Polemik oder Provokation? Undiplomatisch sicher: Ein Interview von Bundesrat
Ueli Maurer gibt im Moment
zu Reden. Es ist einmal nicht der Deutsche Finanzminister, sondern der Schweizer Verteidigungs
minister, der mit undiplomatischen Worten die EU Nachbarn verstört: Nur Verrückte wollten noch
in die Gemeinschaft.
Es ist zwar immer zu empfehlen, eindeutig und Klartext zu reden und nicht
um den heissen Brei herumzureden. Das will aber nicht heissen: Das Gegen=FCber vor den Kopf
zu stossen. Es gilt, jedes Wort zu bedenken, das falsch verstanden werden könnte. Maurers
Worte helfen nicht bei, die Beziehungen zur EU zu verbessern.
Interessant, dass im Spiegel, das
Foto
von Maurer den Kopf nur im unteren Fünftel des Bildes zeigt. Das Bild wird sonst vom Schweizer Wappen dominiert wird.
Spiegel:
Die Europäische Union steckt in der Krise, da ist die Schuldenmisere,
da sind die ständigen Gipfel und die Streitereien zwischen den
wichtigsten Staaten. Aber ist die Lage wirklich so dramatisch?
Aus der Schweiz wird Europa nun ein verheerendes Zeugnis
ausgestellt. Der Schweizer Verteidigungsminister Ueli Maurer sieht
die Europäische Union in einem miserablem Zustand. Sie habe "ihren
Höhepunkt überschritten" und "stark an Glaubwürdigkeit
verloren", sagte Maurer jetzt der Wochenzeitung "Die Zeit". Um dann
nachzulegen: In der Schweiz wolle "niemand mehr, der noch alle Tassen
im Schrank hat, in die EU", so Maurer.
Maurer, Bundesrat der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei,
ist zwar bislang nicht als Europa-Anhänger aufgefallen - doch der
scharfe Ton überrascht.
Die EU sei in einem "schlechten Zustand, weil man meinte, die
Verantwortung nach oben abgeben zu können", sagt Maurer weiter. "Dann
aber ist am Schluss niemand mehr verantwortlich."
Immerhin, es gibt noch Hoffnung für Europa - wenn man sich an
einem Zukunftsmodell orientieren würde: dem der Schweiz. Für
sein eigenes Land findet Maurer warme Worte. "Wir sind die beste
Volkswirtschaft der Welt, die Leute bewundern unsere Demokratie, wir
sind ein Land mit vielen Tugenden", empfahl der rechtskonservative
Politiker seine alpenländische Heimat. "Wir sind eigentlich das
Zukunftsmodell", fügte er hinzu.
Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass Maurer irritiert. Als
Vertreter des "Züricher Flügels" in der rechtspopulistischen
Partei war er mit verantwortlich für die ausländerfeindlichen
Wahlplakate der SVP - etwa jenem, in dem ein schwarzes Schaf von der
Schweizer Landesflagge getreten wird. Auch im Streit mit deutschen
Behörden über Steuersünder-Dateien meldete sich Maurer
immer wieder zu Wort.
Das Interview mit dem 61-Jährigen ist nur in der Schweizer Ausgabe
der "Zeit" erschienen, der deutschen Ausgabe schien Maurers Europa-Urteil
vielleicht doch eine Spur zu polemisch.
20 Minuten Umfrage:
"Darf Ueli Maurer so über die Befürworter eines EU-Beitritts reden?"
63 Prozent: "Ja, es ist erfrischend, wenn ein Bundesrat so spricht"
20 Prozent "Nein, obwohl ich dem Inhalt seiner Aussagen zustimme."
17 Prozent "Nein, das ist schlechter Stil und auch inhaltlich falsch."
20 Min:
So undiplomatisch äussert sich selten ein Bundesrat in der
Öffentlichkeit: Ueli Maurer nimmt im Gespräch (online nicht
verfügbar) mit dem "Zeit"-Journalisten Peer Teuwsen kein Blatt
vor den Mund. Der Verteidigungsminister sieht die Schweiz wegen ihres
Reichtums bedroht: "Man hat es auf unser Geld abgesehen." Wer "man" genau
ist, wird nicht klar. Dafür kritisiert Maurer, dass die Schweizer
zu selbstzufrieden geworden seien - und verlernt hätten, für
ihren Reichtum zu kämpfen. Wobei der Verlust des Wohlstands für
ihn nicht mal das Schlimmste wäre: "Wohlstand kann man verlieren,
aber auch wieder gewinnen. Die Freiheit verliert man nur einmal."
Diese Freiheit der Schweiz sieht er durch die bundesrätliche
Politik einer Anpassung an die EU gefährdet. Das lässt Maurer
zwischen den Zeilen durchblicken - und verhehlt auch seinen Frust
darüber nicht, dass er mit seiner öffnungskritischen Haltung
im Siebnergremium dauernd unterliegt. Die bilateralen Verträge
störten ihn dort, wo sie in die Autonomie eingriffen, sagt der
SVP-Vertreter. Aber in der Schweizer Demokratie gebe es Mittel, das
Schlimmste zu verhindern: "Und ich hoffe, es gibt auf diesem Weg nach
Europa bald wieder einen Volksentscheid."
Dass der Weg niemals in die EU führen darf, ist für Maurer
klar: "Heute will ja niemand mehr, der noch alle Tassen im Schrank hat,
in die EU." Das Staatenbündnis habe stark an Glaubwürdigkeit
verloren, Europa seinen Höhepunkt überschritten. Der Kontinent
sei in einem so schlechten Zustand, weil "man meinte, die Verantwortung
nach oben abgeben zu können". Dann sei am Schluss niemand mehr
verantwortlich. Diesem Scheitern stellt Maurer das Erfolgsmodell Schweiz
gegenüber: Die Mitverantwortung des Volks - das sei die Zukunft. "Wir
sind die beste Volkswirtschaft der Welt. Die Leute bewundern unsere
Demokratie, wir sind ein Land mit vielen Tugenden."
Im Interview, das nur in der Schweizer Ausgabe der "Zeit" erschienen
ist, spricht Maurer auch offen über sein Amt. Ähnlich wie
Christoph Blocher zu dessen Bundesratszeiten gibt er den Leidenden, der
sich für das Wohl der Allgemeinheit und den Erhalt der Freiheit
opfert: "Bundesrat zu sein ist mehr Bürde als Würde." Auch
wenn er das Amt als solches gerne mache, ersticke er fast an gewissen
Fomalitäten. Viel lieber würde er am Stammtisch politisieren,
als stundenlang an steifen Apéros in Fünfsterne-Hotels
herumzustehen. "Das ist eine Einschränkung meiner persönlichen
Freiheit."
Focus:
Der Schweizer Verteidigungsminister Ueli Maurer empfiehlt der EU
direkte Demokratie In den Augen des schweizer Verteidigungsministers
Ueli Maurer befindet sich die EU in einem desaströsen Zustand. Nur
Verrückte würden noch beitreten wollen. Maurer nutzt seine
Standpauke aber auch, um der kriselnden Euro-Zone Tipps zu geben.
In der Schweiz wolle "niemand mehr, der noch alle Tassen im Schrank hat,
in die EU", sagte der eidgenössische Verteidigungsminister Maurer der
Wochenzeitung "Die Zeit" vom Donnerstag. Die EU habe ihren "Höhepunkt
überschritten" und "stark an Glaubwürdigkeit verloren".
"Wir sind die beste Volkswirtschaft der Welt, die Leute bewundern
unsere Demokratie, wir sind ein Land mit vielen Tugenden", empfahl
der rechtskonservative Politiker hingegen seine alpenländische
Heimat. "Wir sind eigentlich das Zukunftsmodell", fügte er hinzu.
"Am Schluss ist niemand mehr verantwortlich" Die EU sei in einem
"schlechten Zustand, weil man meinte, die Verantwortung nach oben abgeben
zu können". "Dann aber ist am Schluss niemand mehr verantwortlich",
sagte Maurer und ergänzte mit Blick auf die direkte Demokratie in
der Schweiz: "Die Mitverantwortung des Volkes, das ist die Zukunft".
Welt:
EU-Kritische Töne aus der Schweiz: In einem Gespräch mit der
Wochenzeitung "Zeit" sagte der Schweizer Verteidigungsminister Ueli
Maurer: "Europa hat seinen Höhepunkt überschritten."
In der Schweiz wolle "niemand mehr, der noch alle Tassen im Schrank hat,
in die EU. Dieses Staatenbündnis hat stark an Glaubwürdigkeit
verloren."
Des Weiteren sagte der Bundesrat der rechtskonservativen Schweizerischen
Volkspartei: "Wir sind die beste Volkswirtschaft der Welt. Die Leute
bewundern unsere Demokratie, wir sind ein Land mit vielen Tugenden. Wir
sind eigentlich das Zukunftsmodell."
Die Mitverantwortung des Volkes sei die Zukunft, so Maurer: "Europa ist
doch in einem so schlechten Zustand, weil man meinte, die Verantwortung
nach oben abgeben zu können. Dann aber ist am Schluss niemand mehr
verantwortlich."
Die Schweizer Landesregierung veranstaltet heute im schweizerischen
Aarau eine Konferenz zum Thema "direkte Demokratie". Gemeinsam mit dem
Regierungsrat des Kantons, der Universität Konstanz und dem Zentrum
für Demokratie Aarau (ZDA) organisieren die Politiker eine Tagung
zur Bürgerbeteiligung.
Für die Landesregierung nehmen Ministerpräsident Winfried
Kretschmann (Grüne), Innenminister Reinhold Gall (SPD) und
Staatsrätin Gisela Erler (Grüne) teil. Auf dem Programm
stehen Vorträge und Diskussionen zur Legitimation bei der
Bürgerbeteiligung.
Zeit
In einem Gespräch mit der Wochenzeitung DIE ZEIT sagte Ueli Maurer,
Verteidigungsminister der Schweiz: "Europa hat seinen Höhepunkt
überschritten." In der Schweiz wolle #niemand mehr, der noch alle
Tassen im Schrank hat, in die EU. Dieses Staatenbündnis hat stark
an Glaubwürdigkeit verloren." Des Weiteren sagte der Bundesrat der
rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei: #Wir sind die beste
Volkswirtschaft der Welt. Die Leute bewundern unsere Demokratie, wir sind
ein Land mit vielen Tugenden. Wir sind eigentlich das Zukunftsmodell. Die
Mitverantwortung des Volkes, das ist die Zukunft. Europa ist doch in
einem so schlechten Zustand, weil man meinte, die Verantwortung nach
oben abgeben zu können. Dann aber ist am Schluss niemand mehr
verantwortlich."