Der Coop hatte Fleischskandal kam vor einem Monat nach einem Bericht der Sendung
"Kassensturz" ins rollen. Ein ehemalige Coop-Metzger
Tobias Lehmann machte die Aussage,
dass abgelaufenes Fleisch aus der Selbstbedienung in die Theke für Frischfleisch gelegt worden sei.
Andere Mitarbeiter bestätigten, dass das in den meisten Coop-Filialen so gehandhabt werde:
abgelaufene Ware werde wieder verwertet. Der Kassensturz soll von 24 Coop-Filialen in den
Kantonen Aargau, Bern, Glarus, Schwyz, St. Gallen, Uri und Zürich gewusst haben.
Wie reagierte Coop?
Nach den Vorwürfen hat der Grossverteiler das Auspacken und Wiederverkauf
von verpacktem Fleisch und wiederverkauf ganz untersagt.
- Generell darf ein Metzger keine Ware aus der Selbstbedienung auspacken und am Buffet verkaufen
auch nicht in marinierter Form.
Quelle: BAZ.
- Der Coop führt auch einen "Tag der offenen Türen" bei den Metzgereien ein.
Konsumentenschützerin Sara Stalder weist in der
Baz online
auf die Problematik hin:
- Es werden in der Schweiz viele Lebensmittel fortgeschmissen. Zu viel.
- Die Kontrollen sind in der Schweiz uneinheitlich. Jeder Kanton ist selbst organisiert.
- Die Ablaufdaten haben oft Sicherheitsmargen. Weil Ware auch noch nach dem Ablauftag
genossen werden kann, ist die Praxis verführerisch.
- Kontrollen sind oft ungenügend. Auch Herkunftsdeklarationen müssten besser
kontrolliert werden.
Die Geschichte hat eine Debatte ausgelöst,
wie frisch Frischfleich tatsächlich ist. Die
angeklagte Praxis verstösst nämlich nicht gegen das Gesetz, wie ein Kantonschemiker meinte
Quelle BAZ.
Verbindlich sind nur Ablaufdaten auf Verpackungen.
Laut Coop haben die Konsumenten nach dem Bekanntwerden der Geschichte nicht
weniger Fleisch gekauft. Die Leute haben einfach weniger Frischfleisch und mehr Abgepacktes konsumiert.
Die Geschichte ist eigentlich auch ein Komplement auf die Lebensmittelstandards, die in der
Schweiz gelten. Üblicherweise werden Probleme mit Lebensmitteln erst dann als
"Fleischskandal" bezeichnet, wenn
auch tatsächlich schlechte Ware verkauft wird. In diesem Skandal ist
kein einziger Fall von schlechtem
Fleisch bekannt, es ist nur das Verfalldatum in einzelnen Fällen durch eine Praxis umgangen worden,
die auch gesetzlich nicht untersagt ist (und wahrscheinlich von anderen Händlern bisher auch
gemacht worden sind). Normalerweise kommen solche Geschichten erst in die News,
wenn Leute krank werden, wie im Gammelfleischskandal aus dem Jahre 2005,
diesem Sommer oder bei der
EHEC Krise. Dass die Toleranzschwelle in der Schweiz so tief ist, macht
es unwahrscheinlicher, dass Lebensmittelhändler in einen tatsächlichen Skandal
schlittern.
Zur Krisenkommunikation von COOP: Es gab Patzer: die Anschuldigungen wurden zuerst als
unwahr bezeichnet und anstatt den Vice vorzuschieben, hätte der Chef das
Szepter nach dem Skandal sofort selbst in die Hand nehmen müssen.
Er hätte sich schneller an die Kunden wenden müssen und kompromisslos
ohne "Wenn und Aber" zum nachgewiesenen Skandal stehen müssen. Vor
allem wollen die Kunden wissen, wie es zu dem Skandal kommen konnte.
Wer sich mit der Reputation von Firmen beschäftigt, weiss, Vertrauen
lange aufgebaut werden muss. Vertrauen jedoch über Nacht verloren gehen kann.
Später ging es besser: Es wurden sofort konkrete Massnahmen
angegkündigt, die zwar über das Ziel herausschiessen,
in einem solchen Fall aber notwendig sind.
Nur ein
absolutes Verbot der Praxis, abgepacktes Fleisch wieder frisch anzubiegen, kann
das Vertrauen der Konsumenten zurückgewinnen.
Die Massnahme "Tag der offenen Tür" war zwar ein weiterer Schritt,
um die verlorene Reputation zurück zu gewinnen. Es gesteht
jedoch die Gefahr, dass diese Aktion als "Pflästerli-aktion"
interpretiert worden ist. Die Konsumenten erwarten vom Detaillisten Einsicht
und eine Entschuldigung. Sie wollen keine teuren PR aktionen.
Es besteht jetzt die Gefahr, dass die Reputation COOP=führend in
BIO-Produkten zusätzlich leidet. Die Kunden könnten an
der redlichen Deklarierung der bewährten Bioprodukte zweifeln.
Ein weiterer Schritt wäre gewesen, dass bei Metzgern künftig
auf Boni verzichtet wird wie bei der Migros, weil das
Bonussystem zu solchen Aktionen führen konnte.