Rhetorik.ch

Knill+Knill Kommunikationsberatung

Knill.com
Aktuell Artikel Artikel Inhaltsverzeichnis Suche in Rhetorik.ch:

www.rhetorik.ch aktuell: (15. Jan, 2012)

Privater Freiraum zur Kreativitaet

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:


Am 24. Januar wird ein Buch von Susan Cain "Ruhe: Die Kraft des Introvertierten in einer Welt, die nicht zu reden aufhört." auf den Buchmarkt kommen. Die Amerikanische Autorin hat in der New York Times vom 13. Januar, 2012 eine Kostprobe aus diesem Buch gegeben. Sie kritisiert eine starke Fokussierung aufs Team, vor allem wenn Kreativität gefragt ist. Kollaboration ist heute in Mode, vor allem weil Manager das wollen. Studien von Psychologen (Mihaly Csikszentmihalyi and Gregory Feist) zeigen aber, dass der am kreativsten ist, der genug Extrovertiertheit hat, um Ideen auszutauschen, jedoch unabhängig denkt. In Kommentaren zum NYT Artikel vermuten Leser, dass die heutige Teamorientierung auch Gründe haben kann: Manager lieber Teams, weil so das Individuum leichter ersetzbar ist. Fällt einer aus, dann kann das Projekt immer noch durchgeführt werden. Cain zitiert den Psychologen Hans Eysenck, der meinte

Introvertiertheit produziert Keativität weil die Energie in die Sache geht und nicht in sozialen, zwischenmenschliche Energien verpufft wird.


Das Buch ist ein Plädojer, dass Introvertiertheit auch eine gute Sache hat. Viele kreative Wissenschafter und Künstler waren introvertiert. Newton etwa. Picasso meinte sogar

Ohne grosse Einsamkeit ist keine seriöse Arbeit möglich.


Spirituelle Führungsperson wie Moses, Jesus, Buddha seien alleine in die Welt hinaus gegangen. Steve Wozniak, die kreative Kraft hinter dem ersten Macintosh hat die Grundarbeit alleine gemacht. Kulturell ist das Publikum aber mehr durch Charisma wie Steve Jobs beeindruckt. Wozniak:

"Die meisten Erfinder und Ingenieure leben im Kopf. Wie ein Künstler. Die Besten Ingenieure sind Künstler. Ich gebe folgenden Ratschlag obwohl er nicht leicht zu akzeptieren ist: "Arbeite alleine... Nicht in einem Kommittee. Nicht in einem Team."


Trotz solchen Gschichten ist heute "Groupthink" in Mode, in Schulen, Büros oder Kirchen. 70 Prozent der Büros sind offen. Im Jahre 1970 hatte jeder Mitarbeiter noch 55 Quadratmeter Platz um Arbeiten, im Jahre 2010 waren es nur noch 22. In den meisten Schulhäusern sind heute die Bänke so plaziert, dass Gruppenprojekte realisiert werden können. Selbst Mathematik oder Aufsätze werden von Schülern heute in Gruppen gemacht. In Kirchen, wird das theatralische laute Beten zelebriert.

Die Autorin meint, dass Teamarbeit wichtig und stimulierend sein kann, und zur Informationsaustausch und Vertrauensbildung wichtig sein kann, dass aber endlose Meetings und Konferenzen die Mitarbeiter ablenken und sie agressiv und unsicher machen. Hoher Blutdruck und Stress seien die Folge. Das wirkt sich in mehr Fehlern aus. Dann erwäht Cain die Studie "Coding War Games", in der Tom DeMarco and Timothy Lister die Arbeit von 600 Computerprogrammierern aus 92 Firmen verglichen haben. Sie haben einen enormen Performanceunterschied zwischen verschiedenen Firmen gefunden. Das Salair der Mitarbeiter war dabei irrelevant. Wesentlich war aber der private Freiraum. Die schlechtesten Programmierer erwähnten doppelt so oft, dass sie oft ohne Grund unterbrochen würden.

Der Psychologe Anders Ericsson soll herausgefunden haben, dass man am schnellsten etwas alleine lernen kann. Am schlimmsten sind Brainstormübungen, die in den 50er Jahren in Mode kamen, vor allem Dank einer Studie von Alex Osborn. Jahrzehntelange Erfahrung zeigt aber, dass einzelen Individuen fast immer bessere Ideen haben. Die Gruppenleistung nimmt mit der Anzahl Leute ab. Der Grund ist, dass in einer Gruppe viele Mitglieder andere denken lassen und instinktiv die andre Meinung übernehmen, zum Teil auch unter Gruppendruck. Eine andere Meinung zu haben, bewirkt das Gefühl der Ablehnung. Der Neurologe Gregory Berns nennte es "Der Schmerz der Unabhängigkeit".

Elektronisches Brainstorming ist davon ausgenommen. Der Bildschirm ist ein SchutzSchirm, der viele Probleme der Gruppenarbeit abschirmt. Die Autorin zitiert Marcel Proust, der gemeint hat:

"Lesen ist ein Kommunikationswunder in mitten von Einsamkeit."


Cain meint, dass das menschliche Bedürftnis braucht einerseits Liebe und Zusammengehörigkeit, anderseits auch Privatheit und Autonomie.

Glücklicherweise kommt uns heute die Informationstechnologiezu Hilfe. Das Internet ist heute ein Ort, wo wir zusammen allein sein können. Gute wissenschaftliche Arbeit wird heute zunehmend von Team gemacht. Da Teammitglieder aber oft von verschiedenen Universitäten sind und elektronisch miteinander arbeiten können auch Introvertierte kreativ mitarbeiten.
Aus dem Werbespot der Autorin.

Rhetorik.ch 1998-2012 © K-K Kommunikationsberatung Knill.com