Rhetorik.ch

Knill+Knill Kommunikationsberatung

Knill.com
Aktuell Artikel Artikel Inhaltsverzeichnis Suche in Rhetorik.ch:

www.rhetorik.ch aktuell: (26. Aug, 2011)

Schawinski bleibt Schawinski

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
"Schawinski" heisst die neue Talk-Sendung des Schweizer Fernsehens. Schweizer Fernsehen:

Der renommierte Talk-Master Roger Schawinski hat sich in der "ersten Talk-Show der Woche" gewohnt provokant gezeigt. Gegrübelt wurde in der neuen Sendung unter anderem in der Vergangenheit seines ersten Gesprächspartners, des bekanntesten Schweizer Privatbankiers Konrad Hummler. Engagiert, kontrovers und fundiert. Die im Sendungs-Portrait aufgelisteten Attribute charakterisierten tatsächlich die Diskussion zwischen Schawinski und Hummler. Mit Zitaten aus Hummlers Kommentaren in verschiedenen Medien versuchte Schawinski ihn aus der Reserve zu locken. Gleich zu Beginn bediente sich der 66-jährige Talker gar einer nicht bekannten Geschichte aus der Vergangenheit des heutigen Familienvaters. Schawinski betitelte ihn daraufhin in leicht ironischem Ton als Rechtsextremen. Hummler liess sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen. Er tat die Anekdote rund um eine Anti-Vietnam-Demonstration im Jahre 1968 mit einem Lächeln als "gut erfunden".
Aus dem Schweizer Fernsehen:

Jeden Montag um 22.55 Uhr lädt Roger Schawinski führende Exponenten aus Politik und Wirtschaft zu einem engagierten, kontroversen und fundierten Gespräch. Mit "Schawinski" wartet auf das Fernsehpublikum ein energiegeladener Polit-Talk auf Augenhöhe. Bleibt Schawinski Schawinski ? Roger Schawinski im Gespräch mit Konrad Hummler, dem wichtigsten Privatbankier der Schweiz In der ersten Sendung diskutiert Roger Schawinski mit Konrad Hummler, dem geschäftsführenden Teilhaber der Privatbank Wegelin & Co. und Verwaltungsratspräsidenten der NZZ.
Zahlreiche Analytiker werden sich vor der neuen Sendung Sendung gefragt haben: Wie interviewt der erfahrene Talker beim Schweizer Fernsehen? Hakt er mit seinen Fragen gleich hart nach, wie früher bei Tele24/Tele Züri? Roger Schawinski war für mich immer - auch bei Radio1 - auf vier Ebenen sehr stark:
  1. Er ist Generalist, bereitet sich meist inhaltlich gut vor und hat ein gutes Allgemeinwissen.
  2. Er ist ein Schnelldenker, unterbricht oft und hat die Tendenz, jedes Gespräch zu beschleunigen.
  3. Er ist sehr direkt, spricht Klartext, redet nicht um den Brei herum d.h. Er will Sachverhalte auf den Punkt bringen. Wer ausweicht, quasselt und Aussagen einschäumt, hat bei ihm einen schweren Stand.
  4. Er provoziert das Gegenüber, indem er bewusst Gegenthesen einnimmt. Er testet damit den Gast, ob seine Argumente wasserdicht sind.
Der Auftakt mit Privatbanker Konrad Hummler wurde mit grossem Interesse verfolgt. Es war ein typische Schawinski-Show. Der Interviewer zog die üblichen typischen Register. Schawinski blieb Schawinski. Die Wahl des Gesprächspartner wählte Schawi sicherlich für die Pilotsendung gezielt aus, d.h. bei der Pilotsendung wollte er bewusst keinen Promi. Dafür aber als Gast einen Banker mit Einfluss, der sehr jedoch gut in die aktuelle politische Themenlandschaft passt.

Hummler konnte sich während des Interviews nicht zurücklehnen. Doch liess er sich von provozierenden Fragen und Gegenthesen offensichtlich nicht irritieren. Schawinski wollte etwas von seinem Vorbild Frank Plasberg von "Hart, aber fair" zeigen, wirkte jedoch trotz der Nervosität souverän. Immer "hart in der Sache" aber doch etwas dialogischer mit dem Gegenüber. Möglich, dass es auch an Hummler lag, der bei der Wahrheitsfindung mitmachte und fähig war, das was er denkt, konkret auf den Punkt zu bringen. Leider wurde er zu oft unterbrochen.

Schwawinski können eigentlich nur Gesprächsverweigerer, Flüchter, Besserwisser irritieren oder Frauen mit einer Charmeoffensive. Hummler hatte wahrscheinlich für Schawinski ein ideales Profil, weil er sich nicht rhetorisch durchzumogeln versuchte.

Hummler punktete dank seiner Ruhe und seines Humors. Immer wieder gelang es dem Interviewten, die spürbare Hektik und Nervosität des Fragers zu dämpfen. Das wirkte wohltuend.

Der grosse Beachtung der ersten Sendung hat viel mit dem Selbstwertgefühl des erfahrenen Profi - Interviewers zu tun. Schawinski glaubt immer an sich! Wenn er talkt, benimmt er sich wie ein Fisch im Wasser. Mitunter wird ihm zwar vorgeworfen, er halte sich für den Grössten. Doch in diesem Geschäft darf ein Talker ein starkes Selbstbewusst sein haben.

Das Format am runden Tisch überzeugte. Schawinskis W im Schriftzug entspricht übrigens dem Powerknopf der Fernbedienung. Wenn nun künftig das Publikum zur späten Stunde am Bildschirm verweilen soll, ist Power unbedingt notwendig. Aber nicht in dieser Art und Weise des Fragens. Bei der zu hohen Kadenz der Fragekaskade, besteht vor allem die Gefahr eines Ueberangebotes von Themen. In diesem Fall kam es zu einer Ueberfülle von Fachbereichen wie: Finanzkrise, Börsenkurs, Schulden, Aktien, Anlagetipps usw. Die Vertiefung einer Kernfrage, beispielsweise über den starken Franken, ist bei dieser Themenschwemme ausgeschlossen.
Aus Persoenlich.ch:
Das Studio und die Anordnung der Gäste sind genau gleich wie vor 14 Jahren bei SRF. Leuteneggers Sendung dauert zwar nur 54 Minuten, anstelle von 75 Minuten bei SRF. Ausserdem wird sie immer wieder durch Werbung unterbrochen. Für Christoph Blocher ist die neue (eigentlich alte) Arena genau das richtige Format. "Die Arena, geführt von Filippo Leutenegger macht Spass. So muss diese Sendung sein! Sie ist zwar konfrontativ, aber richtig geführt und schafft einen Spannungsbogen über die ganzen 54 Minuten." Blocher gefällt, dass die "Themen nicht nur angeschnitten, sondern vertiefend diskutiert werden". Und er sagt: "Im Gegensatz zur SRF-Arena fallen sich die Teilnehmer gegenseitig weniger ins Wort." Etwas vorsichtiger äussert sich Fulvio Pelli. Er will keine klare Wertung vornehmen. "Jeder Journalist hat einen eigenen Stil", sagt er auf Anfrage von persoenlich.com. "Das Diskussionsergebnis ist wichtig und dieses war meiner Meinung nach interessant für das Publikum." Doch auch Pelli scheint Leuteneggers Kopie zu gefallen, denn beim Original vom Schweizer Fernsehen ortet er einen gewichtigen Mangel: "Es gibt dort immer zu viele mitdiskutierende Leute. Das haben wir den Verantwortlichen bei SF auch schon gesagt: Weniger Leute vorne und auch weniger Leute hinten, das wäre besser." Und Pelli fügt an: "Generell kommt es vor allem auf die Zusammensetzung der Gäste an, nicht nur der moderierende Journalist ist wichtig." Schliesslich bleibt die Frage, inwiefern sich denn für einen Politiker ein Auftritt in "Filippos Politarena" lohnt. Denn die Sendung ist zwar im Internet verfügbar und wird über Sat1 Schweiz, Telebärn, Tele M1, Tele Südostschweiz, das Schaffhauser Fernsehen und Star TV ausgestrahlt. Für Pelli lohnt sich die Teilnahme. Er sagt: "Eine Partei mitten im Wahlkampf will alle Leute erreichen. Dabei sind Regionalsender manchmal wichtiger als die Sender der SRG. Ob sich Leuteneggers Arena für die Veranstalter lohnt, das ist nicht mein Problem. Aber für uns Politiker lohnt es sich, daran teilzunehmen."
So wie Schawinski in der neuen Sendung im Schweizer Fernsehen Schawinski geblieben ist, so erinnerte uns bei Filippos Politarena der Moderator auch stark an die alten Zeiten seiner Dompteurarbeit in der ersten ARENA des Schweizer Fernsehens. Filippo blieb sich treu. Im Gegensatz zu Schawinski beschränkte er sich auf nur zwei Themen. Dies führte zwangsläufig zu einem grösserem Tiefgang. Ich hatte auch das Gefühl, dass die Anordnung der Sendung recht zuhörerfreundlich ist, indem die wenigen Akteure nicht ständig wechselten. Es ist zu hoffen, dass das Schweizer Fernsehen erkennt, dass bei der neuen ARENA künftig auch wieder vermehrt konträre Meinungen zugelassen werden und das prognostizierte neue Konzept fallen gelassen wird. Es war zu lesen, dass bei der ARENA dominierende Persönlichkeiten zu Gunsten der Mitteparteien vermehrt zurückgebunden werden sollten. Der Einbezug von Zuhörerbemerkungen finde ich wertvoll. Vermutlich wird Filippo dank der Verbreitung über Lokalsender und Internet eine stattliche Zuhörerschaft sichern können. Wir haben dies bei Tele Blocher gesehen. Tele Blocher ist gleichsam eine wöchentliche Pressekonferenz eines Alt-Bundesrates. Erstaunlicherweise wird diese Sendung von den meisten Journalisten akribisch mitverfolgt und regelmässig kommentiert. Wer es fertig bringt, im Internet mediengerecht zu argumentieren, erzielt einen Dominoeffekt. Er wird von den anderen Medien gespiegelt und kann auch ohne Auftritt im Staatsfernsehen die Themenagenda mitbestimmen. Es wird sich bestätigen: Gegenseitige Konkurrenz wird die Qualität von Sendungen positiv beeinflussen.

Rhetorik.ch 1998-2011 © K-K Kommunikationsberatung Knill.com