Nachtrag vom 12. Januar:
20Min:
Mit derart heftigen Reaktionen hatte Howard Schultz, CEO von
Starbucks wohl nicht gerechnet. Letzte Woche kündigte er an,
dass im Logo der weltweit grössten Kaffeehauskette die Sirene
- ein Fabelwesen, das Seefahrer in den Tod reisst - alleine werben
sollte. Der Schriftzug "Starbucks Coffee" fällt weg. Es ist das
erste Mal seit dem Börsengang von Starbucks 1992, dass der Konzern
sein Logo ändern will.
Bereits haben sich 825 Blogger direkt auf der Starbucks.com zu Schultz'
Eintrag geäussert - die allermeisten negativ und abweisend. "Wer ist
der Dummkopf in Ihrer Marketing-Abteilung, die den weltberühmten
Namen Starbucks Coffee von Ihrem neuen Logo entfernt?" fragt etwa
MimiKatz. "Wow - wie enttäuschend. Absonderliches Konzept, ohne
Namen werben zu wollen!", wettert User GerberFranz und fügt an: "Ich
arbeite für eine Firma, die sich derart mit ihrem Logo brüstet,
dass man meinen könnte, die Kunden liebten dieses mehr als die
Produkte selbst." Und User KC4455 bringt es auf den Punkt: "Ich kann
die Logik ihrer Marketingleute nicht erkennen, den Starbucks-Namen zu
entfernen. Denn das ist jeden Tag kostenlose Werbung auf jeder Tasse."
"Besonders negativ reagieren die Stammkunden auf Starbucks
Logoumgestaltung. Sie fühlen sich stark mit der Marke verbunden
und damit eines Identifikationsmerkmals beraubt", schreibt dazu Karen
Winterich. Sie ist Assistenzprofessorin am Penn State's Smeal College
of Business auf e!Sience News. Zusammen mit zwei Forschungskollegen
untersuchte sie, wie Konsumenten auf Logoänderungen reagieren. Das
Resultat: Je enger die Verbundenheit zum Unternehmen, desto weniger
akzeptieren Konsumenten Veränderungen am Erscheinungsbild; also
auch am Logo.
Winterich und ihr Team testeten diese Hypothese an 632 Studenten. Sie
mussten Redesigns an den Logos von Adidas- und New Balance-Sportschuhen
beurteilen. Ein professioneller Grafiker kreierte dabei neue
Logoversionen, die mehr oder weniger vom Originalemblem abwichen. Eine
Beobachtergruppe schaute den Studenten bei der Beurteilung auf die
Finger. Resultat: Je enger die Markenverbundenheit, desto weniger
sprachen die Probanden auf Änderungen an. Unternehmen täten
daher gut daran, Stammkunden und Meinungsmacher vor Ankündigung einer
Logoänderung einzubinden, empfiehlt Karen Winterich. Nicht zuletzt
durch Socialmediakanäle könnten Firmen so eine verbesserte
Akzeptanz eines Redesigns gewährleisten.
Soll nun ein Unternehmen sein Logo sachte und in kleinen Schritten
oder alles auf einmal anpassen? Darüber scheiden sich die
Geister. Nik Stucky, Marketingspezialist bei Interbrand, befürwortet
gegenüber 20 Minuten Online einen radikalen Schmitt: "Damit werden
die Glaubwürdigkeit gewahrt, die internen Kräfte mobilisiert
und die Kontrolle aufrecht erhalten." Kleine Schritte seien in der Welt
der schnellen Kommunikation gefährlich.
Dem widerspricht Ernst Frey von castelligasse.at, einer Netzschule: Logos
sollten mit Relaunches regelmässig modernisiert werden. Meistens
genügten dafür kleine Korrekturen. Radikale Änderungen
oder gar Neukreationen sind laut Frey nur bei belasteten oder
beschädigten Marken angebracht. Damit könne ein
Neuanfang signalisiert werden. Abrupte Logowechsel von intakten
Marken irritierten die Konsumenten und brauchen entsprechend eine
lange Angewöhnungszeit. Neben Starbucks hat vor Jahren auch der
Nahrungsmittelmulti Nestlé diesen Weg gewählt. Ohne gross
Wind zu machen verschwand der legendäre Wurm aus dem Schnabel der
Vogelmutter im Nestlé-Logo.
Einig sind sich Stucky und Frey über die hohen Kosten eines
Logowechsels. Kleine lokale Firmen müssten mit mindestens 7000
Franken rechnen, so Frey, multinationale Konzerne mit bis zu mehreren
hunderttausend Franken. Stucky differenziert: "Es kommt sehr darauf an,
welche und wie viele Kundenberührungsflächen ein Unternehmen hat
und ob es eine vertriebsorientierte oder eine produzierende Firma ist."
Zudem sei entscheidend, wie schnell ein Wechsel durchgezogen werde. "Muss
das Unternehmen Inventar wegwerfen oder kann es das Inventar sukzessive
auswechseln?", so Stucky. Bei Starbucks mit über 16'000 Läden
werde dieser Wechsel wohl im dreistelligen Millionenbereich liegen. Hier
würden nämlich nicht nur Logos physisch ausgetauscht, sondern
dieser Wechsel komme wohl nicht ohne begleitende Kommunikation aus.