
Gerichtsurteil um Bildveroeffentlichung
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In der BILD vom 10.05.2012 wurde von einem Raubüberfall
vom Profifussballer Aogo berichtet. Unter
der Überschrift "Aogo am Ballermann ausgeraubt" las man:
im Original:

Sonne, Strand, Strauchdiebe.
Gestern sahen wir HSV-Star Dennis Aogo (25) in pikanter Frauen-Begleitung
am Ballermann. Jetzt wurde er Opfer einer Straftat.
Aogo wurde bei der Saisonabschluss-Reise des HSV auf Mallorca
überfallen, Uhr und Brieftasche gestohlen. Es passierte in den
frühen Morgenstunden auf der Party-Meile in El Arenal.
Als der von Jogi Löw für die EM ausgebootete Nationalspieler
eine Bar verliess, überfielen ihn Diebe. Es handelte sich um eine
rumänische Bande, die für ihr brutales Auftreten berüchtigt
ist. Die Polizei hatte sie schon länger im Visier.
Glück für Aogo. Verdeckte Ermittler griffen ein, nahmen die
Täter fest. Ein Polizist gab Aogo die teure Armbanduhr (IWC Top Gun,
Preis: ca. 8000 Euro) zurück. Die Brieftasche ist verschwunden.
Die Foto ist unterdessen weggenommen worden, denn eine Frau, die im Bikini
ohne ihr Wissen fotographiert worden ist, war auf dem Bild zu sehen.
Das Gericht gab der Frau recht. Es wurde jedoch keine Entschädigung
ausgezahlt.
Focus:
Im Bikini ohne sein Wissen zufällig abgelichtet zu werden und das
Foto dann in der Zeitung wiederzufinden, muss sich niemand gefallen
lassen. Das Oberlandesgericht in Karlsruhe (OLG) gab in einem am
Dienstag bekanntgegebenen Urteil der Klage einer Frau statt, die sich im
Hintergrund eines Strandfotos wiedersah, das die "Bild"-Zeitung von einem
Fussballstar gemacht hatte (Az.: 6 U 55/13). Die Veröffentlichung
des Bildes sei zu unterlassen, entschieden die Richter: "Das Interesse
der Leser an blosser Unterhaltung hat gegenüber dem Schutz
der Privatsphäre regelmässig ein geringeres Gewicht." Ein
Anspruch auf Schadenersatz habe die Frau jedoch nicht. Verpixelung oder
Augenbalken
Der Schnappschuss von dem Fussballer mit der Frau im Hintergrund
war von der Zeitung im Juni 2012 gedruckt worden - versehen mit der
Bildunterschrift "Sonne, Strand, Strauchdiebe. Gestern sahen wir ...
Star A. in pikanter Frauen-Begleitung am Ballermann...". Die Klägerin
geriet zufällig auf ihrer Strandliege mit aufs Bild - obwohl sie
mit dem Sportler in keinerlei Beziehung stand.
"Ohne ihre Einwilligung hätte sie nicht zur Schau gestellt werden
dürfen", so die Richter. Ausserdem wäre es der Zeitung ohne
weiteres möglich gewesen, "die Klägerin durch Verpixelung oder
Augenbalken unkenntlich zu machen".
Recht am Bild:
Wird eine mit Bikini bekleidete Frau zufällig neben einem Prominenten
gezeigt, stellt dies eine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar,
die zu unterlassen ist.
(...)
Die Veröffentlichung des Fotos habe die Frau im Bikini in ihrem
Recht am eigenen Bild (§ 22 KUG) verletzt und zugleich in das nach §
823 Abs. 1 BGB geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht
eingegriffen. Die Aufnahme zeige die Abgebildeten am Strand, mithin
in ihrem Alltagsleben bei Tätigkeiten, die grundsätzlich dem
privaten Bereich zuzurechnen seien. Die Frau sei erkennbar und hätte
in eine Veröffentlichung des Fotos einwilligen müssen.
Eine Ausnahme nach § 23 KUG lag nicht vor. § 23 Nr. 1 KUG konnte nicht
angewandt werden, weil es sich nicht um ein Bildnis aus dem Bereich
der Zeitgeschichte handelte. Massgeblich sei, ob ein durch ein echtes
Informationsbedürfnis gerechtfertigtes Interesse der Allgemeinheit
an der bildlichen Darstellung gerade der Betroffenen bestehe. Die
möglicherweise rechtmässige Ablichtung des Fussballprofis sei
unabhängig von der Ablichtung der Frau im Bikini zu bewerten, da
sie in keinerlei Beziehung zu ihm stehe. Jedenfalls aber würde bei
einer Interessenabwägung dem Interesse der Frau am Recht am eigenen
Bild gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit
der Vorrang einzuräumen sein. Das Interesse der Leser an blosser
Unterhaltung habe gegenüber dem Schutz der Privatsphäre
regelmässig ein geringeres Gewicht. Es sei einem Presseunternehmen
ohne weiteres möglich gewesen, die Frau durch Verpixelung oder
Augenbalken unkenntlich zu machen. Darüber hinaus könnten
Teile der Leserschaft die Veröffentlichung auch zum Anlass für
Spekulationen darüber nehmen, ob es sich bei der Klägerin um
die in dem Artikel genannte pikante Frauenbegleitung" handele.
Auch sei die Veröffentlichung nicht deshalb gerechtfertigt,
weil nach § 23 I Nr. 2 KUG Bilder, auf denen die Personen nur als
Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Öffentlichkeit
erschienen, verbreitet und öffentlich zur Schau gestellt werden
dürften. Schon dem Wortlaut nach geht es nämlich nur um
Abbildungen, bei denen die Örtlichkeit den Gehalt des Bildes
prägt. Es geht gerade nicht um Personen, die im Fokus stehen. Eine
entsprechende Anwendung dieser Ausnahmevorschrift komme nicht in Betracht,
da damit Personen, die rein zufällig mit einer prominenten Person
abgebildet würden, ohne diese zu begleiten, schlechter gestellt
würden als Begleitpersonen von prominenten Personen, bei denen
nach der Rechtsprechung eine alltägliche Begleitsituation nicht
ohne weiteres die Veröffentlichung eines Begleiterfotos rechtfertige.
Die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der
Klägerin rechtfertige jedoch nicht die Zahlung einer
Geldentschädigung. Regelmässig werde ein solcher Anspruch nur
dann gewährt, wenn über die Persönlichkeit an ihrer Basis
verfügt werde, also etwa bei schweren Eingriffen in die Intim- und
Privatsphäre oder bei unwahren Behauptungen von besonderem Gewicht
für die Persönlichkeit oder bei gewichtiger Diffamierung
in der Öffentlichkeit. Ein solch schwerwiegender Eingriff liege
hier nicht vor. Das Foto sei am Strand aufgenommen worden und die
Klägerin situationsadäquat gekleidet. Die Abbildung sei weder
als anstössig noch als obszön zu beurteilen.
Das Gericht betont erneut, was vielen unbekannt ist: Es besteht zwar
regelmässig ein Unterlassungsanspruch, d.h. die Fotos müssen
entfernt werden. Nicht jede rechtswidrige Fotoveröffentlichung
führt jedoch auch automatisch zu einer Geldzahlung an den oder
die Betroffenen.
(...)
Das Gerichtsurteil