Konkurrenz zur Arena
Rhetorik.ch Artikel zum Thema: |
|
Die ARENA des Schweizer Fernsehens bekommt bald Konkurrenz.
Aus der Sonntagszeitung:
Filippo Leutenegger fordert im Herbst auf Sat 1 das Schweizer Fernsehen
heraus. Der Privatsender Sat 1 Schweiz startet im Wahlherbst mit einer
Konkurrenzsendung zur "Arena" des Schweizer Fernsehens. Brisant:
Moderator wird der ehemalige SF-Chefredaktor und Ex-"Arena"-Dompteur
Filippo Leutenegger, der als FDP-Vertreter im Nationalrat sitzt und
wieder kandidieren wird.
Die Sendung wird Mitte August 2011 bis Mitte Oktober 2011 in acht Staffeln
jeweils am Mittwochabend ausgestrahlt, wie Leutenegger bestätigt. Die
Folgen werden im Raum Zürich aufgezeichnet und sollen unter dem Titel
"Filippos Politarena" laufen. Leutenegger: "Wir machen eine Wahlarena. Mit
dem zusätzlichen Informations- und Diskussionsangebot wollen wir
den publizistischen Wettbewerb bereichern."
Das Konzept stammt von Filippo Leutenegger und Mike Gut,
Geschäftsführer Prosieben Schweiz und Sat 1 Schweiz,
und orientiert sich an der "Arena", die Leutenegger bis 1999 beim
Schweizer Fernsehen moderierte. Politische Leithammel sollen sich einen
publikumsträchtigen Schlagabtausch liefern. Dazu werden 40 bis
50 Studiogäste eingeladen, darunter Politiker, die in der zweiten
Reihe stehen. Geplant sind Sendungen zu den "grossen Wahlkampfthemen",
wie Leutenegger sagt: "Konkordanz, Bundesratszusammensetzung und die
wichtigen Sachthemen der kommenden Legislatur wie zum Beispiel Energie
oder Migration." Leutenegger will einen Beitrag zur "Meinungsbildung und
Meinungsvielfalt in der Schweiz" leisten. Wenn das klappen soll, muss er
die politischen Schwergewichte in die Sendung bringen, die nötig
sind, damit seine "Arena" für die Zuschauer attraktiv wird. Ob er
das schafft, ist unklar, denn die Übungsanordnung mit Leutenegger,
der als Gesprächsleiter gleichzeitig Partei ist, ist heikel. Manche
könnten "Filippos Politarena" meiden, um dem Kandidaten Leutenegger
keine Wahlkampfarena in eigener Sache zu bieten. Dass Leutenegger als
Medienstratege seiner Partei diese bevorzugen könnte, gibt der Sache
ebenfalls Brisanz. Von alledem will Leutenegger nichts wissen. Zwar
habe es noch keine Kontakte zu möglichen Gästen gegeben, doch:
"Ich bin zuversichtlich, dass die wichtigen politischen Akteure in meine
Sendung kommen werden." Die "Arena" werde fair sein, garantiert er: "Man
kennt meine Professionalität. Ich bin es gewohnt, mein politisches
Mandat und meine journalistische Tätigkeit zu trennen."
Sat 1 hat laut Leutenegger "Absichtserklärungen von
mehreren interessanten Schweizer Regionalsendern, welche die
?Arena? übernehmen wollen". Das soll die nötige Reichweite
für den Frontalangriff auf das SRF-Format gewährleisten;
der Zeitpunkt dafür passt: Der von SRF-Superdirektor Ruedi Matter
verfügte Softkurs - grössere Talkrunden, Unterbrechung
durch Einspielfilme, zurückhaltende Moderation - konnte den
Quotenrückgang nicht stoppen. Betrug 2009 der Marktanteil 25 Prozent,
sind es dieses Jahr noch 22 Prozent. Mancher Zuschauer wünscht sich
die Duelle der Ära Leutenegger zurück. Über Kosten seines
Projekts will dieser nicht reden; aber er beteuert, dass die Sendung durch
das reguläre Sat-1-Budget und die Werbung sowie den Weiterverkauf
an Regionalsender getragen werde. Ausserdem verzichte er auf ein Honorar.
Filippo Leutenegger hat bewiesen, dass er eine ARENA professionell,
moderat und neutral moderieren kann. Doch besteht die Gefahr, dass er als FDP
Parteimitglied und Nationalrat das neue Image nicht einfach ablegen
kann. Man weiss: Image schlägt Fakten. Wenngleich Leutenegger die
Sache korrekt macht, könnten die Zuschauer seine Tätigkeit
gefärbt aufnehmen. Bei der ARENA war nach dem Rücktritt von Reto
Brennwald die Gefahr da, dass sie an Biss einbüssen werde und zur Plauderrunde
verkommt, zumal angekündigt wurde, dass man nicht mehr so
polarisieren möchte und bei den Diskutanten die Mitte vermehrt
berücksichtigen will. Echte Dialoge und themenvertiefende Sendungen sind zwar
wertvoll; Die ARENA ist und bleibt aber eine ARENA mit einem Ring -
bei dem im "Sägemehl" duelliert wird. Bei diesem Sendegefäss
wird debattiert, und dieser Schlagabtausch produziert Sieger und Verlierer.
Der Moderator als Schiedsrichter setzt die Spielregeln durch.
Die jüngsten Sendungen zeigen aber, dass die Sendeverantwortlichen nicht
beabsichtigen eine Soft- oder Kuschelrunde zu produzieren.
Sinkende Einschaltquoten beeinflussen automatisch das Konzept
positiv. Bei Streitgesprächen werden wieder Akteure
eingeladen werden, die Klartext reden. Ein vorbildliche Sendung
beim WDR ist "hart aber fair" mit Frank Plasberg.
Jede Konkurrenz belebt das Geschäft. Das Schweizer Fernsehen und SAT1
werden künftig das Modell ARENA wieder als ARENA ernster nehmen.
Die Qualität bei beiden Sendegefässt wird durch die Konkurrenz
verbessert. Die Gefahr, dass gewisse Parteien geschnitten
oder bestimmte Politiker ausgeklammert werden, wird durch die Konkurrenz geringer.
Filippo Leutenegger verzichtete nur der Sache wegen auf ein Salair,
zumal er als Nationalrat zusätzlich bezahlt wird und er als FDP
Mitglied kein Abzocker sein will. Doch seine Gegner könnten
dieses Entgegenkommen auch negativ auslegen: er mache dies nur, damit er wieder
Bildschirmpräsenz hat.
Die Ankündigung einer ARENA unter Nationalrat
Leutenegger hat wie der Schlag in ein Wespennest gewirkt. Es kam zu
einem Medienwirbel. Politiker überlegen sich, ob sie Leutenegger
nicht boykottieren sollten. Das Bundesamt für Kommunikation wird
prüfen, ob die Moderation eines Politikers nicht einer Schleichwerbung
gleich kommt. Wie bei Tele Blocher hat der Presserat Bedenken, ob auch
diese ARENA unter der Moderation Leutenegger rechtens ist.
Gespannt warten wir die Resultate der Untersuchungen ab.