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www.rhetorik.ch aktuell: (15. Jan, 2015)

Paukenschlag der Nationalbank

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Die Aufhebung des Euro-Mindestkurses war eine Überraschung. Es war klar, dass das einmal passieren musste. Niemand wusste aber wann. Die Reaktion der Börse zeigt, dass Viele den Anlass nahmen, um kurzfristig mit richtigem Timing ein Schnäppchen zu machen: Verkaufe Schweizer Aktien, um sie dann billig wieder zu kaufen. Die "Vernichtung von 101 Milliarden" ist deshalb auch nur temporär. Selbst der Bundesrat war überrumpelt. Natürlich konnte ein solcher Schritt nicht vorher angekündigt werden. Erstaunlich, dass die Entscheidung völlig geheim gehalten worden war. Es war ein Paukenschlag.

Der Tagi
Der tatsächliche Grund für die Aufhebung der Untergrenze hat eher mit den Entwicklungen der letzten Wochen zu tun. Die Krise um den russischen Rubel im Dezember hat erneut die Funktion des Schweizer Frankens als sicherer Hafen bestätigt. Nur dank Interventionen an den Devisenmärkten konnte die Nationalbank die Untergrenze halten. Als neues Instrument gab die SNB deshalb am 18. Dezember die Einführung von Negativzinsen auf den 22. Januar bekannt - ein klares Signal, dass sie ihr bisheriges Instrumentarium für nicht mehr ausreichend hielt. Die jüngsten Entwicklungen in Europa machen deutlich, dass die Eurokrise kein vorübergehendes Phänomen ist. Die Europäische Zentralbank ist deshalb auf nicht absehbare Zeit an einem möglichst schwachen Euro interessiert. Die Aussicht, in der Folge auch den Franken auf unbestimmte Zeit ständig weiter abschwächen zu müssen, dürfte der SNB-Spitze zunehmend den Schlaf geraubt haben. Es ist gut verständlich, dass sie sich möglichst noch vor den geplanten Geldspritzen durch die EZB aus dieser Zwangslage befreien wollte. Das bestätigte SNB-Chef Thomas Jordan gestern indirekt, indem er betont hat, die SNB hätte sich jetzt wieder mehr Handlungsspielraum verschafft. Ebenfalls legte er viel Wert auf die Feststellung, jeder spätere Ausstieg aus dem Regime der Untergrenze wäre für die SNB noch problematischer. Allerdings ist die SNB jetzt alles andere als aus dem Schneider. Sollte der Franken sich nicht deutlich von den Extremwerten von gestern ent-fernen, hätte das für die Schweizer Wirtschaft verheerende Folgen. Eine derart rasche und starke anhaltende Aufwertung würde der Export-wirtschaft stark zusetzen.
NZZ:
Der Begriff "Paukenschlag" wird oft voreilig verwendet. Für einmal wirkt die Umschreibung aber fast harmlos. So rechnete am Donnerstagmorgen wohl niemand ausserhalb der Schweizerischen Nationalbank (SNB) mit der unmittelbaren Aufhebung des Euro-Mindestkurses von Fr. 1.20. Entsprechend überraschend kam die Massnahme, mit der die SNB laut eigenen Angaben geldpolitischen Spielraum zurückgewinnen will. Die Konsternation an den Märkten, in der heimischen Politik und in den Wirtschaftsverbänden war entsprechend gross. SNB-Präsident Thomas Jordan wirkte demgegenüber schon beinahe erleichtert, als er das Ende der Mindestkurspolitik bekanntgeben konnte - einer Politik, die laut Jordan unter den gegebenen Umständen nicht länger sinnvoll und nachhaltig gewesen ist. Noch negativere Zinsen Doch welches sind diese Umstände, die für die abrupte Aufhebung des Mindestkurses, der noch vor kurzem als das zentrale Instrument der Geldpolitik präsentiert wurde, verantwortlich sind? Die SNB begründet ihre Zäsur vor allem mit den Unterschieden bei der geldpolitischen Ausrichtung der wichtigsten Währungsräume. Diese Unterschiede hätten sich in jüngerer Zeit markant verstärkt, wobei die SNB erwarte, dass sich die Divergenz weiter akzentuieren werde. Als Spiegel dieser ungleichen geldpolitischen und konjunkturellen Entwicklung erscheint dabei die Abschwächung des Euro (und somit bis vor kurzem auch des Frankens) gegenüber dem Dollar. Vor diesem Hintergrund, so die Argumentation der SNB, sei die Durchsetzung und Aufrechterhaltung des Euro-Franken-Mindestkurses nicht länger gerechtfertigt gewesen.
20 Min:
Die überraschende Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die Schweizerische Nationalbank hat die Schweizer Börse am Donnerstag massiv einbrechen lassen. Der wichtigste Aktienindex der Schweiz, der Swiss Market Index, büsste knapp 8,7 Prozent ein. Er schloss auf 8400.61 Punkten (-798). Rechnet man dies auf den Gesamtwert aller Aktien der 20 SMI-Unternehmen hoch, so bedeutet dies: Heute ist an der Schweizer Börse ein Wert von 101 Milliarden Schweizer Franken vernichtet worden. Verwendet wurde für diese Rechnung die sogenannte Marktkapitalisierung. Betrachtet man die einzelnen Titel, so gehören zum Beispiel die Banken zu den grossen Verlieren. Julius Bär büsste 11,5 Prozent ein, die UBS 11,7 Prozent und die Credit Suisse 11,0 Prozent. Noch extremer fielen die Verluste allerdings bei Swatch (-16,4 Prozent), Richemeont (-15,5 Prozent) oder Lonza (-17,9 Prozent) aus. Auch der Kurs des Euro stürzte im Verlauf des Tages bis auf ein Rekordtief von Fr. 0.85 ab. Um 18 Uhr kostete er schliesslich wieder Fr. 1.04 , das ist gut 16 Rappen oder 13,5 Prozent weniger als am Morgen. Der Dollarkurs stand zur selben Zeit Uhr bei 90 Rappen pro Dollar.
Gekürzt vom Blick:

Selbst in den USA nimmt man Kenntnis Paul Krugman (Wirtschafts Nobelpreis Träger) meint in der New York, dass er den Schritt der Schweizer Nationalbank als Fehler betrachte. Er selbst glaube nicht, dass die offizielle Erklärung: "es ist eine Antwort auf den schwachen Euro", sondern dass (ähnlich wie im Tagi Artikel oben) "eine Welle von 'Save heaven money' die Bindung an den Euro zu teuer gemacht hatte. Krugman befürchtet, dass die tiefen Zinsen die Schweiz in eine Japan-ähnliche Deflation bringt. Mal sehen. Viel zu Befürchten gibt es bei solchen Prophezeiungen nicht. Selbst Wirtschaftsexperten haben kaum die Fähigkeit, in die Zukunft zu sehen. Die Strukturen sind zu kompliziert. Hat jemand etwa den Schritt der Nationalbank etwa voraussehen können? Klaus Wellershoff hatte bereits vor einem Jahr mit der Aufhebung gerechnet, lag also falsch. Auch USB Chef Oekonom Kaniel Kalt sah sich überrascht.

Nachtrag vom 16. Januar: Die Shopping Touristen sind froh. Benzin wird billiger. Sowie auch Ferien. Die Leute haben auch viel Euro gekauft. Und die Deutsche Wirschaft frohlockt: Deutsche Autos werden für Schweizer erschwinglicher, und die Deutsche Tourismusbranche frohlockt, denn der Urlaub in der Schweiz wird für viele zu teuer.


Quelle

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