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www.rhetorik.ch aktuell: (21. Aug, 2012)

Ein Vergewaltigungsmaerchen

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:


Quelle Todd Akin, ein Parteifreund von Romney hat mit einer Bemerkung die Gemüter erhitzt. Er meinte, dass

"Wenn es sich um eine rechtmässige Vergewaltigung handelt, hat der weibliche Körper Möglichkeiten, die ganze Sache abzustellen."


Aus dem Spiegel:


Das Drama begann als Fauxpas, der im Lauf des Tages aber zum handfesten Skandal anschwoll - und zum Mega-Problem für Romney und seinen Vizekandidaten Paul Ryan. Auslöser war ihr republikanischer Parteifreund Todd Akin. Der Abgeordnete aus Missouri kandidiert für einen Sitz im Senat und hatte auch gute Aussichten, seiner Partei damit die Mehrheit im US-Oberhaus zurückzuerobern. Doch nun steht beides in Frage - und Romney muss ernsthaft um seine Wahlchancen bei mehr als der Hälfte der Amerikaner bangen. Was ist geschehen? In einem TV-Interview hatte sich Akin, 65, zu einem Lieblingsthema Abtreibung ausgelassen. Genauer gesagt: Abtreibung im Fall von Vergewaltigung - die der studierte Theologe weder für nötig noch für zulässig befand: "Wenn es sich um eine rechtmässige Vergewaltigung handelt, hat der weibliche Körper Möglichkeiten, die ganze Sache abzustellen." Will heissen: Der psychologische Stress der Vergewaltigung wirke als biologische Empfängnisverhütung. Lange nicht mehr hat ein US-Politikersatz so viele Unsäglichkeiten enthalten. "Rechtmässige" Vergewaltigung? "Die ganze Sache abstellen"? Akin ruderte zwar gleich zurück: Er habe sich "versprochen". Doch schnell überschatteten seine Worte sogar die andere aktuelle Republikaner-Affäre - die feuchtfröhliche Nacktbade-Exkursion einer US-Kongressdelegation im israelischen See Genezareth vorigen Sommer. Panisch distanziert sich die Partei nun von Akin. Allen voran Mitt Romney, der es bei weiblichen Wählern so schon schwerer hat als sein Widersacher US-Präsident Barack Obama: Akins Worte seien "beleidigend, unentschuldbar und, ehrlich gesagt, falsch". Viele führende Republikaner drängen Akin auf einmal, seine Kandidatur aufzugeben - um ihre Hoffnung auf einen Senatssieg mit einem anderen Bewerber doch noch zu retten. Das National Republican Senatorial Committee sowie die millionenschwere Spendengruppe "Crossroads GPS" entzogen Akin ihre Gelder. Der zeigt sich bisher aber stur. "Ich bin kein Drückeberger", konterte er in der Radioshow des erzkonservativen Ex-Gouverneurs Mike Huckabee, der zu den wenigen gehört, die sich auch in der Öffentlichkeit verständnisvoll zeigen. Der Parteispitze, die Akin dagegen plötzlich verzweifelt loswerden will, läuft die Zeit weg: An diesem Dienstagnachmittag endet die Frist, bis zu der sie noch einen neuen Kandidaten nominieren könnte. Akins Senatsgegnerin, die demokratische Senatorin Claire McCaskill, darf sich freuen: Sie hatte zuvor kaum Chancen - und ist nun buchstäblich über Nacht die Favoritin. Doch der Aufstand der Republikaner gegen ihren Zögling Akin trieft vor Scheinheiligkeit. Denn der hat, wie ein Blick in seine Vergangenheit voller derber Bemerkungen zeigt, nicht nur aus dem eigenen Herzen gesprochen. Sondern zugleich eine Schattenseite der abtreibungsfeindlichen US-Konservativen enthüllt, von der sich auch das Vorzeigeduo Romney/Ryan nur schwer lösen kann. Akins seltsames Frauenbild, sagte die Kolumnistin Cynthia Tucker auf MSNBC, sei "die Sicht des republikanischen Mainstreams". In der Tat wimmelt es im Zitatenarchiv der Republikaner vor ähnlich kruden Äusserungen: Manche Vergewaltigungsopfer seien ja selbst schuld, sie sollten doch lieber stillhalten, resultierende Schwangerschaften seien so selten wie "Schnee in Miami". Die Männer, die sowas von sich geben, sind zwar meist rechte Kommunalschergen, werden aber vom Establishment geduldet - wenn nicht gar befördert, etwa auf mächtige Richterposten. Allein die Floskel "rechtmässige Vergewaltigung", die Akin am Montag noch verschlimmbesserte: Er habe "gewaltsame Vergewaltigung" sagen wollen. Was ein bizarrer Kunstbegriff ist, den die Republikaner nur erfunden haben, um in einigen Fällen eine Abtreibung zu unterbinden. Diese Verhöhnung tauchte erstmals im Januar 2011 auf. Eines der ersten Gesetze, das die neu erstarkten Republikaner da anpackten, strich Staatsgelder für Abtreibungen, mit Ausnahme von Vergewaltigungen. Nach einem frühen, inzwischen modifizierten Gesetzestext mussten die Opfer dazu aber nachweisen, dass sie eine "gewaltsame Vergewaltigung" erlitten hätten. (...)

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