Am 3. Oktober wird die erste TV-Debatte zwischen Obama und Mitt Romney in Denver stattfinden.
Wir können davon ausgehen, dass bereits heute für diese Debatten träniert wird,
dass Strategien, Taktiken bedacht werden und der Gegner an Hand alter Interviews analysiert wird
und Schwachstellen gesucht werden. Die Nominationskongresse der Demokraten und Republikaner
(
Siehe Beitrag über Clinton) gaben schon
einen Vorgeschmack auf die Debatten.
Unterschiede in der Wahlkampfrhetorik
Die Wahlkampfrhetorik in den USA unterscheidet sich von dem in der Schweiz oder in Deutschland.
Während der amerikanische Wahlkampf einem "Zirkus" gleicht, stossen bei uns showartige Zeremonien
und patriotische Formeln eher ab. Bei Schweizer Politikern werden
leiseren Tönne geschätzt. Autentisch, natürlich und verständlich sprechende Politiker wie etwa
Didier Burkhalter kommen gut an. Die Schweizer schätzen die bedächtige Zurückhaltung.
Für mitteleuropäische Ohren klingen die Reden in den USA eher pathetisch oder kitschig.
Obwohl auch in der Schweiz mit nationalen Stärken gepunktet wird,
kann man sich kaum vorstellen, dass Schweizer Politiker jede Rede mit
"Gott beschütze die Schweiz" beendet.
Die Betonung der Stärken der amerikanischen Nation hat Tradition. Seit
911 wurde dieses Mittel stark benutzt. Kritik an dieser Praxis wird kaum gewagt.
Rhetorische Mittel
Obwohl die Griechen den Schwerpunkt auf Redekunst legten und die Reden eher
theater- und rezeptorientiert eingeübt wurden, überzeugen heute freier wirkende
verständliche und natüliche Reden.
Die Reden an beiden Kongressen enthalten klassische Rhetorik-Elemente, die schon
die alten Griechen propagierten.
Ein häfig gebrauchtes Stilmittel ist die
Anadiplosis, die rhetorische Wiederholung von
einen oder mehreren Worten.
Selbstverständlich gelten nach wie klassische Tugenden der Rhetorik:
Kürze, Struktur, Stimulanz oder die bildhafte Sprache. Man vergleiche
Argumentationstechniken
oder
Goldene Regeln.
Bei
Joe Biden ist die Stimmlautstärke ein wichtiges Mittel.
Unterschiede Obama und Romney
Es gibt deutliche Unterschiede bei den Auftritten zwischen Obama und Romney. Vor allem im
Charisma. Obama holt mit Ausstrahlung,Echtheit, Humor und
bildhafte Sprache mehr Punkte. Er bildet mit freien Reden eine Brücke zum Publikum auf.
Es fallen vor allem die langen rhetorischen Pausen
und Wiederholungen als wichtige Bausteine auf.
Romney dagegen wirkt eher als hölzerner und trockener Redner.
Die Auftritte wirken eingeübt und trainiert.
Romney spricht meist ohne Gestik und legt damit einen
Kommunikationskanal und kann zudem durch diese Reduktion den Stress weniger
gut abbauen. Dass Romney oft mit der Zunge zu schnalzen scheint wurde auf Youtube
in einem Filmchen parodiert. Solche Ticks werden wohl kaum entscheident sein.
Nebst der Persönlichkeit hat die Stimme den grössten Anteil an der
Überzeugungskraft.
Die Ehefrauen
In den letzten Jahren stellen sich auch die Ehefrauen vermehrt ans Rednerpult.
Das kommt aber nur gut, wenn die Chemie stimmt.
In der Schweiz, wie auch in Deutschland ist dies eher verpönt. Partner die
sich in den Vordergrund stellen, sind oft ein Handicap. Beispiele:
Beispiel Silvia Blocher,
Borers Rosenkrieg.
Ehemann von Angela Merkel etwa mischt auf dem politischen Parkett nicht mit.
Michelle Obama hat dabei Sympathie-Bonus abgeholt. Sie wirkt natürlicher.
Dass Anne Romney erzählt, in ihrer ersten Wohnung das Bügelbrett
als Esstisch herhalten müssen
wirkt unglaubwürdig, wenn man einen Blick auf den Reichtum der Romney Familie wift.
Die Geschichte könnte von einem PR Berater stammen, der mit diesem Bild
das schlechte Image des Kandidaten korrigieren möchte.
Schauspieler und Politikerstars
Interessant war, dass Schauspieler schwach abschnitten.
Bei den Deokraten war
Scarlett Johannsson angetreten, bei
den Republikanern
Clint Eastwood, der den Kunstgriff des
"Apostroph" brauchte: "Abwenden vom Publikum, um eine nicht notwendigerweise
anwesende Persönlichkeit anzusprechen." Die Auftritte zeigten, dass
Schauspielern und Reden sind verschiedene paar Schuhe.
Bill Clinton bei den Demokraten hat
eine fantastische Rede gehalten und Obama fast die Show gestohlen,
Condololeezza Rice wirkte dagegen auch eher hölzern. Die
Stimme und Ausdruck passte oft nicht zum Gesagten.
Bemerkenswert sind die rhetorischen Fragen von Clinton, das Spielen mit
der Lautstärke von John Biden.
Vorbereitung
Jeder Präsidentschaftskandidat hat persönliche Kommunikations-Coach im Rücken.
Beraterteams bereiten die Reden vor. Bei Obama sind zum Beispiel
Jon Favreau
(Siehe
Der Obama Einflüsterer, das auf einem
New York Times Artikel von 2008
beruht.) Bei Romney kamen zwei Berater ins Rampenlicht.
Kürzlich (im Zusammenhang mit dem Mohammedfilm)
Dan Senor, der Berater von Romney in Sachen Aussenpolitik,
dann
Eric Fehrnstrom, der Kommunikationsstratege mit seiner
Zaubertafel Allegorie.
Man sieht gerade bei den Reden von Ann Romney, dass auch ein begabter "Königsmacher"
aus einer "Birne" keinen "Apfel" machen kann. Der politische Berater von Obama,
David Axelrod
verband seine Basisarbeit mit dem Konzept:
"Die Persönlichkeit soll überzeugen.
Seit 2011 ist
David Plouffe
der Wahlkampfberater von Obama.
Teleprompter
Obama spricht die Sätze frei. Auf dem Bildschirm werden Gedankenstützen
mit grossen Buchstaben eingeblendet.
Dass sowohl Obama als auch Romney sich auf Teleprompter verlassen ist wohl bekannt.
Wir müssen davon ausgehen, dass auch Michelle Obama und Ann Romney einen Teleprompter zur Verfügung hatten.
Santorum nannte Obama einmal "Der Chefleser" und hatte auch Romney kritisiert, den
Teleprompter zu benutzen. Romney selbst meinte, der Teleprompter ist nützlich.
"Er verhindert, dass man etwas sagt, das man nicht sagen wollte."
Romney ist ein gebranntes Kind. So hatte er Sätze wie "Ann fährt ein paar Cadillacs"
herausgelassen, die er nachher bedauerte.
Quelle.
Man errinnert sich auch an
Romneys Tour de Fettnapf.
Wie wichtig sind Reden?
Wird die bessere Redetechnik den Wahlkampf entscheiden?
Das Eisbergprinzip veranschaulicht dass der Inhalt einer Aussage mit dem Spitz
verglichen werden kann, der aus dem Wasser schaut. Dass aber der grössere Teil
unter Wasser mit dem wie - mit dem Drumherum - verglichen werden kann.
Das Wie wird sicher im November mitentscheidend sein. Dass Inhalt und Aussage aber
stark verlinkt sind hat man schon in den Vorwahlen bei den Republikanern gesehen.
Kandidaten wie
Herman Cain,
Rick Santorum,
Newt Gingrich oder
Rich Perry sind zwar vor allem
rhetorisch gestolpert. Doch hat das schlechte Abschneiden in den Debatten
auch inhaltliche Schwachstellen blossgelegt.