Der Inhalt überzeugte. Die Wirkung, das Wie der Rede jedoch signalisierte
Unsicherheit. Die Rede war offensichtlich einstudiert und wirkt
zu unnatürlich. Es sprach nicht der alte Wulff.
Aus der "Süddeutsche Zeitung"
Bundespräsident Christian Wulff hat in
seiner Weihnachtsansprache an die Bürgerinnen und Bürger
appelliert, gemeinsam für eine offene Gesellschaft zu arbeiten. In
Deutschland gebe es "keinen Platz für Fremdenhass, Gewalt und
politischen Extremismus", sagte Wulff in der Ansprache, die am ersten
Weihnachtsfeiertag ausgestrahlt wird.
Wulff widmete einen Grossteil des knapp fünfminütigen Auftritts
der Beschäftigung mit der Serie rechtsradikal motivierter Morde,
die vor wenigen Wochen aufgedeckt worden war. Wie schon im vergangenen
Jahr hatte Wulff zur Aufzeichnung der Ansprache am vergangenen Mittwoch
ehrenamtlich engagierte Menschen in das Schloss Bellevue nach Berlin
eingeladen.
Wulff hoffte sicher, dank einer emotionalen Rede
im neuen Jahr wieder zur gewohnten Arbeit
zurückzukehren. Die Kerngedanken der Rede sind gut
herausgeschält worden:
Alle müssen in Deutschland in Sicherheit leben können
Wir schulden lückenlose Aufklärung der rechtsextremen Verbrechen
Nur gemeinsam gelingt es uns, die Finanzkrise in Europa zu bewältigen
Die steife Haltung, die Stimme und Ton verriet jedoch Spannung. Die
Kieferpartie signalisiert Stress. Wulff spricht sonst nicht so
verbissen. Die Rede ist auch unnatürlich, sie ist zu gut
einstudiert. Wenn der Redner die Frau anspricht und nur mit der Hand auf
sie hinweist, so verrät dies: Der Auftritt ist antrainiert. Wer
während des Sprechens an die Regieanweisungen denken muss,
überzeugt nicht. Die alte Geschichte ist wahrscheinlich trotz
dieses Auftrittes nicht abgeschlossen sein. Es besteht die Gefahr, dass
Wulff sich den zahlreichen, unbeantworteten Fragen nach den Feiertagen
doch noch stellen muss. Dann wäre wieder alles offen.