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www.rhetorik.ch aktuell: (25. Sep, 2010)

Verhaltensorientierte Preisgestaltung

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Ein Artikel von Gérard Moinat berichtet über eine Preisverhaltens Studie von Stefan Michel von der IMD Business-School in Lausanne: sie zeigt, dass bei Weinkauf, die Menschen die Qualität eines Weines vor allem mit dem Preis bewerten. Die Studie ist nicht erstaunlich, denn bei Weinen kann man schnell den Überblick verlieren, weil viele Parameter eine Rolle spielen: die Art des Weines, die Herkunft, der Winzer, sowie der Jahrgang. Der Slogan "Geiz ist Geil" gilt nicht, weil man Wein vor allem auch als Geschenk kauft, und bei Anlässen wie Hochzeiten geniesst. Wird ein Wein als 10 Franken Billigwein geoutet, dann ist man out. Auch wenn der Wein fantastisch ist. Es ist ein weiteres Beispiel, wo soziale Faktoren eine wichtigere Rolle spielen als ökonomische. Das produziert paradoxe Resultate.

Der Amerikanische Oekonom Stephen Levitt hat mit dem Journalisten Stephen Dubner im berühmten Buch "Freakonomics" ähnliche Phänomene beschrieben:
  • Wird den Menschen beim Blutspenden Geld angeboten, dann gehen weniger Leute zum Spenden, weil der materielle "Lohn" schlecht ist, ohne Lohn aber man etwas "gutes tut", was viel mehr Wert hat. Ein Stundenlohn von 10 Franken ist das Blutspenden nicht wert und das Spenden wird zum Verkaufen degradiert.
  • Werden Eltern in Kinderhorten ein Bussgelt ausgestellt, wenn sie ihre Kinder zu spät abholen, dann kommen sie noch häufiger zu spät. Das Bussgeld ist billig im Vergleich zu einem Kindermädchen. Ohne Bussgeld aber hat man ein schlechtes Gewissen, denn dann bewirkt man, dass ein Lehrer erst später nach Hause kommt. Mit dem Bussgeld bezahlt man den Lehrer relativ billig.
Zurück zur Arbeit von Michel über Verhaltensorientierte Preisgestaltung. Die Studie zeigt, dass der Preis den vermeintlichen Wert der Ware mitbeeinflusst, zumindest bei Wein: aus dem Artikel:
124 Führungskräfte wurden dabei in zwei Gruppen eingeteilt. Diesen Teilnehmern stellte Michel eine Aufgabe: Für ein Hochzeitsfest sollten sie aus einer Liste mit sechs verschieden gepreister Weine zwölf Flaschen auswählen.
Die Teilnehmer hatten jedoch nicht dieselben Listen zur Verfügung: Der einen Hälfte der Probanden legte Michel eine Liste A mit zwölf originalgepreisten Supermarkt-Wein-Preisen vor. Die andere Gruppe erhielt eine Liste B, bei der ein guter, teurer Wein mit einem günstigen und "billigeren" Wein ausgetauscht wurde. Die Gruppen-Mitglieder wussten von diesem Tausch nichts.
"Die Aufgabenstellung der Gruppe mit der Liste A und der Gruppe mit der Liste B waren ökonomisch gleichwertig, also insgesamt gleich teuer, aber psychologisch unterschiedlich", erklärt Michel. Im Klartext: Wären die Konsumenten vollkommen rationale Wesen, hätten alle die gleiche Auswahl getroffen.
"Doch Konsumenten sind psychologisch gesteuert", erklärt Michel. Darum wählten die Probanden die Weine nicht nach ihrer Qualität, sondern nach dem Preis. "Ein Wein, dessen Preis wir von 36 Franken auf 10 Franken senkten, wurde weniger nachgefragt", beobachtet Michel. 37 Prozent der Teilnehmer wollten den Chianti Classico Riserva zum Preis von 36 Franken.
Stand auf dem Preisschild bloss noch ein Betrag von 9.90 Franken, wollten plötzlich nur noch 11 Prozent der Probanden den Wein. Stattdessen entschied sich die Mehrzahl für den nächstteuren Wein.
Für den Marketingprofessor ist klar: Gerade im Kontext eines Hochzeitsfestes wollten die Leute keine Zehn-Franken-Weine. "Auch wenn sie qualitativ völlig in Ordnung wären", so Michel. Der Grund: Das soziale Risiko, von seinen Freunden als "Billig-Wein-Käufer" entlarvt zu werden, sei vielen zu hoch.
"Weiter zeigt die Versuchsanlage auch, dass die Mehrheit der Wein-Käufer keine Ahnung von Wein hat und einen hohen Preis automatisch mit Qualität gleichsetzen", sagt Michel.



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