Werbung von der man spricht, bewirkt mehr. Etwas Provokation kann da nicht schaden.
Um die Dänen zum Wählen im Europaparlament aufzumuntern, wurde ein
kontroverser Spot gedreht. Er erzählt die Geschichte von Voteman, der
sich geschworen hat, die Leute zum Wählen zu bewegen. Der Film endet mit:
Falls Du nicht wählst, kannst Du nicht wegrennen, kannst Du Dich nicht verstecken,
"Voteman" wird Dir nachjagen, wird Dich finden und Dich zum Wählen zwingen.
Was wirst Du tun? Du musst wählen!
Als das Nichtwähler-Alarmtelefon schrillt, rastet "Voteman" aus. Der
Muskelprotz mit der behaarten Brust entledigt sich der fünf Frauen,
die ihm gerade einen Blowjob verpassen, und geht auf Wahlverweigerer-Jagd.
Er bewirft sie mit den Sternen der Europa-Flagge. Zerrt sie aus dem
Bett, reisst ihnen den Kopf ab oder boxt sie per Bodycheck in die
Stimmkabine. So hat er es sich einst geschworen - als er selbst eine
Wahl schwänzte und daraufhin nicht über die Klimapolitik
mitbestimmen konnte. Und darüber, wieviel Zimt ein Zimtteilchen
haben darf. Schliesslich richtet "Voteman" seine massige Faust auf die
Nichtwähler hinter der Kamera. Und schlägt zu.
Wähle das Europaparlament", lautet
die Botschaft des Zeichentrick-Clips. "Voteman" ist der offizielle
Werbespot des Folketing, des dänischen Parlaments. Genauer gesagt:
Er war es. Erst gestern, am Montag, hat der Folketing das anderthalb
Minuten kurze Video veröffentlicht. Und heute morgen, am Dienstag,
hat ihn das Parlament schon wieder zurückgezogen: Zu heftig waren
die Proteste gegen den Streifen. Doch im Internet kursiert er weiter.
Mit dem Cartoon wollte das Parlament wahlmüde Bürger an die
Urnen bringen. "Wir versuchen, die ganz jungen zu inspirieren", sagte
Parlamentspräsident Mogens Lykketoft bei Veröffentlichung
des Spots. "Eine hohe Wahlbeteiligung ist wichtig, also nutzt man jede
Methode, die es gibt." Im Plenum habe es ein paar Diskussionen gegeben,
"aber ich denke, der Spot ist harmlos. Man kann viel Schlimmeres finden."
Das Publikum sah dies anders. Binnen weniger Stunden verbreitete
sich der Streifen im Internet. Laut dänischen Medienberichten
protestierten Hunderte gegen den ihrer Ansicht nach sexistischen
und gewaltverherrlichenden Clip, ein Abgeordneter nach dem anderen
distanzierte sich, nur wenige lobten den Spot als innovativ und witzig.
Am Dienstag morgen um Punkt 10 Uhr löschte das Parlament dann
den 26.700 Euro teuren Streifen aus seinem
YouTube-Kanal. "Viele, deren Meinung ich zutiefst respektiere, empfanden
den Cartoon als schädlicher und anstössiger, als er gemeint
war", sagte Lykketoft der Zeitung "Ekstra Bladet". Für den Folketing
ist es ein PR-Debakel, aber es hat auch einen positiven Nebeneffekt:
Jetzt weiss in Dänemark wirklich jeder, dass übernächstes
Wochenende Europawahl ist.