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www.rhetorik.ch aktuell: (30. Nov, 2014)

Pro und Kontra Internetregulierung

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Die Regulierung des Internets ist auch politisch. Es ist "Netzpolitik". Es geht um Regulierung der Firmen, Internetüberwachung, Netzeneutralität, Vorratsdatenspeicherung, Urheberrecht, Datenlöschung. Die Sache ist nicht nur wichtig, sondern auch emotional: Worte wie "Zweiklasseninternet", "Bürokratisierung", "Schnüffelstaat", "Schutz der Kinder", "Netzfreiheit", "Zensur" illustrieren das. Politiker Stimmen Pro und Kontra mehr Regulierung finden sich schon hier aus dem Jahre 2009.
Heise hat einen Kommentar von Herbert Braun zur Resolution des Europäischen Parlaments für eine Zerschlagung von Google.
Die Geschichte der deutschen Internetparanoia ist lang: verpixelte Hausfassaden, die armselige Facebook-Account-Kündigung der Verbraucherschutzministerin, die nach jahrelangen Debatten immer nicht beseitigte Störerhaftung für freie WLAN-Netze, die Einwilligungspflicht für jeden Cookie und eine masslose Gesetzgebung, die Hobby-Websites für ein fehlerhaftes Impressum, das Loggen der Besucher-IP-Adressen oder die Einbettung eines Bildes, die anderswo als "Fair Use" durchginge, mit harten Sanktionen bedroht. Und Datenschützer spielen Missionare, die ihre unmündigen Schäfchen vor jenen Technologien beschützen zu müssen glauben, die diese aus freien Stücken nutzen. Ein Höhepunkt dieser Entwicklung schien das Leistungsschutzrecht zu werden, der BER der deutschen Medienbranche. Seine europäischen Partner stehen Deutschland in seinem Wahnsinn bei und drehen diesen noch weiter. Ein neues Phänomen sind die weltumspannenden Allmachtsphantasien der Europäer. Das Recht auf Vergessen - eine Art Versuch, Geschichte umzuschreiben, den selbst ein Bundesverfassungsrichter für eine Bedrohung der Meinungsfreiheit hält - soll weltweit gelten. Wie würden die Europäer wohl reagieren, wenn etwa die Chinesen unliebsame Äusserungen weltweit aus dem Internet gelöscht sehen möchten? Den aktuellen Superlativ im hilflosen Wüten gegen eine Technik, die die Politik und die massgeblichen Lobbys nicht beherrschen können, lieferte in der vergangenen Woche das Europäische Parlament - ausgerechnet jene europäische Institution, die noch am ehesten am Wählerwillen interessiert zu sein scheint. In einem beispiellosen Amoklauf hat es eine Resolution verabschiedet, Google zu zerschlagen. Wo soll man da anfangen? Hat es Sinn, auf Durchgedrehte vernünftig und beruhigend einzureden? Sagen wir es so: Möglicherweise wird das US-Unternehmen Google diesem Wunsch europäischer Parlamentarier nicht Folge leisten. Möglicherweise macht sich eine politische Institution zum Deppen, wenn sie basierend auf dünnen und parteilichen Argumenten Forderungen aufstellt, die sehr, sehr wahrscheinlich nicht erfüllt werden. Der Entwurf für diese Resolution kommt übrigens aus dem gleichen Stall wie das Leistungsschutzrecht - mehr muss man eigentlich nicht dazu wissen. Die Politik gibt vor, die grossen, bösen US-Internetkonzerne zu bekämpfen - aber sie bekämpft das Internet selbst. Und das ist kein Versehen: Wenn die deutsche und europäische Politik es könnte, würde sie das Internet noch heute abschalten, durch einen sauber kontrollierten Datendienst ersetzen, bei dem jedes Byte vor dem Versand ein Formular in drei Durchschlägen ausfüllen muss, und die Uhr 25 Jahre zurückdrehen. Und das macht mir mehr Angst als die Gigabyte von Daten, die Google, Facebook, Amazon und Twitter über mich aufgehäuft haben. Das Internet ist oft gierig und hässlich, es ist masslos in seinem Hunger nach privaten Daten und schnellen Reizen und es fördert die schlimmsten Eigenschaften mancher Exemplare des homo sapiens zutage. Trotzdem: Wenn die Politik das Internet zerstören will, weiss ich, auf welcher Seite ich stehe.
Eine andere Stimme von Stefan May auf Heise argumentiert für eine Entflechtung des Quasi Monopols:
Darüber hinaus beantwortet Google Suchanfragen oft gleich selbst. Wer nach Wetter-Informationen sucht, sieht eine bunte Wetterkarte von Google, wer nach Sport-Ergebnissen Ausschau hält, eine interaktive Tabelle. Zu WM- und Olympia-Zeiten war die Karte so gross, dass sie selbst auf mittelgrossen Laptops die sonstigen Anbieter vom Bildschirm verdrängt hatte. Für Anbieter führt das zwangsläufig zu Besucherverlusten. Das externe Flugvergleichsportal oder die Wetter-Informationsseite kann noch so einzigartige Inhalte bieten, sie haben keine Chance: Google Flights und die Google-Wetterkarte wird immer prominenter platziert sein. Im Bereich von Kartenmaterial gibt es kaum einen ernst zu nehmenden Wettbewerber von Google, das ambitionierte Crowdsourcing-Projekt OpenStreetMaps beispielsweise ist fast ausschliesslich Nerd-Terrain. In den Bereichen Wetter, Sport und Reisen geht Google ähnlich vor. Für Nutzer führt die Strategie mittelfristig zu weniger Vielfalt. Eine klare Trennung von Suchmaschine und Inhalten wäre deswegen vonnöten. Auch wenn der heutige Beschluss des EU-Parlaments faktisch eher symbolischer Natur war, war er richtig - und wichtig. Von mahnenden Worten wird sich Google nicht beeindrucken lassen. Die Politik muss Massnahmen androhen und grosse Töne über den grossen Teich spucken. Grosse Bühne für grosse Probleme Das Thema muss auf der grösstmöglichen Bühne verhandelt werden, denn es ist nicht nur ein Ärgernis für einige Anbieter und weinerliche Branchen-Manager. Der offensichtliche Missbrauch des Quasi-Monopols auf dem Suchmarkt gefährdet auf Dauer die ökonomische und inhaltliche Vielfalt im Internet.

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