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www.rhetorik.ch aktuell: (17b. Nov, 2012)

Moergelis Bewerbung an der Uni

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Christoph Mörgeli macht immer wieder den gleichen Fehler. Er bedenkt die Wirkung seiner Medienaktion zu wenig. Politikern und Parteien sind oft schon zufrieden, wenn sie Aufmerksamkeit in den Medien wecken. Das ist zwar bei PR- und Marketing Aktionen eine Voraussetzung, dass man beachtet wird - aber dies allein kann wohl kaum das Ziel sein. Medienpräsenz allein genügt nicht. Ausschlaggebend ist die Wirkung eines Medienauftrittes. Reputationsmässig hat Nationalrat Mörgeli an Glaubwürdigkeit eingebüsst. Er steht als Clown da.
20 Min:
Mit einem breiten Grinsen im Gesicht blickt Christoph Mörgeli in die Runde. Obwohl der SVP-Politiker bereits am Donnerstagabend seine Kandidatur für den Posten des Rektors an der Universität Zürich öffentlich machte, ist der Jagdsaal in einem Zürcher Restaurant bis auf den letzten Platz besetzt. Die Frage, die auf der Zunge brennt: Wie kann Mörgeli sich ernsthaft um diesen Posten bewerben, nachdem er von derselben Institution vor knapp zwei Monaten entlassen wurde? Doch bevor Mörgeli dazu Stellung nimmt, holt er zu einem 30-minütigen Werbespot in eigener Sache aus. In einer Seelenruhe und offensichtlich selbst leicht amüsiert, beginnt er mit dem Vortragen seines detaillierten Lebenslaufs mit wichtigen Informationen wie: "Ich war Mitglied im Studentischen Gesangsverein". Darauf folgt die Vorstellung eines 13-Punkte-Plans mit seinen Zielen als künftiger Rektor, welcher auch in 42-seitiger, ausführlicher Fassung vorliegt. Darin plädiert Mörgeli unter anderem für eine politische Meinungs- und Redefreiheit - was auch als Seitenhieb in Richtung Bildungsdirektorin Regine Aeppli oder Universitätsrätin Kathy Riklin verstanden werden kann. So fügt er denn auch an. "Mein Anwalt hat verlangt, dass Aeppli und Riklin bei der Bewertung meiner Kandidatur in den Ausstand treten." Trotz dieser Forderungen - für Politberater Mark Balsiger ist klar, dass es Mörgeli nur vordergründig um die Kandidatur für den Job des Uni-Rektors geht. "Dieser Coup ist politisch motiviert." Denn selbst der SVP-Nationalrat werde kaum davon ausgehen, dass seine Kandidatur erfolgreich sei. "Dafür können er und seine Partei danach ins Feld führen, dass der Entscheid gegen ihn gefallen sei, weil er SVP-Mitglied ist." Dass Mörgeli mit seiner Aktion der Partei in die Hände spielen könnte, kann sich auch Kommunikationsberater Marcus Knill vorstellen. "Er erzielte Aufmerksamkeit, konnte seine Botschaften und die der Partei verkaufen und einmal mehr unterstreichen, dass seine Entlassung politisch motiviert war." Doch selbst wenn es der Partei nützen könnte - für Mörgelis eigenes Image sieht Knill schwarz. "Sein öffentliches Werben und Klagen wirkt wohl bei vielen penetrant." Ähnlicher Meinung ist Balsiger. Zwar könne es durchaus sein, dass der eine oder andere den Mut von Mörgeli, erneut in die Öffentlichkeit zu gehen, anerkenne. "Er riskiert allerdings auch, dass er als Polit-Clown etikettiert wird und seine Glaubwürdigkeit komplett verspielt." Das sieht Mörgeli natürlich anders. Nachdem ihm 20 Minuten Online die Frage stellt, ob die Aktion wirklich sein Ernst sei, antwortet er :"Ich bin überzeugt, dass die Gerechtigkeit hergestellt und meine Bewerbung nicht gegen den Rauswurf meiner Person aufgerechnet wird."


Aus dem Blick:
Wie die Staatsanwaltschaft Zürich mitteilt, stehen zwei Mitarbeiter im Verdacht, den Akademischen Bericht 2011 und den Bericht der internationalen Expertenkommission an die Medien weitergegeben zu haben. Diese Unterlagen brachten die Affäre Mörgeli ins Rollen. Die Universität Zürich hat nach dem Erscheinen der Dokumente am 19. September 2012 bei der Oberstaatsanwaltschaft eine Anzeige wegen Amtsgeheimnisverletzung eingereicht. Die zuständige Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich hat daraufhin zusammen mit der Kantonspolizei Zürich erste Vorabklärungen getätigt. Am 14. November 2012 hat die Staatsanwaltschaft bei den zwei beschuldigten Personen an deren Wohnort und Arbeitsplatz Durchsuchungen durchgeführt und Beweismittel sichergestellt. Zudem sind die Beschuldigten am 14. und 15. November 2012 befragt und danach auf freien Fuss gesetzt worden. Die Ermittlungen sind in vollem Gang. Die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich hat ein Strafverfahren gegen die zwei Mitarbeitende der Universität Zürich eröffnet. Condrau gibt Leitung vorübergehend ab Prof. Flurin Condrau, Leiter des Medizinhistorischen Institutes und des Museums, ist von diesen beiden Strafverfahren nicht betroffen, wie die Universität Zürich in einer Medienmitteilung schreibt. Angesichts der derzeitigen schwierigen Situation habe er jedoch darum ersucht, von der Leitung des Institutes vorübergehend entlastet zu werden. Er werde sich weiterhin der Lehre und Forschung widmen. Die Universitätsleitung hat darum Prof. Johann Steurer beauftragt, das Institut voraussichtlich bis zum Ende des Frühjahrssemesters 2013 interimistisch zu leiten. Gestern Abend meldete sich schliesslich Christoph Mörgeli im "Talk täglich" auf "Tele Züri" zu Wort: "Es ging 25 Jahre alles gut. Dann kam die Herr Condrau und seine Stellvertreterin. Und plötzlich gibts ein Komplott", erklärte der SVP-Nationalrat. Mörgeli bestätigt, dass er wieder als Museumleiter arbeiten möchte. Er gehe davon aus, dass nicht alle Mitarbeiter am Komplott beteiligt seien. "Darum kann ich jederzeit zurück ins Institut. Ich werde Herrn Prof. Steurer um Audienz bitten und sagen: Ich will zurück", so Mörgeli.

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