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www.rhetorik.ch aktuell: (11. Jan, 2010)

Claude Begle's Führungsqualitäten

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Leuenberger und Begle
Während Tagen drangen in den Medien Details über Béglés Führungsqualitäten an die Öffentlichkeit. Bundesrat Leuenberger schwieg, obschon sich am Horizont ein Gewitter zusammenbraute. Erst nach dem zweiten Rücktritt stellte er sich stramm vor Béglé und kritisierte den zweiten Abgänger. Nach dem dritten Rücktritt merkte Bundesrat Leuenberger plötzlich, dass die Situation für ihn doch brenzlig werden könnte. Er versprach der Öffentlichkeit, die Sache zu untersuchen. Nach der ersten Klärung über das Auswahlverfahren, das angeblich korrekt verlaufen sei, entschloss sich Bundesrat Leuenberger für eine offensive Strategie. Weil das Auswahlverfahren angeblich korrekt verlaufen ist, bezichtigte er nun die Medien, sie betrieben eine Schlammschlacht und bezeichnete die Rücktritt als inszenierte Aktion.
Nach dem neuesten Abgang an der Post-Spitze forderten Politiker und Gewerkschafter eine rasche Klärung der Auslandstrategie von VR-Präsident Claude Béglé. Seine Führungsqualitäten gerieten immer stärker in die Kritik.

Es begann vor ein paar Tagen: SDA Beitrag vom 6. Januar, 2010:
"Die Situation im Verwaltungsrat ist unhaltbar", sagte Markus Hutter (FDP/ZH), Vizepräsident der für die Post zuständigen nationalrätlichen Fernmeldekommission (KVF), am Mittwoch der Nachrichtenagentur SDA. Es sei ein schlechtes Zeugnis für ein Gremium, wenn es bei einem Meinungsunterschied so auseinanderfalle. Dies sei "ein Fehler vor allem des Präsidenten", ist Hutter überzeugt. "Der Verwaltungsratspräsident muss sein Gremium im Griff haben." Der Nationalrat ortet das Problem im Fehlen einer "konsistenten" Kommunikationsstrategie im VR. Dass Béglé via Medien über Strategien der Post informierte, ohne sich vorher mit dem VR abzusprechen, ärgert auch Nationalrat und SP- Präsident Christian Levrat (SP/FR). Bundesrat Moritz Leuenberger müsse ein "ernsthaftes" Gespräch führen mit dem VR-Präsidenten. "Béglé muss ihm klar aufzeigen, wie er seine Rolle versteht und wie er zu den Abgängen steht." Auslöser der Diskussion ist ein neuerlicher Abgang an der Spitze des gelben Riesen: Am Dienstagabend kündigte der langjährige Verwaltungsrat Wolfgang Werlé seinen sofortigen Rücktritt an - zwei Wochen nach Rudolf Hug. Beide gaben als Grund "unterschiedliche Auffassungen" mit Béglé an. Mit der gleichen Begründung hatte der VR seinerseits am 14. Dezember 2009 Konzernchef Michel Kunz abgesetzt. Zweifel an Böglös Führungsqualitäten Ob Béglé nach diesen Rücktritten an der Spitze des Post-VR noch tragbar ist, wollen die Politiker nicht direkt kommentieren. Zweifel lassen sie aber durchaus durchblicken. Béglé sei zwar eine faszinierende Persönlichkeit, schillernd, mit vielen Kontakten und viel Wissen, sagten Peter Bieri (CVP/ZG) und Andrea Hämmerle (SP/GR). Er zweifle aber daran, dass er den VR richtig führen könne, sagte Hämmerle in der Sendung "Rendezvous" von Schweizer Radio DRS. Weder Béglé noch Leuenberger wollten am Mittwoch gegenüber der SDA Stellung nehmen. Leuenbergers Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) hatte bereits am Dienstag angekündigt, die Zusammensetzung des VR grundsätzlich zu überdenken. Dabei werde Béglé genauso wie alle anderen Mitglieder unter die Lupe genommen, betonte Sprecher Daniel Bach am Mittwoch. Klärung der Strategie nötig Für die Politiker und die Gewerkschafter prioritär sind nun allerdings nähere Informationen über die umstrittene Auslandstrategie von Béglé. Im Dezember hatte dieser in der Sonntagspresse erklärt, die Post müsse künftig auf gewinnbringende Geschäfte im Ausland setzen. Laut Bieri kommen diese Ideen nicht nur "unausgegoren und überfallartig" daher. Mitten in der Totalrevision des Postgesetzes kämen sie auch zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Für die Gewerkschaft transfair ist eine Klärung der Strategie gar Voraussetzung, damit der VR wieder zur Ruhe kommt. Immerhin liess sich die Post am Mittwoch in die Karten blicken: Damit das Unternehmen auch in Zukunft "gesund" bleibe, müsse es sich auch im Ausland entwickeln, etwa durch den Kauf von Gesellschaften oder auf Basis von Partnerschaften, hiess es in einer Stellungnahme. "Das Risiko bleibe dabei immer kalkuliert." Für eine Expansion in Frage kommen für den gelben Riesen die Finanzdienstleistungen oder die Informationsverwaltung. Der VR erarbeite die Strategie "schrittweise und in enger Zusammenarbeit" mit der Geschäftsleitung und dem Bund, betont die Post dabei. Klar gegen eine Expansion ins Ausland sind SP sowie SVP. Die Post habe weder das nötige Fachwissen noch die kritische Grösse oder die Mittel, um im Ausland angemessen tätig zu sein, sagte Levrat. Mit der angelaufenen Liberalisierung des Marktes sei sie in ihrem inländischen Kerngeschäft bereits genügend gefordert, heisst es bei der SVP.


SN vom 7. Januar, 2010:

Kommentar von Doris Kleck Bei der Post kracht es im Gebälk: Innert kürzester Zeit wurde der Postchef abgesetzt, und zwei Verwaltungsräte nahmen den Hut. Als Grund dafür nennen sie Verwaltungsratspräsident Claude Béglé. Keine Frage, Béglé ist eine schillernde Figur - momentan vor allem im negativen Sinn: Im Verwaltungsrat herrscht dicke Luft, dafür trägt der Präsident die Verantwortung. Allerdings, Béglé hat auch eine wichtige Diskussion angestossen, nämlich diejenige um die strategische Ausrichtung der Post. Und das ist zu begrüssen. Denn wir kennen es alle aus dem Alltag: Immer weniger Briefe nehmen wir aus dem Briefkasten, immer mehr lesen wir in unserem elektronischen Posteingang. Die technologischen Mittel erodieren das Briefgeschäft der Post. Diese muss sich nach neuen Geschäftsfeldern umsehen, das merkt jeder, der eine Poststelle betritt: Da meint man nämlich, man sei in einem Gemischtwarenladen. Der Wandel lässt sich aber nicht nur mit dem Bauchgefühl erklären, sondern auch mit harten Fakten. Heute steuert PostFinance zwei Drittel zum Gewinn bei. Béglé träumt von der grossen Expansion ins Ausland. Vorbehalte sind dabei aber angebracht: So stellt sich die Frage, ob die Schweizer Bürger als Eigner der Post das finanzielle Risiko einer Auslandsstrategie mittragen müssen. Als alternatives Wachstumsfeld bietet sich das Finanzgeschäft an. Dafür braucht die Post allerdings eine Banklizenz - eine Option, die noch einmal auf den Tisch muss. Heute kooperiert sie wegen der fehlenden Lizenz mit der Münchner Hypobank und der Valliant - ein einträgliches Geschäft für diese Banken. Für welche Strategie sich die Post und die Politik aber auch immer entscheiden: Eine Aufteilung der Post in einen staatlich finanzierten Teil für die Grundversorgung und einen privat-wirtschaftlichen Teil tut not.


NZZ vom 11. Januar, 2010:

Wahl von Post-Präsident Claude Béglé "absolut korrekt": Bundesrat Leuenberger spricht in Interview von "Schlammschlacht" Wahl von Post-Präsident Claude Béglé "absolut korrekt" Wahl von Post-Präsident Claude Béglé "absolut korrekt" Bundesrat Leuenberger spricht in Interview von "Schlammschlacht" Leuenberger wehrt sich gegen Vorwürfe Bild anklicken für Vollansicht Leuenberger wehrt sich gegen Vorwürfe (Bild: EQ) Postminister Moritz Leuenberger ist erzürnt über die "Schlammschlacht", die von ehemaligen Post- Verwaltungsratspräsidenten und ehemaligen Vorgesetzten von Post-Präsident Claude Béglé um dessen Person angezettelt worden sei. Die Wahl Béglés sei "absolut korrekt" abgelaufen. Bundesrat Leuenberger hat am Montagnachmittag die Wahl von Claude Béglé zum Verwaltungspräsidenten der Post vor der zuständigen Ständeratskommission verteidigt. "Das Auswahlverfahren ist absolut korrekt verlaufen", sagte er im Anschluss an die Sitzung vor den Medien. Er sei froh, dass er vor den Vertretern des Ständerats die Sachverhalte habe richtig stellen können. "Die Arbeit von Herrn Béglé wird sehr geschätzt", stärkte er Béglé den Rücken. Béglé ist in den letzten Wochen in den Medien wegen seines Führungsstils und den Abgängen des bisherigen Post-CEO Michel Kunz und von zwei Verwaltungsräten unter Druck geraten ist. Laut Leuenberger sind er selber, die Verwaltung und die Post darum bemüht, dass nun möglichst rasch wieder Ruhe einkehrt. Deshalb sei ein Ausschuss damit beauftragt worden, die Ereignisse der letzten Wochen aufzuarbeiten und die Wahl von neuen Verwaltungsräten vorzubereiten. Der Generalsekretär des Eidg. Departements für Umwelt, Energie und Kommunikation (UVEK), Hans Werder, sowie der Finanzverwalter Peter Siegenthaler hätten - anders als in einigen Medien kolportiert - keinesfalls die Aufgabe, das Anstellungsverfahren von Herrn Béglé zu untersuchen. Dazu bestehe kein Anlass.


Béglé versuchte geschickt, seine Haut zu retten, in dem er bei seiner Auslandstrategie zurückkrebste. Die Krise versucht nun Bundesrat Leuenberer zu überstehen, indem er auf weitere Untersuchungen verzichtet und sich voll und ganz hinter den neuen gelben König stellt. Dies in der Hoffnung dass sich das lodernde Feuer nicht mehr zu einem Flächenbrand eskalieren kann. Er gibt zwar zu, dass hinsichtlich Kommunikation nicht alles zum Besten bestellt war. Die Medienbeschimpfung des Medienministers wird bestimmt Folgen haben. Dass sich Leuenberger hinter seinen Postminister stellt, ist zwar nachvollziehbar. Wenn jedoch Béglé tatsächlich gewöhnt ist, als Einzelkämpfer seine Pläne durchzupauken, dann rächt sich Leuenbergers Haltung langfristig. So - wie das Amen in der Kirche- wird es bestimmt für Leuenberger weiter unliebsame Fortsetzungsgeschichten geben. Nur Leuenberger hätte es jetzt in der Hand, das Feuer zu löschen. Statt die Krise schönzureden, müsste er jetzt unverzüglich Führungsstärke beweisen. Er müsste die Angelegenheti gründlich untersuchen und zugeben, welche Fehler begangen worden sind. Dass Béglé früher oder später abtreten muss, ist offensichtlich.


Nachtrag vom 13. Januar, 2010: Zum selbskritischen Auftritt Béglés:

Nach der Phase des Schweigens überzeugte der gelbe König, in dem er die Kritik ernst nahm und Fehler eingestand. Sein Auftritt und seine Argumente überzeugten im CLUB:
  1. Er sprach ruhig, in lockerer Haltung. Er machte überlegte Pausen. Wirkte sicher, sprach nicht hektisch, zeigte keine Anzeichen eines Falschspieles. Nur der gerötete Nacken machten bewusst, dass der Redner gestresst sein musste.
  2. Mit den Eingeständnissen - am Anfang der Sendung - gelang es ihm , Druck wegzunehmen. - Er gab zu, früher zu schnell, zu laut gewesen zu sein. Er gab auch zu, dass der Nestlé Vergleich ein Kommunikationsfehler gewesen war. Alles sei jedoch nur ein Missverständnis gewesen. Er verwies darauf, dass Französisch seine Muttersprache sei.
  3. Er verzichtete im CLUB auf eine weitere Medienbeschimpfung. Im Gegenteil: Er nutzte jetzt die Medien geschickt als Plattform, die Argumentationen zu vermitteln.
Leider hatte er sich vor der jüngsten Schweigephase nicht so gut verhalten. Aber der jetzige Auftritt war professionell. Er scheint, etwas gelernt zu haben. Das Argument, dass es überall schwierig sei, Veränderungen zu akzeptieren, war nachvollziehbar und wurde verstanden. Die drei Rücktritte schob Béglé der "Postkultur" zu, die wie eine Familie zusammenhält und sich dadurch gegen alles Neue gewehrt hatte. Er verglich sich mit einem Fremden (analog dem bekannten Verhalten der Bevölkerung, Ausländern gegenüber). Seine Bemerkung: Eine so grosse Welle an Kritik habe er noch nie erlebt. So etwas sei bei ihm das erste Mal gewesen in seinem Leben, verstärkte das Bild, dass Béglé Opfer seines Tatendranges im Dienste der Post wurde. Wenn es Béglé mit dieser Sendung gelungen ist, Druck weg zu nehmen, könnte es für ihn ein Befreiungsschlag gewesen sein. Wer Schuld auf sich nimmt, kann nicht mehr gut weiter beschuldigt werden. Das zeigt sich immer wieder beim MEA CULPA. Diese selbstkritische Haltung vermisste man bereits bei Bundesrat Schmid der Nef Affaire oder bei Bundespräsident Merz bei den UBS und Libyen Geisel Krisen. In anderen Interview war Béglé weniger souverän. Die Einsicht könnte den Postchef retten. Schon im jüngsten NZZ Interview gab er zu, dass er die Tendenz hatte, zu viel zu reden. Wortwörtlich heisst es:

"Dies war wohl ein Fehler. Ich war zu vertrauensselig und habe unterschätzt, was ich auslösen kann, wenn ich laut denke."


Früher hatte Béglé den Fehler gemacht, statt zu schweigen, unbedacht laut zu denken. Er scheint gelernt zu haben. Im Gegensatz zu damals handelte er nun bedacht. Er schwieg längere Zeit vor der Medienoffensive, um zu überlegen, wie er seinen Hals aus der Schlinge kriegen kann. Erst dann sprach er.

Die Praxis wird die Nagelprobe sein: Hat er es tatsächlich ernst gemeint mit seiner Aussage, die kleinen Poststellen mit dem Service public sei wichtig? Auch muss er beweisen, dass er tatsächlich auf die Auslandstrategien verzichten wird. Denn zu dieser Thematik hat er jüngst andere Aussagen gemacht. Für Bundesrat Leuenberger sind noch nicht alle Probleme ausgeräumt. Der "Tagi" meint:

Begle im Club
Bis zu diesem Abend hat Claude Béglé geschwiegen. Jetzt sprach er erstmals im "Club" - und gesteht Fehler ein. Er nehme die Kritik an, dass er zu forsch aufgetreten sei. Auch habe er innerhalb der Post für Unsicherheiten und Irritationen gesorgt, weil er sich ab und zu in den Medien sehr offen geäussert habe. Der Post-Verwaltungsratspräsident bezog sich dabei auf den Kritiksturm, den er mit dem Vergleich der Post mit Nestlé ausgelöst hat. Dazu sagte Béglé: "Ich habe einen Kommunikationsfehler begangen." Er habe mit dem Vergleich nicht sagen wollen, dass die Post eine Multimilliarden-Expansion im Ausland starten solle. "Meine Idee war es zu sagen: Sehen Sie, eine Firma, die im Ausland erfolgreich ist, das hilft auch der nationalen Wirtschaft", erklärte sich Béglé.



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