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www.rhetorik.ch aktuell: (07. Mar, 2014)

Fall Carlos

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Radio 1 Kommentar [MP3]
Der Fall "Carlos" beansprucht die Medien. Carlos ist ein 18 jähriger Straftäter, der seit der Ausstrahlung einer Fernsehreportage im vergangenen August immer wieder in den Schlagzeilen aufgetaucht ist. Als Jugendlicher ist Carlos, der Messerstecher, in einem Sondersetting: Er wird mit Sondermassnahmen behandelt, was teuer ist, oder er muss frei gelassen werden. Sondermassnahmen sind dem allgemeinen Publikum schwer zu verkaufen obwohl sie im Allgemeinen Sinn machen, denn ein Lebenslang eingekerkerter Häftling würde dem Staat mehr kosten. Die Jugendanwaltschaft hat gerade im Fall "Carlos" ein PR Problem.

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Es erstaunt nicht, dass nach dem Fall "Carlos" eine Verschärfung des Jugendstrafrechts gefordert wird. Ein Sondersetting kostet an die 20 Tausend Franken pro Monat. In der Bevölkerung wird nicht verstanden, warum ein Ferien Program verschrieben wird, wenn eine Freiheitsstrafe angemessen wäre. Vor kurzem wurder erfahren, dass Carlos auf einem Holland Trip ist, mit Betreuerin. Er soll auch ein Thaibox Center benutzen, wobei dies an der Medienkonferenz dementiert wurde: "Jetzt ist er nicht am Thaiboxen - laut unseren Recherchen", hiess es. Aus dem NZZ Artikel
Werden jugendliche Straftäter ausnahmsweise im benachbarten Ausland placiert, braucht es dafür im Kanton Zürich eine Bewilligung durch die Oberjugendanwaltschaft. Keine Bewilligung fürs Ausland erhalten hingegen sogenannte Intensivtäter. Zu gross ist bei ihnen das staatliche Haftungsrisiko im Falle eines deliktischen Vorfalls. Gemäss Definition fällt ein jugendlicher Krimineller in die Kategorie Intensivtäter, wenn er innert eines halben Jahres fünf Delikte begangen hat, von denen mindestens eines mit Gewalt verbunden sein muss. "Carlos" ist definitionsgemäss ein Intensivtäter. Laut dem nach wie vor gültigen psychiatrischen Gutachten besteht bei ihm eine hohe Rückfallgefahr. Eine Placierung im Ausland, obwohl dies die fallführende Jugendanwaltschaft in den vergangenen Jahren mehrfach angestrebt hatte, wurde deshalb von der Oberjugendanwaltschaft stets abgelehnt. Für "Carlos'" jetzigen Aufenthalt in den Niederlanden liegt aber offenbar eine temporäre Sonderbewilligung vor.
Blick:
Die "NZZ" spricht bei diesem Ausflug in die Niederlande von einer "sonderbaren Sonderbewilligung". Denn wenn ein Straftäter im Ausland platziert wird, braucht es dafür im Kanton Zürich eine Bewilligung der Oberjugendstaatsanwaltschaft. Sogenannte Intensivtäter, also solche die innert eines halben Jahres fünf Delikte begangen haben, bekommen aber keine solche Bewilligung. Carlos ist ein Intensivtäter. Bei ihm besteht nach wie vor eine hohe Rückfallgefahr. Deshalb wurde in den vergangenen Jahren eine Sonderbewilligung für einen Aufenthalt im Ausland bislang von der Oberjugendstaatsanwaltschaft stets abgelehnt. Doch offenbar liegt jetzt eine solche für den Holland-Aufenthalt vor. Marcel Riesen, der Leitende Oberjugendstaatsanwalt, wollte gegenüber de "NZZ" aber keine Stellung nehmen. In den Niederlanden werde Carlos einzig von einer Mitarbeiterin der Therapieeinrichtung Riesen-Oggenfuss betreut. Und er soll in einem sehr luxuriösen Hotel untergebracht sein - ausgestattet mit Pool, Fitnesscenter und Sauna. Dieser Aufenthalt gelte als erste Phase des neuen Sondersettings, in der zweiten Phase sei dann nur noch eine einfache Wohnung vorgesehen. Kosten: 19'000 Franken pro Monat. Das setzt Justitzdirektor Martin Graf unter Druck. Denn am letzten Freitag erklärte er vor den Medien, dass es wohl keinen weiteren Thai-Box-Unterricht geben wird. Das Sondersetting, das Carlos jetzt erhält widerspricht komplett dem, was Graf angekündigt hatte.
Die zuständigen Instanzen werden es nicht einfach haben, diese sonderbare Sonderregelung eines Intensivtäters, mit hoher Rückfallgefahr zu begründen. Die Fortsetzung der Endlosgeschichte ist garantiert. Der Auftritt an der Medienkonferenz wird Spuren hinterlassen: die Krisenpressekonferenz war verworren und widersprüchlich. Blick:
Besonders Lust auf die heutige eilig einberufene Pressekonferenz hatten weder Justizvorsteher Martin Graf noch der Leitende Oberjugendanwalt Marcel Riesen-Kupper. "Lieber wäre mir gewesen, im Fall wäre Ruhe eingekehrt", sagte Graf gleich zu Beginn.
Die Verantwortlichen wirkten hilflos. Sie schoben sich den Ball und die Verantwortung zu und vermittelten ein Bild, dass sie über wichtige Sachverhalte nicht im Bild sind! Wenn das keine Folgen hat. Die beiden schwachen Figuren baten die Medien, sie nun doch in Ruhe zu lassen. Die Medien werden diesen Rat kaum befolgen. Es ist zu vermuten, dass ohne die Medien, Carlos immer noch im Fitnesshotel mit Thai-Box-Training wäre.

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