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www.rhetorik.ch aktuell: (03. Sep, 2010)

Die Verschuetteten Grubenarbeiter

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Es ist ein unfreiwilliges Psychologie Experiment, das 33 Grubenarbeiter in Chile über sich ergehen lassen müsen. Sie sind seit fast einem Monat eingeschlossen und werden vorausssichtlich noch bis zum Ende des Jahres 700 Meter unter Grund leben müssen, bis sich eine Bohrmaschine zu ihnen durchgegraben hat. Ganz wichtig ist die Information. Was soll den Eingeschlossenen mitgeteilt werden? Soll man die Information filtern?

Im Expertenteam der Rettungskräfte sind auch Spezialisten von der NASA. Wie kann man in einer solchen Situation (ähnlich wie in einer Weltraumstation) Depressionen, Schlaflosigkeit oder gar Panik vermeiden?

Der Marburger Psychotherapeut Georg Pieper im Deutschlandfunk vom 28. August:

Frage: Sollten denn die Einsatzkräfte, die Rettungsleute den Bergleuten mitteilen, dass ihre Rettung tatsächlich möglicherweise noch Monate, bis Weihnachten dauern wird?

Pieper: Das ist eine nicht so ganz einfache Frage. Aber ich denke schon. Ich denke, es wäre besser, da mit offenen Karten zu spielen, dass sie sich darauf einstellen können. Man sollte vielleicht jetzt nicht gerade von Weihnachten erst sprechen, weil das sowieso so emotional besetzt ist, dieses Fest, sondern schon von Wochen. Dann können sie sich mehr darauf einstellen. Denn nach meiner Erfahrung, zum Beispiel auch mit Gefangenen, die in Geiselhaft waren - ich habe mal einen Mann betreut, der war drei Jahre im Libanon in Dunkelhaft, also unter ganz schrecklichen Bedingungen, und was ihn am meisten belastet hat, war, natürlich die Ungewissheit, nicht zu wissen, wann hat das Ganze hier ein Ende. Von daher denke ich, die Bergleute dort in Chile können besser damit` umgehen, wenn sie wissen, das wird noch mindestens mal vier Wochen dauern.

Frage: Sie sagen es: dieses unter Tage, das ist ja so eine Art Dunkelhaft, wochen- und monatelang eingeschlossen auf engstem Raum, ohne Sonnenlicht. Wie verändert dies denn die Psyche eines Menschen? Pieper: Man ist natürlich erst mal sehr abgeschirmt von Aussenreizen, von Reizen, von denen wir normalerweise alle leben. Wir bekommen alle viel zu viele von diesen Aussenreizen mit, im täglichen Leben und durch die Medien und durch Nachbarn und Freunde und die Arbeitssituation. Davon sind sie abgeschirmt. Das heisst, sie sind extrem eingeschränkt an Reizen und in dem Mass wachsen dann natürlich innere Gedanken, die sowohl in das Negative reingehen können, also in Richtung Sorgen, Anspannung, Ängste, Phobien, als aber auch in positive Dinge. Das wäre zum Beispiel so etwas, was man auch stützen könnte durch eine psychologische Begleitung - die Gefangenen, die da drei Jahre lang in Dunkelhaft waren, die haben zum Beispiel sehr viel mit ihrer Fantasie angestellt. Da kann man sehr positive Dinge mit anstellen. Die haben sich da hingestellt und haben gekocht zum Beispiel, haben ihre Lieblingsrezepte gekocht und ausgetauscht und davon geschwärmt, wie lecker das ist, wenn man da noch eine Priese Safran dazutut und so weiter. Das sind Dinge, die gefördert werden müssen und wo die Psyche über erstaunliche Mechanismen verfügt.


Die Inhalte werden kontrolliert (20 Min):

Tatsächlich ist es eine bewusste Strategie der chilenischen Regierung, den Männern die schlechten Nachrichten von oben zu ersparen. Die Psychologen helfen den Familien die Briefe zu gestalten. Schlechte Nachrichten werden nicht zugelassen; wenn Zeitungsartikel mitgeschickt werden, dann wird alles herausgeschnitten, was "aufwühlend oder verstörend" wirken könnte. Die chilenischen Psychologen haben auch Einfluss auf das Bildmaterial, das unter die Erde geschickt wird. Die Filme, die die Männer über einen kleinen Projektor seit einigen Tagen sehen dürfen, werden sorgfältig ausgewählt.


Aber nicht alle sind mit solcher Zensur einverstanden: (20 Min):

Für Nick Kanas ist das der falsche Ansatz. Als Experte im Bereich Psychologie im All hat er über zehn Jahre Erfahrung im Umgang mit Astronauten, die über längere Zeit im All isoliert sind. Kanas warnt die chilenischen Behörden davor, den Eingeschlossenen Informationen vorzuenthalten. "Ich würde nichts zensieren. Wenn man damit anfängt, sät man bald Misstrauen. Die Bergleute werden sich dann fragen: 'Was verbergen sie sonst noch vor mir?'", erklärt er.



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