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www.rhetorik.ch aktuell: (14. Jun, 2015)

Ruecktritt vom Ruecktritt?

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Es wäre eine Überraschung. Gerüchte kursieren, dass Sepp Blatter es sich nochmals überlegt und einen Rücktritt vom Rücktritt im Auge habe: Aus dem Spiegel:
Seit 1998 führt Joseph Blatter die Fifa, regiert den Weltfussballverband wie ein kleiner König. Dass er da so einfach seinen Posten räumt, wäre schon fast eine Überraschung. Selbst wenn er am 2. Juni, auf dem Höhepunkt der Fifa-Krise, genau das versprochen hat: einen Rücktritt zum Ende des Jahres. Nun jedoch kommen aus der Schweiz ganz andere Töne. Der 79-Jährige habe über seine berufliche Zukunft nachgedacht, heisst es in der Zeitung "Schweiz am Sonntag". Ergebnis der Gedankengänge: Blatter kann sich angeblich vorstellen, doch noch weiterzumachen. Als Grund für diesen angeblichen Kurswechsel wird in dem Bericht die vehemente Unterstützung für Blatter aus den Verbänden in Afrika und Asien genannt. Diese schmeichelt Blatter angeblich so sehr, dass er seine Demissionsankündigung überdenken möchte, heisst es. PR-Berater Klaus J. Stöhlker, persönlicher Berater Blatters bei dessen Wiederwahl, sagte der Zeitung: "Es ist schwer, jemanden zu finden, der ebenbürtig ist. Blatter hat den Verband zu einem globalen, sehr erfolgreichen Konzern aufgebaut - und er ist ein Spitzendiplomat." Weiter äusserte er: "Blatter hat eine faire Chance. Es kommt nun drauf an, wie er sich in den nächsten Monaten verhält." Ausserdem sei Blatter der "gewählte Präsident". Kokettiert Blatter hier nur, ist es eins seiner Machtspielchen? Oder gar ein ernst gemeinter Pitch? Bisher sagen Fifa und Blatter-Büro nichts zu den Spekulationen. Das übernehmen andere, die Reaktionen auf die "Schweiz am Sonntag"-Meldung sind deutlich. Etwa vom Deutschen Fussball-Bund (DFB): "Wir kennen auch nur die Medienberichte aus der Schweiz, die uns in unserer klaren Haltung bestärken: Der von Blatter selbst angekündigte Rücktritt muss jetzt so schnell wie möglich formal vollzogen werden", sagte DFB-Mediendirektor Ralf Köttker. Ähnlich hatte sich auch Domenico Scala als Vorsitzender der Fifa-Compliance-Kommission geäussert. Laut "Schweiz am Sonntag" könnte Blatters Sinneswandel der Grund für den Rücktritt von Mediendirektor Walter De Gregorio gewesen sein. Dieser soll den Fifa-Chef zu einem Neuanfang und einem sofortigen Rücktritt geraten haben. De Gregorio wollte sich auf Anfrage nicht zu diesem Thema äussern. Auch für die Anti-Korruptions-Expertin Sylvia Schenk scheint eine Rolle rückwärts des umstrittenen Fifa-Bosses kaum denkbar zu sein: "Nach dem, was er da vorgeführt hat, kann er nicht weitermachen", sagte die Leiterin der Arbeitsgruppe Sport von Transparency International: "Das würden auch die Sponsoren und sonst niemand anderes mitmachen. Das weiss Blatter auch." (...) Ein kompletter Sinneswandel des Funktionärs scheint angesichts der massiven Gegenstimmen zwar kaum vorstellbar - ein gewisses Kalkül bei den Gegnern von Fifa-Reformen wollte Korruptionsexpertin Schenk aber nicht ausschliessen: "Einige mögen es sicher so haben wollen, dass Blatter bleibt. Vielleicht geht es auch darum, bestimmte Nachfolger zu verhindern, vielleicht aber auch um einen Kampf zwischen Afrika und Europa."
Aus der Tagesschau:
Gerade mal zwei Wochen ist es her, seit sich Joseph S. Blatter vom letzten FIFA-Kongress für eine fünfte Amtszeit wählen liess: Trotz aller Turbulenzen um Festnahmen hochrangiger FIFA-Funktionäre in einem Züricher Luxushotel, trotz einer 160 Seiten starken knallharten Anklageschrift der US-Justizbehörden gegen 14 Personen und trotz massiven Rücktrittsforderungen. Doch vier Tage später kam die Rücktrittsankündigung des Präsidenten des Fussballweltverbandes. Und jetzt eine neue Variante. Plant Sepp Blatter einen Rücktritt vom Rücktritt? Die Wochenzeitung "Schweiz am Sonntag" meldet das heute. Als Aufmacher. Und berichtet weiter: Afrikanische und asiatische Fussballverbände setzten sich für Blatter ein und wollten verhindern, dass er wie angekündigt, vorzeitig abtritt. Als Quelle wird das engste Umfeld des Präsidenten des Weltfussballverbandes genannt. Die "Schweiz am Sonntag" spricht bereits von der "Operation Comeback". Blatter selbst sei über die Unterstützungsbekundungen hocherfreut und schliesse nicht aus, sein Amt fortzuführen. Damit würde das FIFA-Drama nicht nur um eine weitere Variante ergänzt, sondern weitergehen. Hat Blatter also einmal mehr mit seiner Rücktrittsankündigung geblufft? Spielt er nur auf Zeit, um die Karten neu zu mischen und seine Truppen in Stellung zu bringen? Bei "Seppi" ist vieles möglich. Der 79-jährige Walliser ist mit allen Wassern gewaschen, kennt jeden Trick in der Branche und hängt an seinem Amt. Der "Fussballpapst" hat schon bei früheren Wahlen seine letzte Amtszeit angekündigt und dann die Rolle rückwärts gemacht. Taktische Finten sind die Spezialität des gerissenen Fussballspitzenfunktionärs. Blatter weiss ausserdem, dass er immer noch grosse Unterstützung bei vielen Verbänden geniesst. Der Grund: Er ist mehrheitsfähig, bisher gibt es noch kaum herausragende Nachfolgekandidaten und Blatter kennt die Furcht vieler afrikanischer und asiatischer Verbände vor der europäischen Dominanz. Und der Noch-Präsident sei in bester Laune, heisst es in der FIFA-Zentrale, und widme sich seinem neuen Lieblingsprojekt, den FIFA-Reformen. Die brauche es, hat der ewige Präsident bei seinem letzten Auftritt eingeräumt. Doch kann der oberste Fussballfunktionär, in dessen Ära die Korruption derart blühte, solche Reformen glaubhaft exekutieren? Ob Blatter bleibt, hängt längst nicht mehr von ihm selbst ab. Sondern davon, welche Ergebnisse die Ermittlungen der amerikanischen Justizbehörden zutage fördern. Und davon, wer von den bisher Verhafteten was ausgepackt hat und wer noch plaudern wird. Um sich zu wappnen, hat Blatter offenbar den Schweizer Staranwalt Lorenz Erni angeheuert. Der wurde am vergangenen Donnerstag bereits in der FIFA-Zentrale gesichtet.

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