Christophe Darbellay sprach über die SVP als "Sekte der Debilen". Die Journalisten fragten ihn
darauf über diesen Ausdruck. Darbellay versuchte das zuerst abzustreiten, rechtfertigte
sich dann aber, nachdem er offensichtlich das Video angeschaut hatte. Der Fernsehsender strahlte dann
alle drei Versionen des Interviews aus.
Aus der NZZ am Sonntag:
Christophe Darbellay, Einpeitscher, kämpft mit Gedächtnislücken. Sich sicher fühlend im Kreis der
Seinen, bezeichnete der CVP-Präsident die SVP kürzlich an einer
Wahlkampfveranstaltung als "Sekte von Debilen". Der Spruch machte
rasch die Runde, wobei sich Darbellay so lange nicht erinnern konnte, so etwas
je gesagt zu haben, bis ihn Filmaufnahmen eines Walliser Lokalsenders
überführten. Später dann gab er der Hitze des Gefechts die Schuld.
So gesehen kann Darbellay von Glück reden: Die heisse Phase des Wahlkampfs
fällt in den kühlen Herbst.
Wo gearbeitet wird gibt es Fehler. Auch Politiker machen
Fehler - aber bitte nicht die gleichen. Der Parteichef der CVP Christophe
Darbellay setzte sich schon 2009 in die Nesseln, als er gefordert hatte,
für Muslime und Juden keine neuen Friedhöfe zu bewilligen. Nach
dem Medienwirbel folgte eine typische Selbstschutzbehauptung: "Ich habe es
nicht so gemeint." Jeder Kommunikationsfachmann macht den Kunden bewusst:
Massgebend ist nicht das, was der Sender gemeint hat. Ausschlaggebend
ist letztlich immer das, wie es beim Empfänger ankommt. Uebrigens:
Im Herbst 09 bezeichnete Darbellay in der Hitze des Gefechtes den Juso
Präsidenten Cédric Wermuth als "Sektenpräsidenten",
weil dieser in einem Plakat die CVP Bundesrätin mit Blut an den
Händen abgebildet hatte (Es ging um den Export von Kriegsmaterial).
Beim Ausrutscher von Doris Leuthard (auch CVP) mit dem vielbeachteten
Taliban Vergleich (Flughafenstreit mit Deutschland), wollte sie zuerst
diese missglückte Aussage ebenfalls schönreden. Sie fand,
die Worte wären ihr leider nur so herausgerutscht. Dann aber
hatte sie immerhin noch den Mut zu einer halbherzlichen Entschuldigung.
Jetzt kommt es leider bei Christophe Darbellay (Parteipräsident CVP)
schon wieder zu einer verbalen Entgleisung. Er bezeichnete jüngst an
einer Wahlkampfveranstaltung die SVP als "Sekte von Debilen". Der Spruch
machte rasch die Runde, wobei sich Darbellay zuerst nicht daran erinnern
wollte, je so etwas je gesagt zu haben. Erst als ihn Filmaufnahmen eines
Walliser Lokalsenders überführten, folgte seine fragwürdige
Selbstschutzbehauptung, er habe dies nur in der Hitze des Gefechts
gesagt. Dieses Verhalten ist wiederum ein klassisches Fehlverhalten. Der
erneute verbale Ausrutscher kann dem Image und der Glaubwürdigkeit
des Parteipräsidenten, wie auch der CVP schaden, wenngleich er mit
der verbalen Entgleisung bei den SVP Gegnern Punkte holen kann.
Es gibt Politiker, die bewusst provozieren, damit sich angeblich etwas
bewegt (Geissler behauptete beispielsweise, er habe das umstrittene Zitat
"Wollt ihr den totalen Krieg?" im Zusammenhang mit der Auseinandesetzung
Stuttgart 21 bewusst verwendet). Wenn ein Politiker unbedacht (in der
Hitze des Gefechtes) die Nerven verliert und bestimmte Reizwörter
verwendet, muss sich nicht wundern, wenn man die Geister, die man rief,
nicht mehr kontrollieren kann. In meinen Beratungen (Krisenkommunikation,
Führungskommunikation, Umgang mit Stress) vertrete ich stets die
Auffassung: Ein Politiker oder eine Führungspersönlichkeit
darf bei wichtigen Fragen die Nerven nie verlieren. In der Ausbildung
müsste sie gelernt haben: Zuerst stoppen - denken - dann reden. Wer
einfach drauflos redet, bis der Kopf denkt, hat die Hausaufgaben nicht
gemacht. Jeder Pilot lernt im Simulator, in heiklen Stress-Situationen,
bedacht zu handeln. Das heisst: Stoppen- klären - analysieren
und erst dann handeln. Das gilt analog beim Reden, wenn die Emotionen
dominieren: Stoppen und zuerst Gehirn einschalten!
Kommunikationsexperte Marcus Knill wertet den Fall
als "ganz peinlichen Ausrutscher". Die Hitze des Gefechts sei keine
Entschuldigung: "Für einen Profi gilt, dass er auch in einer hitzigen
Situation zuerst denkt, und dann erst spricht." Vor allem hätte sich
Darbellay nicht rausreden dürfen. "Wenn der Mist einmal gebaut
ist, gibt es nur einen Weg: Sofort zugeben und sich entschuldigen. Alles
andere macht die Sache nur noch schlimmer."
Nachtrag vom 5. September, 2011:
Nachtrag Darbellay Der verbale Ausrutscher hätte sich gelohnt, wenn
es nur darum gehen würde, Aufmerksamkeit zu schaffen. Darbellays
unbedachten Worte werden von den Medien gerne aufgenommen:
Aus dem Blick:
Starker Tobak: CVP-Chef Christophe Darbellay bezeichnete an einer
Wahlveranstaltung der Unterwalliser CVP die Konkurrentin SVP als eine
"Sekte von Debilen".
Und nur ein paar Tage zuvor war es die CVP-Bundesrätin Doris
Leuthard , welche süddeutsche Fluglärm-Kritiker als "Taliban"
beschimpft hatte.
Für Politologe Georg Lutz ist klar, dass im Wahlkampf offener gesagt
wird, was man denkt. Trotzdem: "Die Äusserungen der beiden waren
ziemlich unkontrolliert und wahrscheinlich nicht geplant."
Es zeige aber auch, dass man bereit sei, auf Konfrontation zu gehen.
Allerdings: "Wenn man sich wie die CVP staatsmännisch geben will,
dann gehört aber auch dazu, dass man den richtigen Ton trifft und
sich keine verbalen Ausrutscher leistet."
Grundsätzlich sei jeder Politiker gut beraten, wenn er sich nicht
zu tief in der Schublade vergreife.
"Unbedachte Äusserungen haben schon Karrieren gekostet", sagt
Politologe Lutz.
CVP-Sprecherin Marianne Binder wiegelt ab: "Diese Worte sind in der
Hitze des Gefechts gebraucht worden." Es gehöre ganz sicher nicht
zum Wahlkampfstrategie der CVP, andere Parteien auf diese Weise zu
beschimpfen.
Aber: "Bei der SVP hat man sich an diesen Ton gewöhnt", sagt
Binder. Wenn CVP-Leute solche Wörter gebrauchten, schlage das viel
grössere Wellen.
Binder fordert denn auch alle Parteien dazu auf, sich im Ton zu
mässigen. "Hart debattieren ist gut, aber grobe Wörter sind
fehl am Platz", sagt die CVP-Sprecherin.
Das nahm sich offenbar Bundesrätin Doris Leuthard bereits zu Herzen.
Nachdem sie die Fluglärm-Kritiker als Taliban bezeichnet hatte,
entschuldigte sie sich umgehend bei den Betroffenen.
Solche provokativen Wörter waren von der CVP bisher eher
ungewohnt. Am 23. Oktober ist Wahltag - noch viel Zeit, den Ton nochmals
zu verschärfen.