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Mit einem breiten Grinsen im Gesicht blickt Christoph Mörgeli in
die Runde. Obwohl der SVP-Politiker bereits am Donnerstagabend seine
Kandidatur für den Posten des Rektors an der Universität
Zürich öffentlich machte, ist der Jagdsaal in einem Zürcher
Restaurant bis auf den letzten Platz besetzt. Die Frage, die auf der
Zunge brennt: Wie kann Mörgeli sich ernsthaft um diesen Posten
bewerben, nachdem er von derselben Institution vor knapp zwei Monaten
entlassen wurde?
Doch bevor Mörgeli dazu Stellung nimmt, holt er zu einem
30-minütigen Werbespot in eigener Sache aus. In einer Seelenruhe
und offensichtlich selbst leicht amüsiert, beginnt er mit dem
Vortragen seines detaillierten Lebenslaufs mit wichtigen Informationen
wie: "Ich war Mitglied im Studentischen Gesangsverein".
Darauf folgt die Vorstellung eines 13-Punkte-Plans mit seinen Zielen als
künftiger Rektor, welcher auch in 42-seitiger, ausführlicher
Fassung vorliegt. Darin plädiert Mörgeli unter anderem für
eine politische Meinungs- und Redefreiheit - was auch als Seitenhieb in
Richtung Bildungsdirektorin Regine Aeppli oder Universitätsrätin
Kathy Riklin verstanden werden kann. So fügt er denn auch an. "Mein
Anwalt hat verlangt, dass Aeppli und Riklin bei der Bewertung meiner
Kandidatur in den Ausstand treten."
Trotz dieser Forderungen - für Politberater Mark Balsiger ist
klar, dass es Mörgeli nur vordergründig um die Kandidatur
für den Job des Uni-Rektors geht. "Dieser Coup ist politisch
motiviert." Denn selbst der SVP-Nationalrat werde kaum davon ausgehen,
dass seine Kandidatur erfolgreich sei. "Dafür können er und
seine Partei danach ins Feld führen, dass der Entscheid gegen ihn
gefallen sei, weil er SVP-Mitglied ist."
Dass Mörgeli mit seiner Aktion der Partei in die Hände
spielen könnte, kann sich auch Kommunikationsberater Marcus Knill
vorstellen. "Er erzielte Aufmerksamkeit, konnte seine Botschaften und
die der Partei verkaufen und einmal mehr unterstreichen, dass seine
Entlassung politisch motiviert war." Doch selbst wenn es der Partei
nützen könnte - für Mörgelis eigenes Image sieht
Knill schwarz. "Sein öffentliches Werben und Klagen wirkt wohl bei
vielen penetrant."
Ähnlicher Meinung ist Balsiger. Zwar könne es durchaus sein,
dass der eine oder andere den Mut von Mörgeli, erneut in die
Öffentlichkeit zu gehen, anerkenne. "Er riskiert allerdings auch,
dass er als Polit-Clown etikettiert wird und seine Glaubwürdigkeit
komplett verspielt."
Das sieht Mörgeli natürlich anders. Nachdem ihm 20 Minuten
Online die Frage stellt, ob die Aktion wirklich sein Ernst sei, antwortet
er :"Ich bin überzeugt, dass die Gerechtigkeit hergestellt und
meine Bewerbung nicht gegen den Rauswurf meiner Person aufgerechnet wird."
Aus dem
Blick:
Wie die Staatsanwaltschaft Zürich mitteilt, stehen zwei Mitarbeiter
im Verdacht, den Akademischen Bericht 2011 und den Bericht der
internationalen Expertenkommission an die Medien weitergegeben zu haben.
Diese Unterlagen brachten die Affäre Mörgeli ins Rollen.
Die Universität Zürich hat nach dem Erscheinen der Dokumente
am 19. September 2012 bei der Oberstaatsanwaltschaft eine Anzeige wegen
Amtsgeheimnisverletzung eingereicht.
Die zuständige Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich
hat daraufhin zusammen mit der Kantonspolizei Zürich erste
Vorabklärungen getätigt.
Am 14. November 2012 hat die Staatsanwaltschaft bei den zwei
beschuldigten Personen an deren Wohnort und Arbeitsplatz Durchsuchungen
durchgeführt und Beweismittel sichergestellt.
Zudem sind die Beschuldigten am 14. und 15. November 2012 befragt
und danach auf freien Fuss gesetzt worden. Die Ermittlungen sind in
vollem Gang. Die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich hat
ein Strafverfahren gegen die zwei Mitarbeitende der Universität
Zürich eröffnet. Condrau gibt Leitung vorübergehend ab
Prof. Flurin Condrau, Leiter des Medizinhistorischen Institutes und
des Museums, ist von diesen beiden Strafverfahren nicht betroffen,
wie die Universität Zürich in einer Medienmitteilung
schreibt. Angesichts der derzeitigen schwierigen Situation habe er jedoch
darum ersucht, von der Leitung des Institutes vorübergehend entlastet
zu werden.
Er werde sich weiterhin der Lehre und Forschung widmen. Die
Universitätsleitung hat darum Prof. Johann Steurer beauftragt, das
Institut voraussichtlich bis zum Ende des Frühjahrssemesters 2013
interimistisch zu leiten.
Gestern Abend meldete sich schliesslich Christoph Mörgeli im
"Talk täglich" auf "Tele Züri" zu Wort: "Es ging 25 Jahre
alles gut. Dann kam die Herr Condrau und seine Stellvertreterin. Und
plötzlich gibts ein Komplott", erklärte der SVP-Nationalrat.
Mörgeli bestätigt, dass er wieder als Museumleiter arbeiten
möchte. Er gehe davon aus, dass nicht alle Mitarbeiter am Komplott
beteiligt seien.
"Darum kann ich jederzeit zurück ins Institut. Ich werde Herrn
Prof. Steurer um Audienz bitten und sagen: Ich will zurück",
so Mörgeli.