Marcus Knill beurteilt die subjektive Wirkung der Spitzenkandidaten
Spitzenkampf um die beiden Zürcher Ständeratssitze (v.l.):
Alt-Bundesrat Christoph Blocher (SVP) tritt gegen die amtierenden
Ständeräte Verena Diener (GLP) und Felix Gutzwiller (FDP) an.
Die Bisherigen Gutzwiller und Diener, Kandidatin Ingold, Moderator Edgar
Schuler und die Kandidaten Blocher, Glättli, Hany und Hardegger
(v. l.). Foto: Sabina Bobst.
Am 5 Oktober traten die Zürcher Ständeratskandidaten
im "Kaufleuten" gegeneinander an.
Ich habe die Spitzenkandidaten für "Blick am Abend" unter die Lupe
genommen. Hier ist eine ausführlichere Version:
18 Tage vor der Ständeratswahl kreuzten im Kaufleutensaal in
Zürich am Mittwochabend die wichtigsten Kandidaten die Klingen. Die
bisherigen Ständeräte Verena Diener (GLP) und Felix Gutzwiller
(FDP) traten gegen Altbundesrat und
Exnationalrat Christoph Blocher (SVP)) an. Mit von der Partie waren
auch Urs Hany (CVP), Maja Ingold (EVP), sowie Balthasar Glättli
(Grüne) und Thomas Hardegger (SP), die ebenfalls einen Sitz in der
kleinen Kammer ergattern möchten.
Nachfolgend beschränke ich mich in meiner Blitzanalyse in erster
Linie auf die drei Spitzenkandidaten und beleuchte wahrgenommene
Stärken, aber auch Störfelder. Blocher, Diener und Gutzwiller
sind erfahrene und rhetorisch gewandte Debattierer.
Ueberraschend belebte jedoch der Schlagabtausch Glättli- Blocher das
Wahlpodium, das von Edgar Schuler (Tages-Anzeiger) recht gut moderiert
wurde.
- Christoph Blocher:
Vollblutpolitiker Blocher ist und bleibt ein Phänomen. Wie bei
anderen Auftritten, polarisierte er auch in diesem Streitgespräch.
Er provozierte die Gegner und punktete bei seiner #Gemeinde". Von den
zahlreichen Claqueuren der links-grünen Seite liess er sich nicht
irritieren. Es gelang es ihm, trotz vieler rhetorischer Mängel
(konstant zu laute Stimme, falscher Umgang mit dem Handmikrofon usw,)
- seine Kernbotschaft jeweils so zu vermitteln, dass sie das Publikum
nachvollziehen konnte. Blochers Hauptstärke: Er glaubt an das,
was er sagt. Auch wenn er zu lang sprach, hörte ihm das Publikum
aufmerksam zu. Das Publikum spürt, ob die Einstellung und das
Engagement eines Redners mit seiner Botschaft übereinstimmen.
- Verena Diener:
Die Ständerätin hielt sich eine halbe Stunde lang
zurück. Wer nichts sagt, sagt bekanntlich nichts Falsches. Dann
aber sprach sie ruhig, glaubwürdig und bedacht.
Sie suchte keine Konfrontation. Gegenüber Blocher positionierte
sie sich dennoch eindeutig.
Diener überzeugte mich trotz ihres etwas divahaften Verhaltens.
- Felix Gutzwiller:
Der Präventivmediziner gab sich weniger hektisch, als bei
seinen Medienauftritten üblich. Zum Beispiel bei Giaccobbo. Bei
allen heiklen Auftritten wirkt er immer echt. Die spürbare
Zurückhaltung mit den diplomatischen Antworten ist vielleicht auf
die Sandwichsituation (Loyalität gegenüber der Kollegin versus
Vermeidung der Konfrontation mit der SVP) zurückzuführen.
Da die Kandidaten der "zweiten Liga" ebenfalls recht gut argumentierten,
war ein Sieger schwer aus zu machen. Balthasar Glättli zeigte sich
kämpferisch, war dennoch erstaunlich dialogisch. Thomas Hardegger
agierte argumentationstechnisch geschickt und auch Maja Ingold und Urs
Hany durften sich sehen lassen. Dennoch punktete bei mir Felix Gutzwiller
am meisten, er wirkte am glaubwürdigsten.
Nicht nur die zahlreichen lästigen technischen Störungen
waren ärgerlich,
auch die Seitengespräche Dieners und Gutzwillers während der
Diskussion störten.
So vage und unklar die Frage beantwortet werden konnte, wie viel
Geld der Partei für den Wahlkampf zur Verfügung stehe und
wie viel jeder persönlich aufwende, so diffus waren auch viele
Lösungsansätze bei der Ausländer- und Energiefrage. Zu
viele Nebelkerzen wurden gezündet, klare Standpunkte gab es wenige.
Ich achtete vor allem auf die Wirkung und nicht auf die Argumentationen.
Wer überzeugte als Person?