Die Nachricht, dass Schumacher aus dem Koma erwacht ist, hat den Fall Schumacher wieder
in die Medien gebracht. Weil nicht viel Information aus dem Spital kommt, gehts nun auch
vor allem um die Medienberichterstattung und um Spekulationen. RTL hat eine 30 minütige
Sendung über Schumacher gemacht, mit Reporterin vor Ort in Lausanne.
Kritik am Informationsdrang von RTL wäre aber heuchlerisch. Denn das Interesse an
Schumacher ist immer noch sehr gross. Denn die Meinung vom Publikum wankt:
bis vor 1 Monat noch die Meinung "Lasst ihn in Ruhe". Jetzt findet man mehr Kritik an
der sparsamen Info-Politik. Die Zurückhaltung ist verständlich. Auch ohne Information
kommen etwa Meldungen, dass Schumi die WM am Fernsehen verfolge.
Wie behauptet sich ein Privatsender an einem Deutschland-Spielabend
der Fussball-WM? Am besten mit prominenten Köpfen. Das muss sich
RTL-Chef Frank Hoffmann gedacht haben. Die Nachricht, das Michael
Schumacher aus dem Koma erwacht ist, kam somit mehr als gelegen.
RTL hievte eine ganze Sondersendung in die Prime Time - und erntete noch
während der Sendung Kritik.
"Wahnsinn", twitterte die Redaktion von "RTL Exclusiv" am frühen
Montagabend, "Schumi schaut heute Abend das Deutschlandspiel um seinem
Freund Lukas Podolski die Daumen zu drücken!" Die vermeintliche
Nachrichtensendung "RTL Aktuell" spekulierte wenig später:
"Vielleicht hat Schumacher im Koma tatsächlich das Fussball-Fieber
erfasst."
Wahrscheinlicher ist, dass bloss bei RTL sämtliche Sicherungen
durchgebrannt sind, als am Montagmittag die Nachricht kam, dass der
Formel-1-Rennfahrer nicht mehr im Koma liege. Der Sender nahm eine
dreissigminütige Sonderausgabe von "RTL Aktuell" ins Programm, um
20:15 Uhr, was er sonst nie tut, was aber an diesem Tag perfekt passte,
damit sich nicht nur Schumi die Sendung noch nach dem Deutschlandspiel
angucken konnte.
In dieselbe Kerbe schlägt auch der Standard Der
Standard:
Die Nachricht - "er ist erwacht" - war so erfreulich, dass RTL-Chefs
für sie gerne einen Sender (RTL3) gegründet hätten. Leider
keine Zeit. Vorerst muss ein 30-Minuten-Special reichen, und klar wird
das eine Endlosschleife der Ratlosigkeit. Man bleibt ja seriös, der
Wahrheit verpflichtet, also der Erkenntnis, dass man nichts weiss. Die
Familie bat ja um Verständnis, dass die Rehabilitation "ausserhalb
der Öffentlichkeit stattfinden wird".
Respekt. Es gibt aber bitte auch eine Infopflicht. Also gleich live
zur Reporterin vor der Schweizer Klinik, in der er liegt. Selbige
sieht immerhin etliche Journalisten, regelrecht eine Belagerung. Auch
wenn die Reha ausserhalb der Öffentlichkeit stattfindet, gibt
es Gerüchte. Angeblich macht der Patient erste Schritte, was
die Reporterin natürlich nicht bestätigen kann. Dass der
Patient nicht mehr im Koma liegt, heisse ja nicht, dass er wach
ist. News wird es aber, wie gesagt, nicht geben, die Reha soll
ausserhalb der Öffentlichkeit stattfinden... Danke, und damit
zurück ins Studio, wo man jetzt doch Anzeichen der Besserung sieht
- Frage also an Professor Weber: Ist er ansprechbar oder zwinkert er
nur? Weber kann es nicht sagen. Die Reha passiert ja ausserhalb der
Öffentlichkeit. Weiss vielleicht der genesene Kai mehr, der auch
im Koma lag und nun mit dem Patienten mitfühlt? Weiss er nicht.
Immerhin hat aber Niki Lauda "immer daran geglaubt", sogar Ex-Fussballer
Mario Basler hat gejubelt ("Schumi! Geil! Du bist ein Teufelskerl!"), und
damit zurück ins Studio, wo ein Mann nun sicher ist, es würde
"in kleinen Schritten zurück ins Leben gehen", auch wenn die Reha
ausserhalb der Öffentlichkeit passiert, wofür RTL natürlich
volles Verständnis hat.