"Schawinski" heisst die neue Talk-Sendung des Schweizer Fernsehens.
Schweizer Fernsehen:
Der renommierte Talk-Master Roger Schawinski hat sich in der "ersten
Talk-Show der Woche" gewohnt provokant gezeigt. Gegrübelt wurde
in der neuen Sendung unter anderem in der Vergangenheit seines ersten
Gesprächspartners, des bekanntesten Schweizer Privatbankiers
Konrad Hummler.
Engagiert, kontrovers und fundiert. Die im Sendungs-Portrait
aufgelisteten Attribute charakterisierten tatsächlich die Diskussion
zwischen Schawinski und Hummler.
Mit Zitaten aus Hummlers Kommentaren in verschiedenen Medien versuchte
Schawinski ihn aus der Reserve zu locken. Gleich zu Beginn bediente
sich der 66-jährige Talker gar einer nicht bekannten Geschichte aus
der Vergangenheit des heutigen Familienvaters. Schawinski betitelte ihn
daraufhin in leicht ironischem Ton als Rechtsextremen.
Hummler liess sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen. Er tat die
Anekdote rund um eine Anti-Vietnam-Demonstration im Jahre 1968 mit einem
Lächeln als "gut erfunden".
Aus dem
Schweizer Fernsehen:
Jeden Montag um 22.55 Uhr lädt Roger Schawinski
führende Exponenten aus Politik und Wirtschaft zu einem engagierten,
kontroversen und fundierten Gespräch. Mit "Schawinski" wartet auf
das Fernsehpublikum ein energiegeladener Polit-Talk auf Augenhöhe.
Bleibt Schawinski Schawinski ?
Roger Schawinski im Gespräch mit Konrad Hummler, dem wichtigsten
Privatbankier der Schweiz In der ersten Sendung diskutiert Roger
Schawinski mit Konrad Hummler, dem geschäftsführenden Teilhaber
der Privatbank Wegelin & Co. und Verwaltungsratspräsidenten der NZZ.
Zahlreiche Analytiker werden sich vor der neuen Sendung Sendung gefragt
haben: Wie interviewt der erfahrene Talker beim Schweizer Fernsehen? Hakt
er mit seinen Fragen gleich hart nach, wie früher bei Tele24/Tele
Züri? Roger Schawinski war für mich immer - auch bei Radio1 -
auf vier Ebenen sehr stark:
- Er ist Generalist, bereitet sich meist inhaltlich gut vor und hat ein gutes Allgemeinwissen.
- Er ist ein Schnelldenker, unterbricht oft und hat die Tendenz, jedes
Gespräch zu beschleunigen.
- Er ist sehr direkt, spricht
Klartext, redet nicht um den Brei herum
d.h. Er will Sachverhalte auf den Punkt bringen. Wer ausweicht,
quasselt und Aussagen einschäumt, hat bei ihm einen schweren Stand.
- Er provoziert das Gegenüber, indem er bewusst Gegenthesen
einnimmt. Er testet damit den Gast, ob seine Argumente wasserdicht sind.
Der Auftakt mit Privatbanker Konrad Hummler wurde mit grossem Interesse verfolgt.
Es war ein typische Schawinski-Show. Der Interviewer zog die
üblichen typischen Register. Schawinski blieb Schawinski.
Die Wahl des Gesprächspartner wählte Schawi sicherlich für
die Pilotsendung gezielt aus, d.h. bei der Pilotsendung wollte er bewusst
keinen Promi. Dafür aber als Gast einen Banker mit Einfluss,
der sehr jedoch gut in die aktuelle politische Themenlandschaft passt.
Hummler konnte sich während
des Interviews
nicht zurücklehnen. Doch liess er sich von provozierenden Fragen und
Gegenthesen offensichtlich nicht irritieren.
Schawinski wollte etwas von seinem Vorbild Frank Plasberg von "Hart,
aber fair" zeigen, wirkte jedoch trotz der Nervosität
souverän. Immer "hart in der Sache"
aber doch etwas dialogischer mit dem Gegenüber.
Möglich, dass es auch an Hummler lag, der bei
der Wahrheitsfindung mitmachte und fähig war, das was er denkt,
konkret auf den Punkt zu bringen. Leider wurde er zu oft unterbrochen.
Schwawinski können eigentlich nur Gesprächsverweigerer,
Flüchter, Besserwisser irritieren oder Frauen mit einer
Charmeoffensive. Hummler hatte wahrscheinlich für Schawinski ein
ideales Profil, weil er sich nicht rhetorisch durchzumogeln versuchte.
Hummler punktete dank seiner Ruhe und seines Humors.
Immer wieder gelang es dem Interviewten, die spürbare Hektik und
Nervosität des Fragers zu dämpfen. Das wirkte wohltuend.
Der grosse Beachtung der ersten Sendung hat viel mit dem
Selbstwertgefühl des erfahrenen Profi - Interviewers zu
tun. Schawinski glaubt immer an sich! Wenn er talkt, benimmt er sich
wie ein Fisch im Wasser. Mitunter wird ihm zwar vorgeworfen, er halte
sich für den Grössten. Doch in diesem Geschäft darf ein
Talker ein starkes Selbstbewusst sein haben.
Das Format am runden Tisch überzeugte. Schawinskis W im Schriftzug
entspricht übrigens dem Powerknopf der Fernbedienung. Wenn
nun künftig das Publikum zur späten Stunde am Bildschirm
verweilen soll, ist Power unbedingt notwendig. Aber nicht in dieser
Art und Weise des Fragens. Bei der zu hohen Kadenz der Fragekaskade,
besteht vor allem die Gefahr eines Ueberangebotes von Themen. In diesem
Fall kam es zu einer Ueberfülle von Fachbereichen wie: Finanzkrise,
Börsenkurs, Schulden, Aktien, Anlagetipps usw.
Die Vertiefung einer Kernfrage, beispielsweise über den starken Franken, ist bei dieser Themenschwemme ausgeschlossen.
Das Studio und die Anordnung der Gäste sind genau
gleich wie vor 14 Jahren bei SRF. Leuteneggers Sendung dauert zwar
nur 54 Minuten, anstelle von 75 Minuten bei SRF. Ausserdem wird sie
immer wieder durch Werbung unterbrochen. Für Christoph Blocher
ist die neue (eigentlich alte) Arena genau das richtige Format. "Die
Arena, geführt von Filippo Leutenegger macht Spass. So muss diese
Sendung sein! Sie ist zwar konfrontativ, aber richtig geführt und
schafft einen Spannungsbogen über die ganzen 54 Minuten." Blocher
gefällt, dass die "Themen nicht nur angeschnitten, sondern
vertiefend diskutiert werden". Und er sagt: "Im Gegensatz zur
SRF-Arena fallen sich die Teilnehmer gegenseitig weniger ins Wort."
Etwas vorsichtiger äussert sich Fulvio Pelli. Er will keine klare
Wertung vornehmen. "Jeder Journalist hat einen eigenen Stil", sagt er
auf Anfrage von persoenlich.com. "Das Diskussionsergebnis ist wichtig und
dieses war meiner Meinung nach interessant für das Publikum." Doch
auch Pelli scheint Leuteneggers Kopie zu gefallen, denn beim Original vom
Schweizer Fernsehen ortet er einen gewichtigen Mangel: "Es gibt dort immer
zu viele mitdiskutierende Leute. Das haben wir den Verantwortlichen bei SF
auch schon gesagt: Weniger Leute vorne und auch weniger Leute hinten, das
wäre besser." Und Pelli fügt an: "Generell kommt es vor allem
auf die Zusammensetzung der Gäste an, nicht nur der moderierende
Journalist ist wichtig." Schliesslich bleibt die Frage, inwiefern sich
denn für einen Politiker ein Auftritt in "Filippos Politarena"
lohnt. Denn die Sendung ist zwar im Internet verfügbar und wird
über Sat1 Schweiz, Telebärn, Tele M1, Tele Südostschweiz,
das Schaffhauser Fernsehen und Star TV ausgestrahlt. Für Pelli lohnt
sich die Teilnahme. Er sagt: "Eine Partei mitten im Wahlkampf will alle
Leute erreichen. Dabei sind Regionalsender manchmal wichtiger als die
Sender der SRG. Ob sich Leuteneggers Arena für die Veranstalter
lohnt, das ist nicht mein Problem. Aber für uns Politiker lohnt es
sich, daran teilzunehmen."
So wie Schawinski in der neuen Sendung im Schweizer Fernsehen Schawinski
geblieben ist, so erinnerte uns bei Filippos Politarena der Moderator
auch stark an die alten Zeiten seiner Dompteurarbeit in der ersten
ARENA des Schweizer Fernsehens. Filippo blieb sich treu. Im Gegensatz zu
Schawinski beschränkte er sich auf nur zwei Themen. Dies führte
zwangsläufig zu einem grösserem Tiefgang.
Ich hatte auch das Gefühl, dass die Anordnung der Sendung
recht zuhörerfreundlich ist, indem die wenigen Akteure nicht
ständig wechselten. Es ist zu hoffen, dass das Schweizer Fernsehen
erkennt, dass bei der neuen ARENA künftig auch wieder vermehrt
konträre Meinungen zugelassen werden und das prognostizierte
neue Konzept fallen gelassen wird. Es war zu lesen, dass bei der ARENA
dominierende Persönlichkeiten zu Gunsten der Mitteparteien vermehrt
zurückgebunden werden sollten.
Der Einbezug von Zuhörerbemerkungen finde ich wertvoll.
Vermutlich wird Filippo dank der Verbreitung über
Lokalsender und Internet eine stattliche Zuhörerschaft
sichern können. Wir haben dies bei Tele Blocher gesehen. Tele
Blocher ist gleichsam eine wöchentliche Pressekonferenz eines
Alt-Bundesrates. Erstaunlicherweise wird diese Sendung von den meisten
Journalisten akribisch mitverfolgt und regelmässig kommentiert. Wer
es fertig bringt, im Internet mediengerecht zu argumentieren, erzielt
einen Dominoeffekt. Er wird von den anderen Medien gespiegelt und kann
auch ohne Auftritt im Staatsfernsehen die Themenagenda mitbestimmen.
Es wird sich bestätigen: Gegenseitige Konkurrenz wird die
Qualität von Sendungen positiv beeinflussen.