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www.rhetorik.ch aktuell: (25. Dez, 2013)

Slow TV

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In Norwegen strahlt das Fernsehen stundenlange Reisefilme oder enlose Bilder eines Kaminfeuers aus. Slow TV hat Erfolg.

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"Es ist Reality TV im wahrsten Sinne des Wortes: Etwas Authentisches, das ohne Bearbeitung in Echtzeit gezeigt wird", sagt Programmdirektor Rune Moeklebust der Nachrichtenagentur AFP. Das Konzept sei ursprünglich im Jahr 2009 ins Leben gerufen worden. Damals mussten sich die Produzenten des Senders etwas Neues zur 100. Geburtsfeier der Zugstrecke Bergen-Oslo einfallen lassen. Wieso nicht die gesamte Fahrt von sieben Stunden und 16 Minuten in voller Länge zu filmen? Die Idee wurde umgesetzt - und sie hätte erfolgreicher nicht aufgenommen werden können: Rund 1,2 Millionen Zuschauer, fast ein Viertel der norwegischen Bevölkerung, verfolgten die Reise. Produzent Moeklebust nützte die Gelegenheit, um mit seinem Experiment nachzudoppeln: "Als ich ein paar Tage später fragte, ob ich über fünfeinhalb Tage eine Livesendung vom Küstenexpress - eine Kreuzfahrt durch die Fjordlandschaften an der Küste - zeigen dürfte, kam sofort eine Zustimmung." Auch diesmal war die Sendung mit 3,2 Millionen TV-Zuschauern ein durchschlagender Erfolg. Die ruhig dahinplätschernde Sendung war für manche wie eine Droge, der 82-jährige Knut Grimeland etwa konnte die Augen kaum vom Fernsehgerät wenden: "Es ist schwer zu sagen, wie viele Stunden ich schlief, aber nicht viele", sagte er dem NRK. "Ich habe ab und zu ein bisschen auf dem Sofa gedöst, aber ins Bett habe ich es fünf Tage lang nicht geschafft." Nicht nur Reisefilme wirken hypnotisierend auf das Fernsehpublikum. Auch Filme über Lachsfischen, Stricken oder Sequenzen mit knisterndem Holzfeuer werden gezeigt. Das Rezept ist simpel: Einer langen Einführung mit historischem Hintergrund folgt eine noch längere Studie der eigentlichen Aktivität. Stricken beispielsweise beginnt beim Schafscheren und endet mit dem letzten Nadelstich an einem Pullover. der TV-Mann. (...) Der Soziologe Arve Hjelseth von der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität in Trondheim hat für das Phänomen eine ähnliche Erklärung: "Slow TV ist eine Chance für die Leute, sich hinzusetzen, zu entspannen und nachzudenken. Wenn die meisten Sender sich für das gleiche Programmformat entscheiden, ist es verlockend, in einer Nische gegen den Strom zu schwimmen."
Im Gegensatz zum Alltag, wo man ständig gehetzt und auf allen Kanälen aktiv ist und ständig glaubt, online sein zu müssen, ist es verlockend, einmal gegen den Strom schwimmen zu dürfen. Das Slow TV kann eine mediative Wirkung haben.

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