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www.rhetorik.ch aktuell: (27. Jun, 2014)

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Professionelle Lippenleser, Bloggers, die Gespräche am Fluch und jede Lästerei auf dem Platz live übersetzen. Auch die deutsche Elf steht unter Beobachtung.

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Eine berühmte Szene im Film Odyssee 2001. Astronaut "Dave" wird vom Computer "Hal" nicht mehr reingelassen. Der Computer hatte ein vertrauliches Gespräch von den Lippen ablesen können.


Spiegel:
Völlig neu ist diese Entwicklung nicht - schon 2006 versuchten Lippenleser zu enthüllen, was Marco Materazzi vor dem legendären Zidane-Kopfstoss zu seinem Kontrahenten gesagt haben könnte. Und 2012 berichtete SPIEGEL ONLINE über die gehörlose Bloggerin Julia Probst, die bei der Europameisterschaft von den Lippen der deutschen Nationalelf las und später sogar als Expertin beim Bezahlsender Sky anheuern sollte. Während das Phänomen damals noch eher eine interessante Randerscheinung war, hat das kickende Personal mittlerweile offenbar verstanden, was die Dauerbeobachtung in Verbindung mit Medien wie Twitter für den Weltfussball bedeutet - und sich für entsprechende Gegenmassnahmen entschieden. Konspiratives Genuschel mit verdeckten Lippen ist seither eine echte Massenerscheinung geworden - um mal in die hohle Hand zu sprechen. "Man beobachtet diesen Trend immer häufiger", bestätigt Lippenleserin Probst in einer E-Mail an SPIEGEL ONLINE. Vor allem Profis, die in Spanien ihr Geld verdienen, würden regelmässig ihre Lippen beim Sprechen verdecken. Mesut Özil und Bastian Schweinsteiger habe sie ebenfalls schon mit der Hand vor dem Mund erwischt. Für Probst ist das lästig, denn über ihren Twitter-Account gibt sie auch bei der WM 2014 live an rund 25.000 Follower weiter, was sie von den Lippen der Profis liest (Hashtag: #ableseservice). Dank ihr wissen wir etwa, was Toni Kroos vor Freistössen so zu seinen Teamkollegen rüberraunt ("Aber das ist schwer. Ein Stück weiter#") oder was Thomas Müller dem Portugiesen Pepe an den Kopf warf, bevor der Portugiese die Fassung verlor und sich eine rote Karte einfing. Ohnehin sei das Lippenlesen während der Live-Übertragungen nicht einfach, berichtet Probst. "Ablesen auf so einem hohen Niveau und über einen so langen Zeitraum erfordert extrem hohe Konzentration", schreibt sie. "Oft bin ich hinterher so K.o., dass ich nur noch schlafen will." Sie tröste sich damit, dass sie Menschen mit ihrem Ableseservice für Barrierefreiheit und Inklusion sensibilisieren könne. Kommerziell ambitionierter und mit Unterstützung einiger Mitarbeiter geht die Britin Tina Lannin die Mission Lippenlesen an. In London bietet die Unternehmerin mit ihrer Firma 121captions Kommunikationshilfen für Hörgeschädigte; während der WM übersetzte ihr Team die Flüche, Ausrufe, Lästereien und Lamentos der englischen Nationalelf live - ebenfalls per Twitter.

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