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www.rhetorik.ch aktuell: (24. Okt, 2010)

Qualitaet der Schweizer Presse

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:


Ein Artikel im Tagesanzeiger hat die Qualität der Schweizer Presse zum Thema:

Die Medienwelt ist im Umbruch, das schafft neue Möglichkeiten. Es weckt aber auch Ängste. Der Schaffhauser SP-Nationalrat Hans-Jürg Fehr etwa hat vom Bundesrat einen Bericht über die Lage der Schweizer Presse verlangt, weil diese ihre "zentrale Rolle" in der direkten Demokratie nicht mehr "in der erforderlichen Vielfalt" erfülle. Der Bericht soll Anfang 2011 vorliegen. Alt-Bundesrat Christoph Blocher sieht die Meinungsäusserungsfreiheit in Gefahr und redet von einer "gesteuerten Presse". Und der Zürcher Soziologe Kurt Imhof spricht gar pauschal von einer "Medienkrise Schweiz". In seinem kürzlich publizierten Jahrbuch "Qualität der Medien" beklagt er den angeblichen "Vormarsch qualitätsschwacher Medien" wie Gratiszeitungen und Online-Newssites und unterstellt schrumpfende Vielfalt und eine Boulevardisierung der Medienarena.
Diese Befürchtungen haben mit der Realität wenig zu tun. Nie war das Angebot an Informationen so vielfältig und breit wie heute. Vor dreissig Jahren konnte ein Schweizer Mediennutzer je nach Wohnort zwischen zwei oder drei Tageszeitungen, neun Fernsehkanälen, einigen wenigen Radiostationen, einer Sonntagszeitung und einem Gratisanzeiger wählen.


Der Autor, Pietro Supin widerspricht darin den pessimistischen Analyse zum Stand der Presse in der Schweiz:

Kurt Imhof und sein Team vom Forschungsbereich Öffentlichkeit und Gesellschaft an der Universität Zürich (fög) nehmen diesen Wandel nicht wahr. Ihre Kritik richtet sich in erster Linie gegen die Pendlerzeitungen und Online-Medien. Deren "Klickmentalität" führe dazu, dass längerfristige Zusammenhänge kaum mehr reflektiert würden: "Konsumenten, welche die Welt über die Newssites wahrnehmen, werden nicht in die Lage versetzt, relevante Erklärungsmuster für den rasend erscheinenden Verlauf der Dinge abzuleiten", heisst es in der fög-Studie. Die für das Funktionieren einer Demokratie relevanten Themen aus Politik, Wirtschaft und Kultur würden ausgeblendet oder nur noch personalisiert, emotional-moralisch und "episodisch" aufbereitet, monieren die Forscher. Die Auslandsberichterstattung finde kaum mehr statt, das Publikum verliere die Einsicht, dass guter Journalismus teuer ist.
Diese Vorwürfe sind überzogen und vom wissenschaftlichen Standpunkt aus fragwürdig. Imhof und seine Mitarbeiter haben anhand von teilweise eigenwillig definierten Kriterien eine beschränkte Anzahl Print- und Online-Artikel sowie Radio- und TV-Sendungen aus dem letzten Quartal 2009 ausgezählt. Wer nachweisen will, dass Medieninhalte dafür verantwortlich sind, ob ein politisches System gut oder schlecht funktioniert, müsste untersuchen, welche Medien die Menschen nutzen und was letztlich in ihren Köpfen ankommt. Das haben die Autoren nicht getan.


Die Gefahr drohe nicht von den neuen Medien, sondern von der PR-Industrie, die Interessen verfolgen.

Gefahr droht der Vielfalt und Glaubwürdigkeit des Journalismus weniger von den neuen Medien als von einer ganz anderen Seite: Der öffentliche Diskurs gerät zunehmend unter den Einfluss der PR-Industrie. Akteure, die über grosse finanzielle Mittel verfügen und ganz bestimmte Interessen verfolgen, aber meist anonym bleiben, gewinnen an Definitionsmacht. Private Unternehmen und die öffentliche Hand haben ihre Kommunikationsabteilungen massiv ausgebaut. Der Bund gab letztes Jahr für seine Öffentlichkeitsarbeit 76.4 Millionen Franken aus. Rund achthundert Angestellte kümmern sich um die Medienarbeit. Zum Vergleich: Die in der Schweiz führende Inland- und Bundeshausredaktion von "Bund" und "Tages-Anzeiger" beschäftigt fünfzehn Köpfe.
Bemerkenswert dabei: Die Qualitätskriterien Kurt Imhofs können diesen PR-Einfluss überhaupt nicht messen. Eine abgeschriebene Medienmitteilung könnte in seiner Studie ohne weiteres als wertvoll durchgehen. Genauso wenig erfassen Imhofs Kriterien, ob ein Artikel Fehler enthält was doch das allererste Kriterium für Qualität sein müsste.


Der Artikel plädiert für einen starken investigativen Journalismus, wirtschaftlich starke Medienhäuser, die durch intelligente Kooperationen Geld sparen.

Der Artikel bestätigt, dass die Medienlandschaft sich in einem Umbruch befindet. Der Krux wird bei der Frage sein, wie gut sich die Verlage in der Zukunft wirtschaftlich behaupten können. Gute Journalisten und investigativer Journalismus wird nur dann produziert, wenn es auch genügend attraktive Arbeitsplätze für Journalisten gibt. Durch Zusammenlegen von Zeitungen und das Schmelzen der Abonnemente gehen natürlich Stellen verloren. Ob die Online Redaktionen das auffangen können, wird sich noch zeigen müssen.



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