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www.rhetorik.ch aktuell: (15. Aug, 2010)

Qualitaet der Medien

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:


Buch Deckel
Kurt Imhof publizierte mit einem grösseren Autorenteam ein Jahrbuch über die Qualität der Medien. Diese wissenschaftliche Standortbestimmung macht bewusst, dass in der Medienwelt die Vielfalt mehr und mehr durch Einfalt verdrängt wird.

Der Landbote fragt: "Belasten schlechte Medien die Demokratie?"

Onlineportale und Gratisblätter zerstören die Qualität der Schweizer Medien - zu diesem Befund kommt eine Studie von Wissenschaftern um den Zürcher Soziologen Kurt Imhof. Darunter leide die Demokratie. Während Polanski und Hirschmann die Spalten füllten, gerieten internationale Probleme aus dem Blickfeld. "Die publizistische Tradition in der Schweiz steckt in einer tiefen Krise", sagte Co-Autor Kurt Imhof am Freitag vor den Medien in Bern. Die Studie, die als Jahrbuch mit dem Titel "Qualität der Medien - Schweiz, Suisse, Svizzera" erschien, geht denn mit der Schweizer Medienlandschaft auch hart ins Gericht. Die wachsende Gratiskultur mit Onlineportalen und Gratiszeitungen führe zusammen mit dem Spardruck zu einer "Erosion der Qualität". Da diese auch kostenpflichtige Titel und Sender betreffe, leide die Demokratie, folgern die Wissenschafter. Statt ausgewogen über politische Debatten zu berichten und Ereignisse einzuordnen, würden die Informationsmedien zunehmend auf Einzelereignisse fokussieren, Konflikte personalisieren und moralisch-emotional berichten. Co-Autor Mark Eisenegger bemängelte unter anderem, dass in den letzten Monaten wenige Topthemen aus dem Softbereich wie der Hausarrest von Regisseur Roman Polanski oder das Privatleben des Zürcher Clubbesitzers Carl Hirschmann die Medien beherrschten. "Auf der anderen Seite geraten internationale Probleme immer mehr aus dem Blickfeld", sagte Eisenegger. (...) Den Forschern geht es um eine politische, inhaltliche Frage: Unterrichten die Schweizer Medien die Bevölkerung so, dass die Bürger wohl informiert an den demokratischen Prozessen teilnehmen können? Folgende Tendenzen werden herausgeschält:
  • In allen Mediengattungen wächst das Angebot an Klatsch bzw. an so genannten Softnews, welche die klassischen publizistischen Kernthemen Politik, Wirtschaft und Kultur zurückdrängen.
  • Die Nachhaltigkeit der Berichterstattung lässt nach. Episodische, auf Personen, Konflikte und Katastrophen zugespitzte Informationen nehmen zu.
  • Obwohl die Welt zusammenwächst, schotten sich die Medien ab, indem sie die Auslandberichterstattung stark abbauten. "Die grossartige Tradition der schweizerischen Auslandberichterstattung bricht ein", notiert das Jahrbuch.
  • Die Wirtschaftsinformation bleibt mangelhaft.
  • Der Erfolg der Gratiszeitungen und die Gratisangebote im Internet senkten unter den Konsumenten das Bewusstsein dafür, dass Informationsqualität etwas kostet.
  • Die Einbruch bei den Werbeeinnahmen erschwert die Finanzierung der redaktionellen Leistungen.
  • Die Bedeutung derjenigen Medientitel, die wenig zur Informationsqualität beitragen, wird weiter wachsen.
  • Der recherchierende, einordnende Journalismus gerät weiter unter Druck.
  • Auch die Presse orientiert sich vermehrt an den Unterhaltungsbedürfnissen der Medienkonsumenten "statt an Informationsbedürfnissen der Staatsbürger". Diese Trends gefährden nach Ansicht von Imhof das Funktionieren der Demokratie in der Schweiz.
Mit seinen Forschungsdaten will er nun die Diskussion über Aufgabe und Qualität der Medien fördern. Der von ihm geleitete Forschungsbereich Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich hat die Ergebnisse in einem 370-seitigen Jahrbuch zusammengefasst, das Informationen enthält zu Besitzverhältnissen, Bilanzen, Publikumsverhalten und politischen Rahmenbedingungen sowie Analysen der Themen- und Informationsakzente, welche die verschiedenen Medientitel setzen. Die Daten werden künftig laufend im Internet aktualisiert (www.qualitaet-der-medien.ch). Gedruckte Jahresbilanzen sollen auch in den kommenden Jahren erscheinen.


Aus dem Presseportal:

In publizistischen Hinsicht verlieren in der Medienlandschaft Schweiz zentralen Abonnementszeitungen deutlich an Terrain. Die redaktionellen Ressourcen schwinden. Die Gratiskultur hat mit den Onlinemedien und den Pendlerzeitungen das Kostenbewusstsein für professionellen Journalismus zerstört. Dies hat zwangsläufig Folgen für die Qualität der Informationsmedien und fördert den Konzentrationsprozess. Das Berufsprestige der Journalisten schwindet. Durch diese Entwicklungen wird der wichtigste Service Public in der Demokratie geschwächt, zumal die Qualität der demokratischen Auseinandersetzung von den Vermittlungsleistungen der Informationsmedien abhängig ist.

Ferner ist unbestritten: Die publizistische Versorgung durch qualitätsschwache Gratismedien Online wie Offline hat ständig zugenommen. Die Kaufpresse steckt somit in einer grundsätzlichen Finanzierungskrise. Es ist vorhersehbar, dass die Gratiszeitungen und Onlinemedien im Vergleich zur Abonnementspresse und den öffentlichem elektronischen Medien weiter wachsen. Vor allem jüngere Altersgruppen zwischen 15 und 34 wurden bereits in einer Gratiskultur sozialisiert. In einer Kultur, in der das Episodische und der Human Interest das grösste Gewicht hat. Dies gilt auch für die Online-Newssites, die von der Reputation der Medientitel leben, aber den journalistischen Qualitätsanforderungen nicht genügen können. Es fehlt an den notwendigen Ressourcen.




Das das Rad der Zeit kann nicht mehr zurückgedreht werden. Der Vormarsch des Gratisangebotes wird ungebremst weitergehen, die Medien werden globaler. Ein paar Gedanken:
  • An Qualitätskontrollen von neutralen Institutionen mangelt es noch. Kann man wohldefinierte Kriterien aufstellen, um zu sehen, wer qualitativ gut informiert?
  • Wie wäre es, wenn regelmässig Preise verliehen würden für vorbidliche journalistische Arbeit?
  • Institutionen, die Medien analysieren, könnten sich zu einem Netzwerk zusammenschliessen.
  • Die Medienkompetenz sollte in den Schulen vermehrt gefördert werden.
  • Für die Finanzierung von gutem Journalismus muss noch eine Lösung gefunden werden. Autoren von Onlineportalen müssten wie im Musikmarkt (dort gibt es eine SUISA) entschädigt werden können.
  • Es schadet nichts, wenn Information und Unterhaltung nicht getrennt sind. Im Zusammenhang mit der Qualitätsverbesserung der Medien ist jedoch der Grundsatz wichtig, dass Kommentar und Information sauber getrennt werden.
Kritiker des Jahrbuches weisen darauf hin, dass Journalisten heute viel besser ausgebildet werden und ihr Marktwert deutlich gestiegen ist. Es wird zudem bestritten, dass Gratiszeitungen die Demokratie belaste. Im Zeitalter des Gratisangebotes wird mehr gelesen wird als früher. Das Bedürfnis nach vertiefenden Angeboten trotz des Einheitsbreies enorm zugenommen. Im Internetzeitalter kann jedermann vertiefendere Informationen beschaffen. Qualitativ hochstehende Beiträge sind schnell verfügbar.

Es bleibt doch beim täglichen Lesen der Eindruck, dass der Einheitsbrei dominiert und die Einfalt die Vielfalt verdrängt wird. Das mahnende Jahrbuch ist jedenfalls ein Ansporn, die Qualität der Medien zu optimieren.

Quellen:



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