Rueckblick als medialer Auftritt
Rhetorik.ch Artikel zum Thema: |
|
Der Rückblick des Zürcher Regierungsrates wurde als medialer
Auftritt celebriert. Dieses kostspielige Experiment müsste unbedingt verbessert werden.
Aus dem Tagi:
Der Regierungsrat hat die Medienkonferenz zum Legislaturbericht live
übertragen. Interessiert hat das praktisch niemanden. Lohnt sich
da der Aufwand von 70'000 Franken jährlich?
Eine Stunde lang dauerte die Show. Die sieben Regierungsräte
stellten im Konferenzzentrum Walcheturm den Legislaturbericht
2007-2011 vor - eine 55 Seiten starke Rechenschaftserklärung
darüber, was die kantonale Exekutive in den letzten vier Jahren
getan hat. Im Saal sassen ganze zehn Journalisten. War der Rest in den
Redaktionen geblieben, weil die Pressekonferenz auch live im Internet
übertragen wurde? Erübrigte sich die Berichterstattung, weil
die Bürgerinnen und Bürger ohnehin per Livestream dabei waren?
Das Interesse war bescheiden: Ganze 313 Zugriffe verzeichnete der
gestrige Livestream, wie beim Kanton zu erfahren ist. "Natürlich
müssen wir schauen, dass wir die Zugriffszahlen noch steigern
können", meint Regierungssprecherin Susanne Sorg. Dass kaum jemand
den Livestream anklickte, liegt nach Meinung von Sorg weniger am Format
als am Thema. "Ein Legislaturbericht ist auch für den Regierungsrat
Pflichtstoff und birgt nichts Neues."
Alles also nur Wahltheater in eigener Sache, aufgeführt zwei Monate
vor den Regierungsratswahlen?
Diesen Vorwurf lässt Sorg nicht gelten: "Es ist Zufall, dass wir
genau jetzt so weit waren, dass wir die Medienkonferenz übertragen
konnten." Der Politikberater Mark Balsiger sieht es ähnlich: "Dem
Regierungsrat ging es gestern nicht um Show oder Spielerei, sondern darum,
Transparenz zu schaffen." Dass die Regierungsratsmitglieder mit einer
Ausnahme nicht als übermässig talentiert aufgefallen sind, ist
beruhigend, meint Balsiger. "Politiker in der Schweiz sollen politisieren
und sich nicht primär als Schauspieler verstehen." Gescheitert sei
der Versuch, weil eine Legislaturbilanz "per se staubtrocken" sei und
sich deshalb nicht für eine Live-Medienkonferenz eigne.
Für die gestrige Übertragung hat der Kanton einer externen
Firma 3000 Franken überwiesen - jeder Zuschauer belastete den
Staatshaushalt also mit 10 Franken.
Es sich, die pointerte Filmkritik von Thomas Widmer zu lesen. Der humorvolle
Artikel macht bewusst, dass ein Regierungsrat die einfachsten Grundregeln der
Medienrhetorik kennen sollte. Wie muss eine Botschaft adressatengerecht vermittelt
werden? Schauspieler muss er nicht sein. Wenn gewisse
Regierungsräte die skizzierten Defizite
hinsichtlich professionellerem Auftreten vor Mikrofon und Kamera
nicht nachholen, könnte man auf derartige Auftritte verzichten.
Hier die lesenswerte
Analyse [PDF].