Von Fehlern könnte man lernen. Bei
Gerhard Blocher scheint dies nicht
der Fall zu sein. Er hat sich im Umgang mit Medien mehr als nur einmal
verrannt. Der ehemalige Pfarrer Feldprediger und Gemeindepräsident
war sich noch nie bewusst, dass alles, was vor Mikrofon und Kamera gesagt
wird, publiziert werden kann, falls keine entsprechenden Vereinbarungen
getroffen worden sind. Gerhard Blocher scheint immer noch nicht erkannt
zu haben, dass man sich vor Gesprächen mit Journalisten vorbereiten
muss, und man bei diesen Gesprächen vor allem auf Ironie, Satire,
Analogien oder angeblich "lustigen, nicht ernst gemeinten" Uebertreibungen
verzichten sollte.
Seit dem 5. Dezember 2007 ist Gerhard der berühmteste
Bruder eines Politikers. An diesem Tag strahlte das Fernsehen einen
Dokumentarfilm über die "Gebrüder Blocher" aus. Die peinlichen,
grotesken, und unbedachten Äusserungen von Gerhard Blocher
könnten damals zur Abwahl seines Bruders beigetragen haben. Ein
bekannter Politiker sagte mir jedenfalls damals: Wenn ein Bundesrat
so einen Bruder hat, der von "Nahkampf und Blut im Bundesrat" spricht
und sagt, Christoph müsse den "Sauladen" in Bern "ausmerzen". Wenn
dieser Bruder am Fernsehen zudem öffentlich "mit dem Sackmesser so
irr auftritt", könnte es doch sein, dass Christoph, der Bundesrat,
ähnliche Gene habe und somit als Magistrat nicht mehr tragbar ist.
Diesen Herbst steht Christoph Blocher erneut im Wahlkampf. Er
möchte wieder Parlamentarier werden. Kandidat Blocher wird seit
Monaten mit Argusaugen beobachtet und es gibt genügend Feinde,
die alle Patzer registrieren. Dass in dieser Situation Journalisten
auch versuchen würden, dem Bruder - dank seiner losen Zunge -
erneut einige unbedachte Bemerkungen zu entlocken, das lag eigentlich
in der Luft. Gerhard Blocher hätte sich somit vorbereiten und seine
Kernaussagen antizipieren können. Sebastian Ramspeck und Reza Rafi
(2 Journalisten der SonntagsZeitung) hatten jüngst bei einem Essen
mit dem Bruder -der gerne provoziert - ein leichtes Spiel. Gerhard Blocher
konnten sie erneut verschiedene groteske Bemerkungen entlocken.
Diese fragwürdigen Zitate wurden in der SonntagsZeitung am 16.
Oktober publiziert. Der Artikel ist gut geschrieben und die publizierten
Aeusserungen werden möglicherweise auch bald von Giacobbo als Gags
aufgenommen. Gerhard Blochers Verhalten und die folgenden ungefilterten
Bemerkungen sprechen für sich. Für mich unbegreiflich: Der
berühmte Bruder tappte wiederum in die Falle. Die Zitate belegen,
dass Gerhard Blocher aus den früheren Pannen nichts gelernt hat.
Schon bei der Bestellung des Mittagmenüs nimmt Blocher die Wirtin
auf die Schippe. Vom alten Dokumentarfilm wurde nichts gelernt. Bei
Aussagen vor Journalisten haben nämlich Ironie und Satire kurze
Beine. Die Journalisten konnten schon bei der Bestellung Blochers zynische
Bemerkungen dokumentieren (vielleicht waren sie lustig gemeint) und
wurden im Artikel wiedergeben. Die ersten Worten mit der Wirtin gaben
schon ein sonderbares Bild vom Bruder des berühmten Christoph.
Gerhard Blocher zur Wirtin: "Ich bitte Sie, endlich zu begreifen: Keine
Zähne mehr oben links und unten rechts. Könnte ich pürierte
Pommes haben?" Nachdem die Wirtin Nudeln vorschlägt: "Weicher!" und
ruft laut "Kartoffelstock!" Auf den Hinweise, dass es keine Kartoffelstock
auf der Karte habe, moniert Gerhard Blocher: "Haben Sie schon etwas von
Stocki gehört?"Dann beginnt er lang und laut zu lachen.
Andere Zitate aus dem Zeitungsartikel:
"Seit Christoph nicht mehr im Bundesrat ist, hat es sich als ein
Nachteil, vor allem für seine Gesundheit, erwiesen, dass er oft
vor geschlossenen Türen steht." Deshalb wolle Christoph zurück.
"Er braucht das. Er muss in die Wandelhalle und im Parlament sein!"
Es sei also nicht nur für die Schweiz von Nutzen, wenn Christoph
in diesen "Saulanden" zurückkehre:
"Gesundheitlich geht es Christoph besser, wenn er zurück ins
Parlament kann".
Der letzte Satz eignete sich verständlicherweise als Titel. Gerhard
Blocher kann aber nachträglich den Journalisten keine Vorwürfe
machen. Sie setzen die Titel und wählen etwas Aussergewöhnliches
aus. Die Aussage, dass Christoph Blocher gesundheitlich angeschlagen
ist und mit der Wahl gesunden könne, scheint Gerhard Blocher
tatsächlich gesagt zu haben. Damit hat der kleine Bruder einmal mehr
dem grossen Christoph Blocher einen Bärendienst erwiesen. Indirekt
behauptet er: Bruder Christoph sei seit der Abwahl gesundheitlich
angeschlagen.
Folgende Aeusserung des ehemaligen Pfarrers verdeutlicht, dass wir
uns und Anderen schaden können, wenn wir vor Medienvertreter so
fahrlässig drauflos reden:
"Es ist doch der helle Wahnsinn, dass der arme Siech gopfridstutz in so
einen blödsinnigen Bundeshausbetrieb zurückkehrt!"
Die Journalisten haben den weintrinkenden, redefreudigen Bruder gut
beobachtet und konnten in ihrem Beitrag sein lautes Lachen, sein Glucksen
und Quitschen, das den holzgetäferten Raum der Wirtstube füllte,
ausführlich beschreiben. Gerhard Blocher scheint keine Ahnung zu
haben, dass man bei Mediengesprächen erst nachher trinken sollte. Von
einer "off the reccord" oder "on the reccord"- Situation scheint Gerhard
Blocher ebenfalls keine Ahnung zu haben. Möglicherweise ist er so
naiv, dass er nicht einmal weiss, dass auch Printjournalisten - ohne
Kamera - Situationen bildhaft vermitteln können.
Wer in Medien auftritt, müsste wissen, dass der Leser entscheidet,
was im Langzeitgedächtnis haften bleibt.
|