Am Donnerstagmorgen, 10. Januar säumte kurz vor 8.00 Uhr beim
Busbahnhof in Schaffhausen eine ungewöhnlich grosse Menschenmenge
die Perrons. Man hörte Sirenengeheul von Rettungsfahrzeugen. Die
Situation war sonderbar. Im Internet fand ich bereits nach wenigen
Minuten die ersten Meldungen über ein Zugsunglück auf der
Strecke Neuhausen Dachsen. "Tagi", "20 Minuten", und "Blick" informierten
online laufend über das Geschehen. Es war erstaunlich, wie rasch
die ersten Handyfotos, Kommentare, aber auch die ersten Vermutungen und
Schuldzuweisungen im Netz auftauchten.
Nach dem Unglück am Donnerstagmorgen wurden die unterschiedlichsten
Vermutungen zu rasch ins Netz gestellt. Auch der Unglücksort wurde
unpräzis und sogar falsch angegeben. Die Anzahl der Verletzten
wechselte laufend. Es war zuerst von 40 Verletzten die Rede - dann von nur
ganz wenigen. Erst gegen 10 Uhr wurde die Zahl auf 17 festgelegt. Da
ich am Morgen unterwegs war, hatte ich keine Gelegenheit, die
unterschiedlichen Kommentare, welche ich auf dem i-Phone gelesen und im
Autoradio gehört hatte, als Belege sofort zu kopieren. Ich hätte
diese Beiträge gerne für einen Fachartikel gespeichert. Am
Abend versuchte ich bei den verschiedenen Online-Anbietern, die ersten
fragwürdigen Informationen nachträglich wieder zu finden und
auszudrucken. Vergeblich: Die ersten Flopinformationen waren bereits
gelöscht. Ein Leser, der diese Unzulänglichkeit mit den
Falschinformationen im Kommentar recht hart kritisierte, war leider auch
nicht mehr auf dem Netz zu finden. Der Beitrag fehlte!
Erkenntnis: Nach einem Unglück sollten sich die Medien immer nur an
belegte Fakten halten und mitunter warten, bis wichtige Sachverhalte
geklärt oder bestätigt worden sind. Fakten dürfen
selbstverständlich beschrieben und geschildert werden. Es ist
verständlich, wenn Online-Redaktionen die Schwemme von Kommentaren
unter Zeitdruck kaum noch filtern können. Bei Krisen, Katastrophen
und Unfällen gilt dennoch: Keine Vermutungen, keine Hypothesen,
keine Mutmassungen über die Schuldfrage oder die Ursachen des
Unglücks.
Dass sachgerechte Information zeitaufwändig sind, zeigte
sich bei diesem Zugzusammenstoss mit Verletzten in Neuhausen. Alle
Pseudoexperten, die in derartigen Situationen glauben, Kaffeesatz
lesen zu können, müssten heute Abend über die
Bücher gehen. In der Tagesschau konnte zehn Stunden nach dem
Unfall die Ursache des Zusammenstosses offiziell immer noch nicht
bekannt gegeben werden. Im Grunde genommen sind die erwähnten
Erkenntnisse banal und nichts Neues. Sie bestätigen aber: Nur wer
das Krisenkommunikationsmanagement trainiert hat, kann auch in der Hektik
des Geschehens die Tools aus den Lehrbüchern umsetzen. Erfreulich
war beim jüngsten Zugsunglück immerhin, dass die offiziellen
Sprecher, die ich gehörte habe (SBB, Polizei), ihre Sache recht
gut gemacht hatten.
Marcus Knill
Kurzinformation durch die Kantonspolizei. Quelle: Blick.
Youtube
Ein Zugunfall in Neuhausen hat 17 Verletzte gefordert. Neun Personen
musten ins Spital eingeliefert werden. Niemand wurde schwer verletzt.
Am Donnerstagmorgen,
10. Januar 2013, kam es in der Nähe des Bahnhofs Neuhausen SH um
7.50 Uhr einer . Der Grund für den Zusammenstoss ist noch . Es kann
Tage dauern, bis die Ursache geklärt ist. Die war zum Glück
nicht hoch: Der Thurbo-Zug verliess gerade den Bahnhof Neuhausen,
der SBB-Doppelstöcker bremste, um dort zu halten. Der (l.) war
eine S11. Die , obwohl der Thurbo (r.) laut unserer Reporterin vor
Ort beschädigter aussieht. Es hat gedauert, bis alle Passagiere
die Wagen verlassen konnten. Vor allem die Bergung der Reisenden aus
dem SBB-Doppelstockzug hat viel Zeit in Anspruch genommen.