Blick:
Gegen drei Millionen Deutsche schauten am Freitagabend zu, wie sich
JSVP-Präsident Erich Hess zum Affen macht.
Vier Minuten dauert der naive Auftritt des Berner Grossrats in der
Satire-Sendung "heute Show" auf ZDF. In holprigem Hochdeutsch betet er
das SVP-Programm runter, winkt und grinst auf Befehl in die Kamera,
wiederholt dauernd seinen Namen und rät den Deutschen: "Schaut
euren Politiker besser auf die Finger!"
Währendem schiebt sich der Reporter den Kugelschreiber in die Nase,
verschwindet aufs WC, um dann hinter Hess' Rücken sexuelle Hand- und
Mundakrobatik zu vollbringen. Hess realisiert - es ist kaum zu glauben -
nicht, dass dies kein ernsthaftes Interview ist.
Zu SonntagsBlick sagt er: "Mir ist schon aufgefallen, dass es ein
bisschen ein komisches Reporterteam ist." Er habe aber gedacht, "es sind
halt Deutsche".
Nachtrag vom 25. September, 2012
Heute nimmt Hess
im Blick Stellung zu seiner Lachnummer im deutschen
Fernsehen. Seine Schilderung verdeutlicht allen Mediennutzern einmal
mehr, wie wichtig die Schulung im Umgang mit Medien ist. Der Journalist
hatte mit Hess ein leichtes Spiel, weil er die primitivsten Gundregeln
nicht kannte. Vor jedem Interview werden normalerweise die Spielregeln
besprochen und professionelle Journalisten halten sich daran. Hess
hätte unbedingt auf das Recht (auf das eigene Bild und die eigene
Stimme) pochen müssen. Hätte er sich professionell schulen
lassen, wäre er auf den Trick "Schauen Sie in die Kamera" nicht
hereingefallen. In einem Interview spricht der Interviewte stets mit dem
Interviewer. Dann sieht er auch allfällige bösartige Spiele
(wie: Auf die Uhr schauen, gelangweilt wegblicken, den Kugelschreiber
in die Nase stossen usw.). Zur Entlastung des "verarschten" Politikers
muss heute gesagt werden. Auch Profis könnte man böswillig
in die Pfanne hauen, indem man sie 10 Mal banale Sequenzen wiederholen
lässt und nachher auch das sendet, was zu den Vorgesprächen und
Organisationsanordnungen gehört. Die Journalisten hätten zudem
die Aufnahmen von Hess absegnen lassen müssen, so wie es auch bei
der Versteckten Kamera der Fall ist. Der Film ist zwar ein Hingucker. Er
amüsiert zwangsläufig das Publikum, weil die Zuschauer solche
grotesken Szenen schadenfreudig geniessen. Anderseits ist das Video kein
Produkt, welches das Ranking der Journalisten aufwertet. Im Gegenteil:
In unseren Seminaren werden jene, die den Film gesehen haben, den
Journalisten gegenüber eine noch skeptischere Haltung einnehmen, als
sie es ohnehin schon haben. Das widerspricht unserem dialogischen Ansatz.
Aus dem Blick:
Ab Freitagabend habe er zahlreiche Rückmeldungen zu seinem Auftritt in der "Heute-Show"
des ZDF erhalten.
Die meisten davon seien freundlich und aufmunternd gewesen, einige
beleidigend. "Aber das bin ich mich gewohnt", sagt der Berner.
Sein Auftritt beim ZDF sorgte für viele Lacher in Deutschland un
der Schweiz. Nach Strich und Faden wurde der JSVP-Präsident vom
Satire-Magazin aufs Glatteis geführt.
Im Blick.ch-Video-Interview erklärt er im Detail, wieso er darauf
reinfiel. Und fügt an: "Die deutschen "Journalisten" stellten mir
noch mehr Fallen, doch da habe ich den Köder nicht geschluckt."