Miriam Meckel Professor für Corporate Communication an der
Uni St.Gallen hat Probleme mit dem Begriff Burnout,
weil er als Depression für die Tüchtigen aufgenommen wird.
Ein tüchtiger Manager kann sich einen
Burnout leisten, ein Beamter
hat
Stress oder
Depression.
Meckel gibt drei Gründe: weniger Zeit, geforderte
Mobilität und Flexibilität, und das "Immer-Verfügbar-Sein":
- Beschleunigung: Man hat weniger Zeit um den gleichen Arbeitsumfang zu erledigen.
- Globalisierung: Mehr Flexibilität wird gefordert. Der Arbeitsmarkt ist international geworden.
- Mobilität und Erreichbarkeit:
Das Verschwimmen der Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben.
Aus dem Dossier des Schweizer Fernsehens:
Auslöser dieses
Erschöpfungs-Zustandes ist meist chronischer Stress am
Arbeitsplatz, dem oft eine idealistische Begeisterung für
den Job vorausgeht. Frustrierende Erlebnisse oder ungenügende
Wertschätzung können dann zu physischen und psychischen
Leistungsschwächen führen. Betroffene verlieren die Lust an
ihrer einst geliebten Arbeit, fühlen sich den Anforderungen nicht
mehr gewachsen.
Immer mehr Schweizer depressiv. Diese Symptome hat der
deutsch-amerikanische Psychoanalytiker Herbert Freudenberger erstmals
1974 unter dem Begriff Burnout zusammengefasst. Das Krankheitsbild
ist sehr eng mit anderen depressiven Zuständen verwandt und oft
nur schwer davon abzugrenzen. Depressionen gehören in der Schweiz
generell zunehmend zur Volkskrankheit. Das BAG weist darauf hin, dass
jede vierte Frau und jeder fünfte Mann einmal im Leben daran leidet -
und dies mit steigender Tendenz.
Besonders in Führungspositionen sind Berufsleben und Privatleben
eng miteinander verflochten sind und bilden eine Einheit. Das ist ein Risiko:
Wir haben Jungmanager in den besten Jahren kennengelernt, die überarbeitet und ausgelaugt wirken.
Zur kräftezehrenden Arbeit kommt möglicherweise ein Hausbau sowie Nächte mit
schreienden Kleinkindern. Eine erfolgreiche Managerinnen mit grosser Verantwortung steht in der Scheidung
und kämpft mit dem Burn-out. Wir haben auch erlebt, wie Leute mit der Situation umgehen:
eine am Sonntag zugestellte Email wird nach drei Tagen
beantwortet und erklärt dass wegen "Work-Life-Balance"
an Wochenenden und in der Freizeit keine Mails oder
Telefonate beantwortet werden.
Die durch den Begriff
"Work-Life-Balance" nahegelegte Dualität
zwischen Leben und Arbeit impliziert, dass es im "Work" kein "Life"
gibt und "Life" nicht mit "Work" verknüpft werden darf.
Die "NZZ Executive" vom 18. September 10 meint dazu:
"Der Begriff Work-Life-Balance ist ein Unwort. Er impliziert,
dass ich bei der Arbeit nicht lebe."
Tatsächlich geht der Begriff davon aus, dass beide Bereiche in eine
zeitliche Balance
gebracht werden müssen. Die angestrebte Abgrenzung des Privaten von beruflichen Belangen ist
aber eine künstliche Trennung, die der Gesamtheit einer Persönlichkeit nie gerecht wird.
Anstatt "Work" und "Live" zu trennen, lohnt es sich, die "Arbeit" auch unter
"Leben" einzuordnen und beides
als Ganzes zu sehen. An Stelle der Trennung
der Begriffe lohnt es sich, eine Balance zwischen Spannung und Entspannung zu finden.
Sowohl in der Freizeit, wie auch in der Arbeitswelt.
Weshalb dürfen wir nicht in der Freizeit an Arbeitsprojekte
denken und in Entspannungsphasen über berufliche Themen reflektieren? Wir
sollten uns angewöhnen, auch während des kräftezehrenden,
konzentrierten Arbeitens Ruhe - oder Entspannungsinseln zu gönnen.
Weshalb soll das Arbeiten nicht auch Spass machen dürfen? Darf
Arbeit nicht auch Teil eines sinnvollen Lebens sein?
Man kann dazu einwenden, dass dies ein selbständig Erwerbender leicht sagen kann.
Im Allgemeinen kann sich ein Erwerbstätiger die Traktandenliste und Termine
nicht selbst bestimmen. Tatsächlich hängt die Work-Life-Situation von
vielen Faktoren ab, wie Arbeitsorganisation, Branche, Alter oder Geschlecht
(
Quelle).
Es sollte jedoch auch in einem fremdbestimmten Arbeitsfeld die Möglichkeiten geben, den
Job und den privaten Bereich, bewusst zu rhythmisieren. In vielen Situationen gibt
es Gelegenheiten,
Entspannungsphasen einzubauen. Man kann lernen, wie man solche
Ruheinseln beruflich und privat schaffen kann.