht auch noch die
entsprechenden Games dazu. Und auf die müssen wir wohl noch etwas
warten, denn die meisten bestehenden Games lassen sich nicht auf eine
VR-Brille übertragen; Spiele etwa, bei denen man ständig
in Bewegung ist. Wie man mit einer VR-Brille die Illusion von Rennen
vermitteln kann, ist ein ungelöstes Problem. Ein anderes: verhindern,
dass einem dabei übel wird.
Vive soll im April 2016 in die Läden kommen, der Preis ist nicht
bekannt. Es dürfte die teuerste der hier vorgestellten VR-Brillen
werden. HoloLens (Hersteller: Microsoft)
Die Brille des Softwarekonzerns aus Seattle ist keine VR- sondern eine
Augmented-Reality-Brille (AR). Der Unterschied: Schaut man durch die
HoloLens, so sieht man die natürliche Umgebung, die zusätzlich
mit künstlichen, dreidimensionalen Objekten aus dem Computer
angereichert wird, sogenannten Hologrammen. So kann man beispielsweise
auf dem real existierenden Küchentisch mit virtuellen Figuren
Schach spielen. Mann sitzt vor einem Tisch, darauf ein virtuelles
Schloss aus Bausteinen. Bild in Lightbox öffnen.
Das Tracking funktioniert bei der HoloLens mit verschiedenen Sensoren
für Beschleunigung, Lage im Raum und einem Magnetometer. Eine
Holographic Processing Unit (HPU) brechnet die Hologramme.
AR-Brillen eignen sich nicht, um damit in virtuelle Game-Welten
einzutauchen, wie das mit VR-Brillen möglich ist. Für Microsoft
hat das Gerät primär praktischen Nutzen: Mit der HoloLens kann
man etwa im Büro einen virtuellen Bildschirm für Skype-Sitzungen
an die Wand "hängen". Sobald man die Brille auszieht, verschwindet
der Bildschirm natürlich wieder. Die AR-Brille soll auch eine
Vorschau für dreidimensionale Objekte anzeigen können, bevor
man diese auf einen 3D-Drucker schickt.
Es ist sehr anspruchsvoll, solche Anwendungen umzusetzen. Wann und wie gut
das Microsoft gelingen wird, ist offen. Eine erste Version der HoloLens
für Entwickler soll noch dieses Jahr erhältlich sein. Das
Online-Magazin "ITPro" schätzt den Preis auf 1200 bis 1500 Franken.
Nachtrag vom 6. Januar:
Oculus Rift wird 700 Euro kosten. Für viele Fans ist das ein happiger Preis, vor allem weil man heute
schon mit einem Handy und einer Pappbrille die Technologie ziemlich einfach ausprobieren kann.