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www.rhetorik.ch aktuell: (22. Mar, 2014)

Erdogan als Twittler

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
In der Tükei hat Ministerpräsident Tayyip Erdogan Twitter sperren lassen. Dies 9 Tage vor Wahlen. Der Dienst habe die "Rechte und die Privatsphäre türkischer Staatsbürger verletzt". Die Reaktion war heftig, weltweit. In Ankara sah man Plakate "Twitler", ein Wortspiel, das Erdogan mit Hitler vergleicht oder ein Plakat, wo die Twitter Vögel den Kopf von Erdogan verkleckern. Die Sperre von Twitter scheint eher ein Schuss nach hinten gewesen zu sein. Ein Eigengoal. Tagi. Es ist einfach, die Sperre zu umgehen, indem man einfach einen anderen DNS Server nach der Twitter addresse fragt. Was Websperren oft nur tun ist, das Addressbuch zu modifizieren. Wenn man ein anderes Addressbuch braucht, dann hat man immer noch Zugang.

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Der türkische Staatspräsident Abdullah Gül scheint mit Erdogans Massnahmen nicht einverstanden zu sein: Auf Twitter schreibt Gül, er sei gegen eine eingeschränkte Nutzung des sozialen Netzwerks. "Der Bann ist inakzeptabel", zwitscherte der Politiker. Technisch sei es ohnehin nicht möglich, weltweit tätige Plattformen wie Twitter gänzlich zu verbieten, erklärte Gül. Ihm ist es offenbar gelungen, das Verbot zu umgehen. Welche Möglichkeiten bieten sich dazu? Der Vorschlag von Twitter, Tweets von nun an per SMS abzusetzen, ist nur bedingt nützlich: Es ist zwar möglich, die Nachrichten anderer Nutzer auf das Handy zu erhalten und selbst Mitteilungen zu veröffentlichen. Retweets und Antworten auf die Mikro-Blogeinträge anderer User sind allerdings von der Funktion ausgenommen. Unter dem Hashtag #twitterisblockedinturkey twittern die User von der Sperre. In WhatsApp-Chats und per SMS werden DNS-Adressen ausgetauscht, die den Zugang zu Twitter trotz Sperre ermöglichen sollen. "Eine Möglichkeit dazu ist der Server 8.8.8.8, der von Google betrieben wird", sagt Droz. Bis anhin sei dieser Dienst in der Türkei noch nicht gesperrt worden. Auf Smartphones kann der Netzwerkserver manuell ausgewählt werden; anschliessend ist es wieder möglich, auf sämtliche Websites zuzugreifen. Sollte diese DNS auch gesperrt werden, wollen die Anbieter der App "Tunnel Bear" Abhilfe schaffen. Mit der Anwendung soll es möglich sein, Zugang zu gesperrten Websites zu erhalten. Es wird ein virtueller Tunnel in die USA oder nach Grossbritannien angelegt, sodass beim Surfen im Internet nicht ersichtlich ist, aus welchem Land der Nutzer tatsächlich auf die Website zugreift. Es sieht dann so aus, als ob ein Amerikaner oder Brite den Online-Dienst aufrufen würde. "Wir werden den Türken unsere Netzwerk-Ressourcen zur Verfügung stellen", zwitscherten die Anbieter des Dienstes.
Aus Spiegel:
Erdogan verkörpert die Hoffnung vieler Türken auf einen Aufstieg, politisch wie persönlich. In Istanbul 1954 als Sohn armer Zuwanderer von der Schwarzmeerküste zur Welt gekommen, hat er sich hochgearbeitet. Im Stadtteil Kasimpasa verkaufte er als Junge Sesamkringel, besuchte die Schule, wollte Prediger oder Fussballer werden, studierte Wirtschaftswissenschaften und brachte es in den neunziger Jahren zum Oberbürgermeister. Und von hier schaffte er den Sprung an die Regierungsspitze des Landes. Seine Biografie ist die Geschichte vom Macher, der das Unmögliche schafft. Immer wieder sucht der Premier die Gelegenheit, das zu symbolisieren: Der weltgrösste Flughafen soll in Istanbul entstehen, eine dritte Brücke über den Bosporus, ein zweiter Durchbruch zwischen Schwarzem Meer und Marmara-Meer, die grösste Moschee der Welt. (...) Freunde beschreiben den hochgewachsenen Mann als Kämpfernatur. Erdogan spaltet, er denkt in Freund-Feind-Kategorien, kennt keine Zwischentöne und lässt alle spüren, in welchem Lager er sie verortet. Das ist sein Verständnis von einem starken Führer. Die Zeitung "Today's Zaman", die seinem einstigen Weggefährten und jetzigen Erzfeind Fethullah Gülen nahesteht, veröffentlichte vergangene Woche genüsslich 15 Beleidigungen, die Erdogan seinen Gegnern entgegen geschleudert hat: "Blutsaugende Vampire" schimpfte er sie, "Atheisten" oder "Terroristen". Wenn es passt, wirft er Kritikern auch ihre Kinderlosigkeit vor. "Er spricht die Sprache des Volkes. Er ist der erste Premier, der das tut", sagt eine ältere Frau in Rize, der Heimat von Erdogans Eltern. "Wer ihn kennt, ist sein Anhänger. Wer ihn nicht kennt, ist sein Feind", sagt sie. Eine treffende Umschreibung dafür, wie gespalten die Bevölkerung ist, wenn es um Erdogan geht. Seine Fans beschreiben gerne die Türkei vor Erdogan, sie erzählen von ständigen Strom-, Wasser- und Gasausfällen und von dem Schmutz auf den Strassen. "All diese Probleme sind jetzt gelöst", sagt ein Geschäftsmann in Istanbul. Sie erwähnen die neuen U-Bahn-Netze in den Städten und dass Erdogan den Leuten verspreche, dass es weiter bergauf gehen werde mit dem Lebensstandard in der Türkei. "Im Gegensatz zu früheren Regierungen bringt er wenigstens etwas zustande", sagt der Geschäftsmann. (...) Erdogan ist die Türkei. Kritik an ihm ist nach dieser Logik unpatriotisch, geradezu Verrat. So sehen das auch seine Anhänger. Die türkische Gesellschaft, schreibt Türkei-Experte Gareth Jenkins, sei "hierarchisch, patriarchisch und obrigkeitshörig". Der Gehorsam gegenüber Ranghöheren sei wichtiger als individuelle Freiheiten. Erdogan sagt deshalb: "Twitter und solche Sachen werden wir an der Wurzel ausreissen. Was die internationale Gemeinschaft dazu sagt, interessiert mich überhaupt nicht." Seit der Nacht auf Freitag ist Twitter in der Türkei tatsächlich abgeschaltet. (...) Erdogan weiss, dass er einen weithin wahrnehmbaren Erfolg braucht. Die Kommunalwahlen am 30. März erklärt er deshalb immer wieder zu einem Referendum über die Zukunft der Türkei - und meint damit: über seine eigene Zukunft.
Focus:
Der türkische Regierungschef Erdogan hält nicht viel von sozialen Medien - vor allem, weil er dort immer öfter attackiert wird. Nun hat er offenbar den Zugang zu Twitter blockieren lassen. In vielen Landesteilen ist der Kurznachrichtendienst nicht erreichbar. Doch es gibt einen einfachen Umweg für die Türken weiter zu twittern. Der Kurznachrichtendienst Twitter ist in der Türkei gesperrt worden, wie die türkische Zeitung Hürriyet berichtete. Die Regierung in Ankara beschuldigt Verantwortliche von Twitter: Sie würden Gerichtsentscheidungen ignorieren und bestimmte Links trotz Beschwerden türkischer Bürger nicht entfernen. Beim Versuch, die Twitter.com-Website zu öffnen, stiessen Nutzer auf eine Mitteilung, die wohl von den türkischen Regulierungsbehörden stammt. Darin hiess es, dass die Seite auf gerichtliche Verfügung hin blockiert worden sei. Die türkische Telekombehörde BTK hat am Freitag die Twitter-Sperre im Land bestätigt: Ein Gericht habe dies verfügt, weil der Dienst Rechte und die Privatsphäre türkischer Staatsbürger verletzt habe, teilte die Aufsichtsbehörde mit. Twitter habe sich geweigert, Entscheidungen türkischer Gerichte zu befolgen. Deswegen müssten weitere Rechtsverstösse verhindert werden. Erdogan will soziale Medien "alle auslöschen" Twitter selbst weist seine Benutzer umgehend auf Wege hin, die Blockade zu umgehen. Rowan Barnett, Market Director Germany bei Twitter, teilte mit: "Für Nutzer in der Türkei - ihr könnt Tweets via SMS schicken. Mit Avea & Vodafone, schickt START an 2444. Turkcell, schickt START an 2555." Am Donnerstag hatte der wegen einer Korruptionsaffäre unter Druck stehende türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan gedroht, Twitter zu verbieten. So hatte Erdogan In einer Wahlkampfveranstaltung erklärt, er wolle Twitter und solche Sachen mit der Wurzel ausreissen. Über soziale Medien sagte er: "Wir werden sie alle auslöschen." Was die internationale Gemeinschaft dazu sage, sei ihm egal. "Jeder wird sehen, wie mächtig die Türkische Republik ist." Die Reaktion der internationalen Gemeinschaft darauf sei ihm egal. Mit Unterbindung der Meinungsfreiheit habe das nichts zu tun. Telefonmitschnitte bringen Erdogan in Bedrängnis

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