VBS Chef
Ueli Maurer hat sich in einem Weltwoche Interview
abfällig gegenüber Bundesratskollegen geäussert:
Aus dem
Tagi:
Ueli Maurer zur Frage, ob die Rolle der Schweiz als Vorsitzende der OSZE
problematisch sei: "Die Mitgliedschaft allein vielleicht nicht, wohl aber
das Präsidium. Es wird leicht zum Spielball starker Interessen. (...)
Im Bundesrat ist man sich durchaus bewusst, dass die Doppelrolle die
Schweiz in eine ungemütliche Situation bringen kann. Sind wir ein
unabhängiger und neutraler Kleinstaat mit Bundespräsident
Burkhalter an der Spitze? Oder dominiert OSZE-Präsident
Burkhalter? Das werden wir sicher noch diskutieren müssen."
Ueli Maurer über mögliche Sanktionen der Schweiz gegen
Russland, wie sie Bundesrat Johann Schneider-Ammann mit der Sistierung
des Freihandelsabkommens mit Russland getroffen hat: "Als wirklich
neutrales Land würde man die Beziehung zu beiden Konfliktparteien
auf dem aktuellen Status einfrieren."
Ueli Maurer über den OSZE-Sondergesandten Tim Guldimann: "Unser
Chefdiplomat ist nicht unumstritten. (...) Den Entscheid, Guldimann
als OSZE-Vermittler einzusetzen, hat Didier Burkhalter getroffen,
ohne die Kollegen zu informieren. Im Bundesrat wäre das wohl kaum
durchgegangen."
Ueli Maurer über die Frage, ob beim Bundesrat in Sachen
Unabhängigkeit der Schweiz ein Umdenken stattfinde: "Ein Umdenken
ist zu viel gesagt. Aber man hat angesichts etlicher Volksabstimmungen
die Signale langsam wahrgenommen. (...) Die Verteidigungspolitik wird
immer noch als ein Hobby der SVP wahrgenommen."
Ueli Maurer zur Frage, wie er den Bundesrat politisch verorte: "In allen
wesentlichen Positionen ganz klar Mitte-links. In den letzten Jahren
gab es kaum seriöse bürgerliche Entscheidungen.
Das Kollegialitätsprinzip ist in der Schweiz heilig - unabhängig
davon, ob Maurer Recht hat oder nicht. Der Bundesrat ist ein Team,
das gegen aussen geschlossen auftreten muss. Das oberste Prinzip
in der Teamkommunikation ist:
Wäsche sollte man nie in der Öffentlichkeit waschen.
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Es ist unverständlich, wieso seine
Kommunikationsabteilung dieses Interview freigegeben hat. Womöglich
hatte man einfach keine Zeit, um den Text genau zu prüfen. Für
die politischen Gegner ist es ein gefundenes Fressen.
20 Min:
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Ueli Maurer hat sich bei seinen Bundesratskollegen für seinen
Frontalangriff entschuldigt. Laut Kommunikationsexperte Marcus Knill
hat er damit das einzig Richtige getan.
Am Donnerstag ruderte Maurer zurück und entschuldigte sich für
einzelne Aussagen im Interview und bekannte sich zum Kollegialitätsprinzip. War das richtig?
Auf jeden Fall. Das
Schuldbekenntnis war in diesem Fall richtig und wichtig - so kann er Druck
wegnehmen und bietet seinen Gegnern weniger Angriffsfläche. Dank
der Entschuldigung kann er den Image-Schaden in Grenzen halten. Das ist
auch hinsichtlich der nächsten Bundesratswahlen von Bedeutung. Wenn
der Vorfall als einmaliger Ausrutscher erscheint, werden es seine Gegner
schwer haben, ihn wie damals Christoph Blocher abzuwählen, weil er
sich nicht kollegial verhalte.
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Was könnten Maurers Motive sein?
Bis jetzt hat er Klartext
gesprochen, ohne dass ihm das geschadet hätte. Vielleicht ist
es ein Spiel, aber diesmal hat er nicht gewonnen. Ueli Maurer wird
höchstens bei den SVP-Wählern punkten.
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Kann der Zwischenfall das Klima im Bundesrat nachhaltig vergiften?
Das glaube ich nicht, Maurer hat sich ja schnell entschuldigt. Jetzt
steht er aber unter verschärfter Beobachtung - ein erneuter
Ausrutscher könnte ihm langfristig schaden, da der Goodwill
irgendwann aufgebraucht ist.
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In jedem Gremium, in jedem Team gilt das Prinzip: Wäsche wird nicht
in der Öffentlichkeit gewaschen. Was war vorgefallen? Der Verstoss
gegen das Kollegialitätsprinzip ist keine Bagatelle.
In heiklen Situationen gilt immer das Kommunikationsprinzip: Warten,
denken, dann sprechen. Es ist leider nicht das erste Mal, dass Bundesrat
Maurer unbedachte Äusserungen gemacht hat.
Aus dem Tagi:
Über die VBS-Homepage entschuldigte sich Ueli Maurer am Donnerstag
bei seinen Bundesratskollegen für ein Interview, dass er der
"Weltwoche" gegeben hatte. Er bedauere einzelne Aussagen, die gegen das
Kollegialitätsprinzip verstossen hätten.
Das schlechte Gewissen holte Ueli Maurer schon gestern Mittwoch ein. Dem
Vernehmen nach hat Maurer Bundesratspräsident Didier Burkhalter
am späten Mittwochnachmittag auf die bevorstehende Publikation des
Interviews aufmerksam gemacht. Die beiden führten ein längeres
Telefongespräch. Zurückziehen konnte Maurer das Interview
nicht mehr, da die Weltwoche am Dienstagabend Redaktionsschluss hatte.
Offenbar bereute Maurer aber, was er im Interview gesagt hatte -
jedenfalls nimmt man ihm im EDA das Bedauern ab: Die am Donnerstag auf der
Website des VBS veröffentlichte Entschuldigung sei beispiellos und
somit ein starkes Zeichen. Ueli Maurer gilt in Bundesratskreisen sonst
als kollegial. Indiskretionen von seiner Seite seien äusserst
selten. In Reden und Interviews gehe er aber regelmässig an die
Grenzen und strapaziere die bunderätliche Zurückhaltungspflicht,
um SVP-Positionen zu markieren.
Bundesrat Ueli Maurer hat sich in einem "Weltwoche"-Interview kritisch zum
OSZE-Vorsitz der Schweiz während der Krimkrise geäussert. Als
Vorsitzland der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit
in Europa laufe sie Gefahr, dass ihre Neutralität verwedelt
werde. Weiter sagte Maurer in dem am Donnerstag veröffentlichten
Interview: "In der exponierten Lage an der Spitze der OSZE steigt die
Gefahr, dass die offizielle Schweiz nicht mehr als neutral wahrgenommen
wird." Wenn die Schweiz Neutralitätspolitik betreiben wolle, dann
dürfe sie keine solchen Bindungen eingehen.
"Im Bundesrat ist man sich durchaus bewusst, dass die Doppelrolle die
Schweiz in eine ungemütliche Situation bringen kann", ergänzte
der Verteidigungsminister. Es stelle sich die Frage, ob die Schweiz
ein unabhängiger und neutraler Kleinstaat mit Bundespräsident
Burkhalter an der Spitze sei oder ob der OSZE-Präsident Burkhalter
dominiere.
Maurer äusserte sich auch zur Situation auf der ukrainischen
Schwarzmeer-Halbinsel Krim, deren Bevölkerung am Sonntag mit grosser
Mehrheit für den Anschluss an Russland stimmte. Er könne
die Reaktion verstehen, denn die Mehrheit der Krimbewohner seien
Russen. Putins Vorgehen allerdings bezeichnet Maurer als "inakzeptabel".