Rhetorik.ch

Knill+Knill Kommunikationsberatung

Knill.com
Aktuell Artikel Artikel Inhaltsverzeichnis Suche in Rhetorik.ch:

www.rhetorik.ch aktuell: (04. Jun, 2011)

Blocher gegen Pelli

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:


Pelli
Blocher
Longchamps


Quelle
In der Regel können Politiker mit Druckmitteln die Medien beeinflussen. In der letzten Arena mit Pelli und Blocher hat das Fernsehen dem Druck nicht nachgegeben und in Kauf genommen, dass die anderen Parteichefs die Arena boykottierten. Dies zeugt von Eigenständigkeit und lässt vermuten, dass unter dem neuen Chef De Weck die Programmmacher gestützt werden. Man darf es schätzen, wenn sich Medienmacher nicht erpressen lassen. Mehr im "Blick" und "20 Minuten" Artikel unten.

Nun aber zum Streitgespräch selbst:



Der Kampf am Freitagabend war ein echtes Duell und trug mit Recht den Namen "Arena". Es war ein Streitgespräch, keine dialogische Sendung. Bei Duellen geht es um einen Schlagabtausch, um Sieg oder Niederlagen. Die Sendung hatte so Dynamik und war nicht langweilig. Blocher wirkte präsenter als Pelli, obschon er zu laut und ständig mit zu hohem Druck sprach. Die Frage, wer denn das Duell gewonnen hat kam am Schluss auf:

Zum Schluss blieb Sonja Haslers Frage an Fulvio Pelli: "Sie haben ein Duell mit Christoph Blocher gefordert, wer hat es nun gewonnen?" Pellis Antwort: "Diese Duelle sind nicht gemacht, um zu gewinnen." Dagegen meinte Blocher gelassen: "Wer gewonnen hat, müssen die Zuschauer entscheiden."
Pellis Ärger über die Wahlstrategie der SVP dominierte und überschattete den Inhalt. Er hatte zwar bei diesem Auftritt endlich eine Kernbotschaft: Die SVP gefährde den bilateralen Weg. Mit dem Vorschlag der Einwanderungsbeschränkung mache die SVP nur Wahltaktik. Pellis Argumentationsgebäude baute auf der These auf: Die SVP sei unfähig, mit anderen bürgerlichen zusammenzuarbeiten. Was Pelli gut machte: Er wiederholte immer wieder diese These mit dem Zweifel am echten Willen der Blocherpartei zur Zusammenarbeit. Es genügt jedoch nicht, in eine Arena zu steigen, ohne ein Argument, ein Bild, das für die eigene Partei spricht. Schon SP Parteipräsident Fehr konnte vor Jahren nicht einsehen, dass die Botschaft "Blocher muss als Bundesrat weg" alleine nicht genügte.

Pelli hatte zwar ein Konzept, doch war die Anti SVP Haltung als Kernbotschaft alleine war zu schwach. Blocher widersprach meist aggressiv: "Wir müssen die Ausländerpolitik wieder in die eigenen Hände nehmen." Blocher punktete so in der Startphase.

SP Nationalrat Pardini veranschaulichte, wie man die Medienpräsenz nutzen kann, um ein Anliegen vor Mikrofon und Kamera zu "verkaufen". Seine Forderungen nach Mindestlöhnen und mehr Kontrollen bei den Scheinselbständigen festigte es mehrmals, wenngleich er sie bei jeder auch unpassenden Gelegenheit wiederholte.

Im zweiten Teil wurde der wachsende Graben zwischen der SVP und FDP deutlich. Der anwesende Politologe Claude Longchamps gab eine einleuchtende Erklärung für die zunehmende Polarisierung zwischen den bürgerlichen Parteien. Es gebe nicht mehr nur die Linie zwischen Links und Rechts, sondern auch zwischen den gegensätzlichen Strömungen für mehr Öffnung und mehr Eigenständigkeit.

Bei Blochers spürte man als Aussenstehender, dass er seinen Gedanken überzeugt ist. Damit hatte er die grössere Ueberzeugungskraft als Pelli, der zu oft unbeherrscht und verunsichert wirkte.

Die FDP müsste unbedingt erkennen, dass die Buchstaben FDP für eine liberale Partei wegweisend sein könnten: F = für "Fokussieren" auf eine konstruktive Kernbotschaft D = für "Direkter", sich eindeutiger positionieren P = für "Personen", die sich vom Banken-Boni-Bonzen Image gelöst haben. In der Politik schlägt das Image oft die Fakten. Obschon es die SVP geschickt versteht, die politische Agenda zu bestimmen, muss die Partei und Christoph Blocher aufpassen, dass sie weiterhin am Puls der Bevölkerung politisiert.

Longchamps Bemerkung, dass die Partei schon zu erfolgsverwöhnt ist, könnte zutreffen.



Die jüngste ARENA wird sicher bessere Einschaltquoten verzeichnen. Es war eine echte ARENA. Für Moderatorin Sonja Hasler hingegen war es nicht einfach, die Selbstdarsteller zu disziplinieren.

"Blick":

Die Redaktion der "Arena" will die Sendung vom kommenden Freitag rund um Personenfreizügigkeit und Energiedebatte als Showdown inszenieren: ein Duell zwischen den rechtsbürgerlichen Schwergewichten Fulvio Pelli und Christoph Blocher. Das sorgte für grossen Ärger in der Mitte und Links: Die Parteipräsidenten Christophe Darbellay, Christian Levrat und Ueli Leuenberger waren betupft, weil sie nicht vorne am Pult stehen dürfen - und einigten sich auf einen Boykott, falls das Schweizer Fernsehen das Konzept der Sendung nicht ändere. "Viereinhalb Monate vor den Wahlen eine Wahlkampf-"Arena" nur mit FDP und SVP zu machen, ist jenseitig und inakzeptabel", begründete Leuenberger den Entscheid. Sie gingen doch nicht als Staffage in die rechtsbürgerliche Arena, befand Levrat. Doch die Drohungen verhallten am Leutschenbach ungehört. Die Redaktion wird die Sendung, die morgen aufgezeichnet wird, wie vorgesehen durchziehen. Es sei nie geplant gewesen, die anderen Parteipräsidenten einzuladen und in der hinteren Reihe zu platzieren, erklärt SF-Mediensprecher Martin Reichlin gegenüber Blick.ch. Der Fokus liege auf dem Zwist zwischen FDP und SVP, weil Fulvio Pelli Christoph Blocher in der Sonntagspresse zu einem Streitgespräch herausforderte und die SVP diese Herausforderung umgehend angenommen habe. Reichlin verweist darauf, dass die Arena bereits am 8. April zum Thema "Kampf der Mitte" FDP und SVP gegeneinander habe antreten lassen. "Ohne dass jemand auf die Idee eines Boykotts gekommen wäre." SP, Grüne und CVP schickten andere Vertreter.
20 Min vom 03. Juni 2011

Beim Duell der beiden rechtsbürgerlichen Schwergewichte in der heutigen "Arena" liegen die Vorteile bei Christoph Blocher. Keiner liebt den direkten Schlagabtausch mehr. Sie kämpfen beide um die Gunst der bürgerlichen Wähler - dennoch könnten sie verschiedener nicht sein. Auf der einen Seite SVP-Chefdenker Christoph Blocher, der bodenständige Zürcher Unternehmer, der gerne mal den verbalen Zweihänder schwingt. Auf der anderen Seite FDP-Präsident Fulvio Pelli, der zurückhaltende Tessiner Anwalt, der lieber im Hintergrund die Strippen zieht. Der grüne Nationalrat Jo Lang erklärt gegenüber 20 Minuten Online, dass er und die Vertreter der anderen Parteien Pirmin Bischof (CVP), Ursula Haller (BDP) und Corrado Pardini (SP) sich abgesprochen haben und für die Teilnahme an der #Arena# von der Sendeleitung zwei Garantien verlangt haben. "Wir forderten, dass über alle drei vorgeschlagenen Themen (Personenfreizügigkeit, politische Kultur und Energiezukunft) gesprochen wird und dass wir mehr Redezeit erhalten als sonst üblich." Normalerweise sei im Publikum nur ein Redebeitrag garantiert. Das Schweizer Fernsehen hat sich laut Lang an diese Bedingungen gehalten. Auf diese Forderungen angesprochen, sagt SF-Mediensprecher Martin Reichlin: " Es wurde darauf geachtet, dass alle Parteien angemessen zu Wort kamen, ohne dass das eigentliche Duell darunter gelitten hat. Das Duell ging auf Zeit und die Redezeit wurde gestoppt. Beides auf Initiative der #Arena#." (jep) Da überraschte es umso mehr, dass es Pelli war, der Blocher öffentlich zum Duell aufgefordert hat. Grund war der Zwist zwischen FDP und SVP über die Weiterführung der Personenfreizügigkeit. "Nach diesem Aufruf ist die #Arena#-Redaktion auf die beiden zugegangen und hat sie eingeladen", sagt SF-Sprecher Martin Reichlin. Neben der Weiterführung der Bilateralen sollen die politische Kultur in der Schweiz und die Energiezukunft zur Debatte stehen. Für den Zürcher Kommunikationsexperten Marcus Knill liegen die Vorteile bei diesem Schlagabtausch klar bei alt Bundesrat Blocher. "Christoph Blocher glaubt, was er sagt. Er hat eine Kernbotschaft und bringt diese meistens bildhaft auf den Punkt." Da würden selbst rhetorische Fehler wie das laute Sprechen oder das Rudern mit den Armen keine Rolle mehr spielen. Fulvio Pelli hingegen laviere zu oft, kommuniziere mehrere Botschaften und komme so nie zu einem Punkt. Mit der deutschen Sprache habe das wohl weniger zu tun als mit der Einstellung. "Er bemüht sich offensiv zu sein, kann aber nicht über seinen Schatten springen. Es mangelt ihm schlicht an Ausdruckskraft", so der Experte für Medienrhetorik. Knill erwartet deshalb, dass Pelli in der Arena mehr reagieren statt agieren wird. Blocher traut er auf der anderen Seite zu, zur Hochform aufzulaufen. Einer, der bereits weiss wie das Duell ausgehen wird, ist der Zuger Nationalrat Jo Lang. Er stand bei der Sendeaufzeichnung vom Mittwoch abend für die Grünen in der ersten Publikumsreihe. "Es war nur bedingt ein Duell", so sein Fazit. Das habe vor allem damit zu tun, dass die beiden ausser bei der Personenfreizügigkeit keine grossen Meinungsdifferenzen hatten. Deshalb habe sich die Diskussion bei den anderen Themen dann auch verschoben. "Statt Blocher mit Pelli duellierten sich Blocher und die anderen Parteien." Überhaupt sei es fragwürdig, zwei rechtsbürgerliche Politiker alleine in einen Ring zu stellen, kritisiert Lang. Dies war auch der Grund, weshalb die Parteipräsidenten der Grünen, der SP und der CVP im Vorfeld die "Arena" boykottieren wollten. Nach Rücksprache mit dem Schweizer Fernsehen entschieden sich diese dann doch für eine Teilnahme - beziehungsweise für eine Vertretung durch prominente Nationalräte. "Der Entscheid war richtig", sagt Corrado Pardini, der für die SP an der Seitenlinie stand. Er habe sich persönlich genug einbringen können. Dieser Meinung ist auch BDP-Vertreterin Ursula Haller. "Ein Boykott wäre falsch gewesen." Damit wäre der Eindruck entstanden, dass die anderen Parteien die Statements der beiden einfach so akzeptieren. "Nun standen wir zwar nicht im Ring, konnten aber dennoch mitdiskutieren." Auf die Frage, wer im direkten Duell besser abgeschnitten hat, sagt die Bernerin nur: "Sie wissen ja, wo Blochers Stärken liegen."

Rhetorik.ch 1998-2011 © K-K Kommunikationsberatung Knill.com