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www.rhetorik.ch aktuell: (04. Aug, 2011)

Verhoerrhetorik bei Breivik

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Es gehört zur Verhörtaktik bei Grössenwahnsinnigen: die Ermittler müssen den Massenmörder glauben lassen, ihn zu bewundern, um mehr zu erfahren. Vor allem wollen die Ermittler wissen, ob Mittäter vorhanden sind. Aus dem Blick:
Der 32-Jährige wird in einem Raum der Polizeistation Grønland in Oslo befragt. Anwesend sind dabei lediglich sein Anwalt Geir Lippestad sowie der polizeiliche Leiter des Verhörs. In einem Nebenraum schauen sich weitere Ermittler das Gespräch via Videoleinwand an. Ihr Problem: Breivik redet gerne, er ist gewandt und kooperativ - doch seine Aussagen beziehen sich stets auf sein Manifest, seinen wirren "Krieg". Was sie jedoch interessiert sind nicht seine Selbstdarstellungen als "Kreuzritter", sondern mögliche Hintermänner oder Helfer. Breivik behauptet, es gäbe in Skandinavien zwei weitere "Terrorzellen". Hirngespinste? Um das herauszufinden, so erklärt Sven Christianson im "Dagbladet", müssen die Beamten ihre Verhörtaktik der Psyche Breiviks anpassen. Christianson ist Professor für Forensische Psychologie. Bei ihm lernen Norwegische Ermittler die nötige Technik, um Kriminelle zum Reden zu bringen. Bei Breivik macht er Verfolgungs- und Grössenwahn aus. Das heisst für die Ermittler: Professionelle Distanz und ein neutraler Ton bringen mehr, als einfühlsame Nähe. Breivik soll sich sicher fühlen. Er soll denken, dass er ernst genommen wird. Breivik will angeben mit seiner Tat. Lässt man sich davon nicht provozieren und lässt ihn reden, wird ihn das dazu verleiten, immer mehr von sich preis zu geben. Breivik will bewundert werden. Gelingt es den Vermittlern, dies zu vermitteln, so werden sie die ideologische Mauer des 32-Jährigen durchbrechen. Und auch dies sagt Christianson voraus: Die Isolationshaft wird Breivik früher oder später brechen. Als Narziss braucht er ein Publikum als Projektionsfläche für seine Selbstverliebtheit. Bleibt dieses aus, fällt das Fantasiegebilde, das er um sich und seine Tat aufgebaut hat in sich zusammen - Breivik wird sich als das sehen, was er ist. Ein Massenmörder.
Nachtrag aus dem Blick vom 6. August:
Reue aber zeige er in keinster Weise, so Breiviks Anwalt gegenüber der norwegischen Zeitung "VG". "Er geht davon aus, dass die heutige Gesellschaft seine Taten verdammt. Doch er glaubt auch, dass er jetzt viele Anhänger gefunden hat." Breivik hat den Anwalt offenbar auch gebeten, das über 1500-seitige Manifest seiner kranken Sicht auf die Welt und die Gesellschaft weiter zu verbreiten. "Ich habe ihm sehr deutlich gesagt, dass ich das nicht tun werde", so Lippestad.

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