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www.rhetorik.ch aktuell: (12. Dez, 2009)

Wortgefecht zwischen Fetz und Blocher

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:


Anita Fetz hatte den Volksentscheid gegen die Minarette hart kritisiert. Sie meinte in der Basler Zeitung zum Volksentscheid gegen Minarette: "Demokratie hört auf, wenn sie rechtsstaatliche Grenzen verletzt", und brachte ein Beipiel aus der Geschichte: Auch Hitler sei mit einer demokratischen Mehrheit an die Macht gewählt worden.

Christoph Blocher konterte in der BAZ: "Das deutsche Volk hat Hitler nie zur Mehrheit verholfen. Es war die damalige classe politique, die Hitler im Januar 1933 zum Reichskanzler machte."

Fetz erwiderte, dass die Wahl indirekt, via demokratisch gewähltes Parlament passiert sei, und die Ernennung zum Reichskanzler durch Reichspräsident Hindenburg nach deutscher Verfassung legal und demokratisch geschehen sei.

Der "Blick" gibt beiden recht:
Photomontage vom "Blick"
Rein verfassungsrechtlich gesehen hat Anita Fetz recht: Hindenburg, vom Parlament gewählt, durfte Hitler im Januar 1933 sehr wohl als Reichkanzler einsetzen. Doch auch Blocher liegt richtig, wenn er der "classe politique" eine Mitverantwortung an Hitlers Aufstieg gibt. Tatsächlich setzten rechte Lobbyistenverbände Reichspräsident Paul von Hindenburg wochenlang unter Druck, bis er Hitler zum Reichskanzler ernannte. Und doch ist der Streit der beiden wenig erhellend in Bezug auf die heutige Debatte um Volksiniativen. Das System der Parlamentarischen Demokratie war lange vor 1933 ausgehöhlt worden (nämlich seit der damalige Reichskanzler Heinrich Brüning 1930 mangels parlamentarischer Mehrheit mit Notverordnungen zu regieren begonnen hatte). Die Frage, ob Hitler in dieser Krise der Demokratie 1933 "völlig legal und demokratisch zum Kanzler gewählt wurde", erübrigt sich damit.

Was von der Debatte zwischen Fetz und Blocher über Hitler bleibt: Beide verstehen unter "Demokratie" etwas anderes, wie die "BaZ" treffend schreibt. Für Fetz ist auch eine parlamentarische Demokratie ein demokratisches System, in dem das Volk indirekt, aber dennoch eindeutig das Sagen hat. Für Blocher dagegen ist nur wirklich demokratisch, was vom Volk direkt entschieden wird. Eine Ironie, dass Blocher als Bundesrat nicht direkt, sondern durch das Parlament gewählt (und abgewählt) worden ist.
Das Wortgefecht macht deutlich, dass nach der jüngsten Abstimmung das Klima zwischen den zwei Lagern gereizt und vergiftet ist. Nicht nur unter der Oberfläche wird es noch lange heftig gären.




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