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www.rhetorik.ch aktuell: (04. Mar, 2010)

Berner Motherfucker Affaire

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Der Stadtpräsident von Bern Alexander Tschäppät hat nach dem YB-Zürich Meisterschaftsspiel kräftig gefeiert. Nach ein paar Gläschen wurde er von der Mundart-Trash Band "Mani Porno" auf die Bühne gezerrt. Zusammen mit den Musikern stimmte er auf ein Liedchen mit der Zeile "Sämi Schmid motherfucker" an. Die Zuschauer sollen den Stadtpräsi mit den Worten " Allez, Allez, üse Stapi isch okay!" angefeuert haben. Quelle: Thurgauer Zeitung. Aus 20 Minuten vom 4. März:

Bürgerliche wettern, Juso drucken Shirts Nach der "Motherfucker-Affäre" von Stapi Alexander Tschäppät fordern die Bürgerlichen einen Verhaltenskodex für die Stadtregierung. Stapi Alexander Tschäppät. Info-Box Mani Porno: "Rummel total übertrieben" Plötzlich spricht die ganze Schweiz von einer Band aus dem Berner Breitenrain-Quartier: Mani Porno bestehen aus The Roc* (Bassist und Bass-trommler) und Gavioes*, dem Sänger. "Dieser ganze Rummel ist absolut übertrieben", sagt The Roc. "Alex wurde vom ganzen Publikum im Lokal, etwa 20 hartgesottene YB-Fans, mit Sprechchören genötigt, auf die Bühne zu kommen." Den Refrain "Sämi Schmid Motherfucker" und "Christoph Blocher M ..." habe Tschäppät nur einmal mitgesungen. "Wir hielten ihm das Mik unter die Nase." Der Auftritt von Stapi Alexander Tschäppät am Mikrofon dauerte bloss wenige Sekunden, die Reaktionen fallen aber heftig aus. "Nach zwei Gläsern Rotwein wird er lustig. Dann kippt sein Auftritt schnell ins Lächerliche", sagt FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen. "Wäre er nicht bei der SP, wäre er bei diesen Verfehlungen wohl längst aus der Regierung gemobbt worden." Ins gleiche Horn stösst FDP-Stadtrat Phi-lippe Müller. "Bei Festivitäten wird Tschäppät schnell feucht-fröhlich und vergreift sich dann im Ton." Tschäppät dazu: "Diese Aussagen überraschen mich nicht. Es handelt sich dabei um alte Klischees und Vorwürfe, die periodisch immer wieder neu erhoben werden - speziell vor Wahlen." Darum kommentiere er sie auch nicht. In der Öffentlichkeit habe er sich entschuldigt und er bedaure den Vorfall. "Samuel Schmid habe ich am Mittwoch noch angerufen und mich bei ihm persönlich entschuldigt." Christoph Blocher habe via Medien ausrichten lassen, das Ganze interessiere ihn nicht. "Wenn ich ihn das nächste Mal sehe, spreche ich die Sache aber noch an." Stadtrat Bernhard Eicher (Jungfreisinnige) fordert in einem Vorstoss nun einen Verhaltenskodex für den Gemeinderat. Derweil solidarisieren sich die Juso mit ihrem Stapi und verkaufen am YB-Heimspiel gegen Sion Shirts mit dem Aufdruck "Christoph Blocher Motherf***er".


Nachtrag vom 5. März, 2010: Der Tagesanzeiger schreibt::

Auf den Rausch folgt der Kater, nach dem Jubel kommt die Häme, und die Beschimpfung endet in Zerknirschung. Wenigstens gibt Alexander Tschäppät, der redselige Berner Stadtpräsident, alles ohne Umschweife zu. Ja, am Samstag nach dem Spiel der Young Boys gegen den FC Zürich sei man euphorisch gewesen. Ja, auch er habe ein paar Biere intus gehabt. Und ja, "ich habe mitgesungen". Das sei ein Fehler gewesen, und er bedaure ihn: "Mitgesungen, mitgehangen."


Im Teleblocher schiesst Blocher zurück, obwohl er sich zur Geschichte nicht äussern wollte.




Es gibt Politiker, die den Rückritt Tschäppäts fordern. Mich interessiert vielmehr die Frage, ob einem Stadtpräsidenten die Sicherung durchbrennen dürfen.

Der Politiker wurde verteidigt mit der Begründung: Tschäppäts ist ja nur ein Mensch. Man muss bei Politikern auch mal ein Auge zudrücken können. Denn es war gar nicht so gemeint, wie er es gesagt hatte. Die SVP provoziere auch. Ein SP Politiker dürfe somit nach dem Motto handeln: "Wie man in den Wald ruft, tönt es zurück". Aus kommunikativer Sicht lohnt es sich immer, Worte ernst zu nehmen.
[Auch im Alltag müsste sich etwa eine Mutter, die von ihrem Kind als Schlampe oder als "dumme Kuh" beschimpft wird, diese Worte ernst nehmen und eindeutig zeigen, dass das Kind so nicht sprechen darf. Auch eine Hauswirtschaftslehrerin, bei der im Unterricht ein Matcho-Junge Mädchen mit sexistischen Worten beleidigt, dürfte keine Auge zudrücken und klar und umissverständlich diese Worte zurückweisen. Es lohnt sich immer, Worte ernst zu nehmen.]
Einem Stadtpräsidenten die Sicherungen nie durchbrennen. In Krisensitationen darf man von ihm erwarten, dass er auch im Stress stets kühles Blut bewahrt.



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