Eine Arbeit visualisiert die
Migration
von Menschen
Hinter diesen Lichtpunkten stecken 150.000 Einzelschicksale. Die Forscher
suchten sie aus der offenen Datenbank Freebase, dem General Artist Lexicon
und der Getty Union List of Artist Names zusammen. Jeden Menschen,
der in den vergangenen rund 2000 Jahren kulturell von Bedeutung war,
nahmen sie mit Geburts- und Sterbedatum in ihre Datensammlung auf. Je
heller ein Punkt auf ihrer Karte leuchtet, desto mehr bedeutende
Persönlichkeiten hauchten dort also zum jeweiligen Zeitpunkt ihr
Leben aus. Fotostrecke
"Die Studie zeichnet ein erstaunlich umfassendes Bild der
kulturellen Interaktion zwischen Europa und Nordamerika, das sonst
nur erfasst werden kann, wenn man Unmengen von Literatur sichtet oder
eigenständige Datenmengen kombiniert", erklärt Schich in
einer Pressemitteilung. Der Aufsatz erscheint heute in der Zeitschrift
"Science". Wie umfassend die Karte ist, zeigt sich an der Bandbreite
der Persönlichkeiten. Die römischen Kaiser und die ersten
Päpste haben darin ebenso ihre eigenen Lichtpunkte wie Marilyn
Monroe und Jim Morrison.
Dass zu Beginn des ersten Jahrtausends nach Rom zog, wer Rang und Namen
hatte, mag zwar ebenso wenig erstaunen wie der Umstand, dass in den
vergangenen Jahrzehnten die meisten Schauspieler in Hollywood starben.
Richtig spannend aber wird die Migrationskarte im Detail. So scheinen
zum Beispiel Ruhm und Reichtum nicht automatisch zusammenzufallen: Oft
sind die kulturellen Zentren ihrer Zeit nicht identisch mit denen von
Handel und Wirtschaft.
(...)
Erstaunlich ist, dass selbst die Entdeckung Amerikas oder später die
zunehmende Vereinfachung des Reisens keinen allzu grossen Einfluss auf
die durchschnittliche Distanz hatten, die zwischen Geburts- und Sterbeort
eines prominenten Menschen liegt. Im 14. Jahrhundert, noch bevor Columbus
auf den Bahamas landete, betrug diese Strecke im Schnitt 214 Kilometer. Im
21. Jahrhundert war sie mit 382 Kilometern nicht einmal doppelt so gross.
Das bedeutet: Selbst berühmte Persönlichkeiten hauchen ihr
Leben heute nicht weiter von ihrem Geburtsort entfernt aus, als es mit dem
Auto von Bremen nach Berlin ist. Am stärksten an der Heimat hingen
die Kreativen und Mächtigen offenbar im 17. Jahrhundert. Da lagen
im Schnitt gerade mal eben 135 Kilometer zwischen Geburts- und Sterbeort.