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www.rhetorik.ch aktuell: (20. Mar, 2014)

Maurers Patzer

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
VBS Chef Ueli Maurer hat sich in einem Weltwoche Interview abfällig gegenüber Bundesratskollegen geäussert: Aus dem Tagi:
Ueli Maurer zur Frage, ob die Rolle der Schweiz als Vorsitzende der OSZE problematisch sei: "Die Mitgliedschaft allein vielleicht nicht, wohl aber das Präsidium. Es wird leicht zum Spielball starker Interessen. (...) Im Bundesrat ist man sich durchaus bewusst, dass die Doppelrolle die Schweiz in eine ungemütliche Situation bringen kann. Sind wir ein unabhängiger und neutraler Kleinstaat mit Bundespräsident Burkhalter an der Spitze? Oder dominiert OSZE-Präsident Burkhalter? Das werden wir sicher noch diskutieren müssen." Ueli Maurer über mögliche Sanktionen der Schweiz gegen Russland, wie sie Bundesrat Johann Schneider-Ammann mit der Sistierung des Freihandelsabkommens mit Russland getroffen hat: "Als wirklich neutrales Land würde man die Beziehung zu beiden Konfliktparteien auf dem aktuellen Status einfrieren." Ueli Maurer über den OSZE-Sondergesandten Tim Guldimann: "Unser Chefdiplomat ist nicht unumstritten. (...) Den Entscheid, Guldimann als OSZE-Vermittler einzusetzen, hat Didier Burkhalter getroffen, ohne die Kollegen zu informieren. Im Bundesrat wäre das wohl kaum durchgegangen." Ueli Maurer über die Frage, ob beim Bundesrat in Sachen Unabhängigkeit der Schweiz ein Umdenken stattfinde: "Ein Umdenken ist zu viel gesagt. Aber man hat angesichts etlicher Volksabstimmungen die Signale langsam wahrgenommen. (...) Die Verteidigungspolitik wird immer noch als ein Hobby der SVP wahrgenommen." Ueli Maurer zur Frage, wie er den Bundesrat politisch verorte: "In allen wesentlichen Positionen ganz klar Mitte-links. In den letzten Jahren gab es kaum seriöse bürgerliche Entscheidungen.
Das Kollegialitätsprinzip ist in der Schweiz heilig - unabhängig davon, ob Maurer Recht hat oder nicht. Der Bundesrat ist ein Team, das gegen aussen geschlossen auftreten muss. Das oberste Prinzip in der Teamkommunikation ist:

Wäsche sollte man nie in der Öffentlichkeit waschen.


Es ist unverständlich, wieso seine Kommunikationsabteilung dieses Interview freigegeben hat. Womöglich hatte man einfach keine Zeit, um den Text genau zu prüfen. Für die politischen Gegner ist es ein gefundenes Fressen. 20 Min:

Ueli Maurer hat sich bei seinen Bundesratskollegen für seinen Frontalangriff entschuldigt. Laut Kommunikationsexperte Marcus Knill hat er damit das einzig Richtige getan.

Am Donnerstag ruderte Maurer zurück und entschuldigte sich für einzelne Aussagen im Interview und bekannte sich zum Kollegialitätsprinzip. War das richtig?

Auf jeden Fall. Das Schuldbekenntnis war in diesem Fall richtig und wichtig - so kann er Druck wegnehmen und bietet seinen Gegnern weniger Angriffsfläche. Dank der Entschuldigung kann er den Image-Schaden in Grenzen halten. Das ist auch hinsichtlich der nächsten Bundesratswahlen von Bedeutung. Wenn der Vorfall als einmaliger Ausrutscher erscheint, werden es seine Gegner schwer haben, ihn wie damals Christoph Blocher abzuwählen, weil er sich nicht kollegial verhalte.


Was könnten Maurers Motive sein?



Bis jetzt hat er Klartext gesprochen, ohne dass ihm das geschadet hätte. Vielleicht ist es ein Spiel, aber diesmal hat er nicht gewonnen. Ueli Maurer wird höchstens bei den SVP-Wählern punkten.


Kann der Zwischenfall das Klima im Bundesrat nachhaltig vergiften? Das glaube ich nicht, Maurer hat sich ja schnell entschuldigt. Jetzt steht er aber unter verschärfter Beobachtung - ein erneuter Ausrutscher könnte ihm langfristig schaden, da der Goodwill irgendwann aufgebraucht ist.


In jedem Gremium, in jedem Team gilt das Prinzip: Wäsche wird nicht in der Öffentlichkeit gewaschen. Was war vorgefallen? Der Verstoss gegen das Kollegialitätsprinzip ist keine Bagatelle. In heiklen Situationen gilt immer das Kommunikationsprinzip: Warten, denken, dann sprechen. Es ist leider nicht das erste Mal, dass Bundesrat Maurer unbedachte Äusserungen gemacht hat.

Aus dem Tagi:

Über die VBS-Homepage entschuldigte sich Ueli Maurer am Donnerstag bei seinen Bundesratskollegen für ein Interview, dass er der "Weltwoche" gegeben hatte. Er bedauere einzelne Aussagen, die gegen das Kollegialitätsprinzip verstossen hätten. Das schlechte Gewissen holte Ueli Maurer schon gestern Mittwoch ein. Dem Vernehmen nach hat Maurer Bundesratspräsident Didier Burkhalter am späten Mittwochnachmittag auf die bevorstehende Publikation des Interviews aufmerksam gemacht. Die beiden führten ein längeres Telefongespräch. Zurückziehen konnte Maurer das Interview nicht mehr, da die Weltwoche am Dienstagabend Redaktionsschluss hatte. Offenbar bereute Maurer aber, was er im Interview gesagt hatte - jedenfalls nimmt man ihm im EDA das Bedauern ab: Die am Donnerstag auf der Website des VBS veröffentlichte Entschuldigung sei beispiellos und somit ein starkes Zeichen. Ueli Maurer gilt in Bundesratskreisen sonst als kollegial. Indiskretionen von seiner Seite seien äusserst selten. In Reden und Interviews gehe er aber regelmässig an die Grenzen und strapaziere die bunderätliche Zurückhaltungspflicht, um SVP-Positionen zu markieren. Bundesrat Ueli Maurer hat sich in einem "Weltwoche"-Interview kritisch zum OSZE-Vorsitz der Schweiz während der Krimkrise geäussert. Als Vorsitzland der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa laufe sie Gefahr, dass ihre Neutralität verwedelt werde. Weiter sagte Maurer in dem am Donnerstag veröffentlichten Interview: "In der exponierten Lage an der Spitze der OSZE steigt die Gefahr, dass die offizielle Schweiz nicht mehr als neutral wahrgenommen wird." Wenn die Schweiz Neutralitätspolitik betreiben wolle, dann dürfe sie keine solchen Bindungen eingehen. "Im Bundesrat ist man sich durchaus bewusst, dass die Doppelrolle die Schweiz in eine ungemütliche Situation bringen kann", ergänzte der Verteidigungsminister. Es stelle sich die Frage, ob die Schweiz ein unabhängiger und neutraler Kleinstaat mit Bundespräsident Burkhalter an der Spitze sei oder ob der OSZE-Präsident Burkhalter dominiere. Maurer äusserte sich auch zur Situation auf der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim, deren Bevölkerung am Sonntag mit grosser Mehrheit für den Anschluss an Russland stimmte. Er könne die Reaktion verstehen, denn die Mehrheit der Krimbewohner seien Russen. Putins Vorgehen allerdings bezeichnet Maurer als "inakzeptabel".

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