Maulkorb für Atheisten stösst auf Unverständnis
"Da ist wahrscheinlich kein Gott", behauptet die Schweizer
Freidenker-Vereinigung. Ein Verbot ihrer Plakate mit diesem Slogan
verstösst aus ihrer Sicht klar gegen die Meinungsfreiheit.
Die Freidenker-Vereinigung Schweiz (FVS) wurde 1908 gegründet. Sie
fordert unter anderem die Aufhebung der steuerlichen Privilegierung der
öffentlich-rechtlich anerkannten Landeskirchen, die Möglichkeit
zur Befreiung juristischer Personen von der Kirchensteuer sowie die
Einführung eines allgemein obligatorischen Fachs Ethik anstelle
des Religionsunterrichts in der Grundschule. Mitglied werden kann jeder,
der das 16. Lebensjahr vollendet hat. (Quelle: Wikipedia)
Derzeit sind schweizweit rund 1500 Mitglieder in 13 regionalen Sektionen
gemeldet. Bekannte Freidenker waren Albert Einstein, Leonardo da
Vinci, Sokrates, Galileo Galilei, Friedrich Nietzsche und Friedrich
Dürrenmatt.
Das Thema erhitzt die Gemüter: Darf man Plakate einer Organisation,
die für atheistische Ideen wirbt, verbieten? Diese Frage haben
sich viele Bürger der Schweiz gestellt, nachdem die Stadt Luzern
und die Verkehrsbetriebe genau dies getan haben. Die Diskussion um
die fragwürdige Werbemassnahme hat damit eine neue Richtung
genommen. Es geht nicht mehr um Religions-, sondern vielmehr um
Meinungsfreiheit. Naturgemäss sieht die Freidenker-Vereinigung
(FVS) vor allem letztere mit Füssen getreten.
Das Leben ist schön
Auf Plakaten will die Organisation bald in der ganzen Schweiz dafür
werben, das Leben zu geniessen, anstatt sich über die mögliche Existenz
einer höheren Macht den Kopf zu zerbrechen. Doch zumindest in Luzern
wird keines dieser Plakate prangen.
Die Luzerner CVP will keine "Werbung einer Organisation dulden, die
zum Kirchenaustritt aufruft". Darüber können die Mitglieder
der FVS nur den Kopf schütteln: "Die 'Allianz der Religiösen'
richtet sich explizit gegen die Trennung von Staat und Kirche und dient
dazu, im Namen der neuen 'religiösen Empfindlichkeit' die Kritik
an den Religionen und damit die Meinungsäusserungsfreiheit zu
beschränken. Die Freidenker wollen niemandem den religiösen
Glauben wegnehmen", wehrt sich Reta Caspar, Leiterin der
Freidenker-Geschäftsstelle in Bern.
Nicht nur sie stellt sich die Frage: Warum soll die Kirche für ihre
Sache werben dürfen, um neue Schäfchen in die christliche
Herde zu holen, während Nichtgläubige oder eben Freidenker
zum Schweigen verdonnert sein sollen? Umso mehr, als nach Ansicht von
Experten religiöse Werbung allgegenwärtig ist. So schreibt
beispielsweise Oliviero Toscani: "Die grösste Werbekampagne der
Menschheitsgeschichte wurde von Jesus Christus lanciert. Sie lief unter
dem universellen Slogan 'Liebe Deinen Nächsten'. Und sie hatte ein
bemerkenswertes Logo: das Kreuz.
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