Micheline Calmy-Rey versteht es seit Jahren, die Medien zu nutzen. Immer
wieder schafft sie es, sich mit einem ungewöhnlichen Ereignis
ins Rampenlicht zu stellen. Es gab zahlreiche fragwürdigen
Auftritte (mit dem Schleier, oder als Sängerin). Vielleicht ist
sie vom Virus "Mediengeilheit" bereits infiziert. Sie trat in zu viele
Fettnäpfchen. Im Umgang mit Journalisten gilt sie als sehr charmant,
kritische Artikel liest sie ungern, tut jedoch so, als mache es ihr
nichts aus. Bestimmte Medien, wie beispielsweise die Weltwoche, schneidet
sie. Wenn kritische Fragen gestellt werden, reagiert sie ungehalten
und nervös. Ihr Budget für Kommunikation beträgt
7 Mio. Franken. Micheline Calmy-Rey hat sich das aufgesetzte und
störende Zähne zeigende "Beisslachen" abgewöhnt. Bei vielen
Aufnahmen wirkt die früher so beliebte Bundesrätin heute recht
hart. Dieses Bild entspricht ihrer Hartnäckigkeit, dank der sie so
erfolgreich war. Die Gefahr besteht leider, dass die Hartnäckigkeit
zur Sturheit mutiert. Auf den meisten Bundesratsportraits verschränkt
sie auf den Fotos die Arme. Ich verzichte an dieser Stelle auf eine
Interpretation dieses Ver-HALTENs. Bei der letzten schlechten Wahl zeigte
sich vor allem beim Parlament, dass die frühere Sympathiewelle
verebbt ist, zum Teil auch bei den Medien. Bei den Medienauftritten
wird man das Gefühl nicht los, dass sie nicht alles so sagt, wie
sie es meint.
Zu Wirtschaftminister Johann Schneider-Ammann: Als Patron und
Werkplatzvertreter war er vor der Wahl zum Bundesrat lang der Liebling
der Medien. Als Bundesrat steht er nun in der Gunst der Medien eher im
Gegenwind und Kritik macht sich breit: Man beanstandet bei ihm mangelnde
Offenheit. Es ist von ihm weder viel zu hören noch zu sehen oder
zu lesen, obwohl er 11,9 Mio. für Kommunikation ausgibt. Corinne
Mauch, die Stadtpräsidentin von Zürich, wurde durch ihre
zu grosse Medienscheu als "graue Maus" bezeichnet. Schneider-Ammann
muss aufpassen, dass er im Bundesrat nicht als "Farbloser" in die
Geschichte eingeht. Im Umgang mit Medien ist und bleibt es eine Kunst,
das Gleichgewicht zwischen proaktivem und zurückhaltendem Verhalten
zu finden. Rhetorisch fällt beim Wirtschaftsminister auf, dass
bei ihm etwas mit dem Sprechfluss nicht stimmt. Das abgehackte Sprechen
signalisiert Unsicherheit.
Justizministerin Simonetta Sommaruga hatte schon vor der Wahl
ein professionelles und unproblematisches Verhältnis zu den
Journalisten und den Medien. Sie kennt den Nutzen einer durchdachten
Medienstrategie. Mit den bescheidenen Kosten von 4,4 Mio. Franken für
Kommunikation holt sie das Optimum heraus. In einer meiner Analysen
stellte ich fest, dass die Justizministerin jeden Medienauftritt ernst
nimmt und nie ohne bedachte Kernbotschaft spricht. In der Sache ist die
Justizministerin hart. Als Person hingegen verbindlich, dialogisch. Das
entspricht dem bewährten Harvard Prinzip.
Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf hat einen gewaltigen Schritt nach
vorn gemacht. Nach der Abwahl Blochers wirkte sie zuerst gezeichnet und
unsicher. Seit ihren fachlichen Erfolgen (Wir erinnern uns an den guten
Job, den sie Stellvertreterin des kranken Kollegen Merz gemacht hat),
auch jetzt als Finanzministerin, überzeugt sie viel besser. Für
die Kommunikation benötigt Widmer-Schlumpf 9,6 Mio. Franken.
Innenminister Didier Burkhalter ist unverkrampft im Umgang mit den Medien.
Er nimmt die Journalisten ernst (analog Ex-Bundesrat Ogi) und pflegt den
Umgang mit ihnen. Er kennt jeden Einzelnen mit Namen und begrüsst
sie per Handschlag. Der Innenminister ist zwar zurückhaltend mit
Interviews. Er gibt für die Kommunikation so viel aus wie Schneider-
Ammann, sein Image ist aber wesentlich besser. Mit seiner freundlichen
ruhigen Art kommt er in der Medienwelt gut an. Die Zurückhaltung
wird bei ihm nicht als störend empfunden. Burkhalters bewährte
Devise: Nur Reden, wenn man etwas zu sagen hat.
Medienministerin Doris Leuthard hat in einem Treffen mit Chefredaktoren
deutliche Vorbehalte zur Medienberichterstattung geäussert. Sie
konnte es sich leisten, hat sie doch als telegene Politikerin einen Bonus.
Ihre unbeschwerte Art wird von den elektronischen Medien geschätzt.
Das auffallende Augenaufreissen in Stress-Situationen hatte sie sich
dieses Jahr abgewöhnt. Für die Kommunikation gibt sie 12
Mio. Franken aus. Ihre Medienpräsenz ist recht gross.
Verteidigungsminister Ueli Maurer war schon als Parlamentarier
eloquent im Umgang mit Medien und Kritik. Seine harten Worte vor
versammelten Verlegern bleiben unvergesslich: "Die Medien pfuschen,
vermischen und kuscheln". Kein anderer Bundesrat hat die Medien
je so hart angegangen. Allerdings erlebte ich Maurer im Umgang mit
Journalisten als einen Politiker, der den Zugang zu den Medien leicht
findet. Er wird von den meisten Journalisten geschätzt, weil er
mediengerecht spricht. Was Maurer gar nicht leiden kann ist, wenn die
Medien in seine Privatsphäre einzudringen versuchen oder wenn ihm
etwas unterstellt wird. Als 1999 Roger Schawinski im Sonntalk Ueli Maurer
"Parteipräsident von Blochers Gnaden" genannt hatte, verliess er
das Studio von Tele24. Vor kurzem hat Maurer als Bundesrat gesagt,
er habe das damals geplant und nicht im Affekt gehandelt. Bei Ueli
Maurer fühlt man stets seine Befindlichkeit. Er kann sich nicht gut
verstecken. Die vielleicht damals nicht ernst gemeinte Aussage von "der
besten Armee der Welt" war für mich zu unbedacht. Spontane Ironie vor
Mikrofon und Kamera wird bekanntlich meist missverstanden. Die Kosten
für Kommunikation sind recht hoch: 14,2 Mio. Franken. Man wirft
dem Chef VBS vor, er beschäftige zu viele Kommunikationsberater
und Kommunikationsspezialisten.