1970-80: Der pakistanische Atomspezialist Abdul Qaader Khan
kopiert in Holland in einem Labor für Urananreicherung Pläne.
1976: Khan errichtet eine Nuklearfabrik in Pakistan und leitet das
pakistanischen Kernforschungsprogramms. Er verkauft über ein Netzwerk
Pläne an Libyien, Nordkorea und Iran. Der Engeneer Friedrich
Tinner exportiert Güter. Der CIA behauptet, das sei für
das pakistanische Atomprogramm.
1987: Khan verschafft dem Iran Pläne und Uran-Zentrifugen. Friedrich
Tinner soll in den Deal involviert sein.
1991: Die von Tinner gegründete Firma Cetec will über Umwege 300
Ventile für eine Hochgeschwindigkeitszentrifuge in den Irak liefern.
1996: werden die Ventile von Uno-Inspektoren beschlagnahmt.
1997: Libyen startet mit Hilfe Khans ein geheimes Atomwaffenprogramm.
Kahn beschafft die Gas-Ultra-Zentrifugen für die Urananreicherung.
Auch hier Vater Friedrich und seine beiden Söhne Marco Tinner und Urs Tinner
beteiligt.
1998: Pakistan zündet seine erste Atombombe. Der Vater der
"islamischen Bombe" ist Khan.
2000: Urs Tinner wird in Dubai vom amerikanischen Geheimdienst CIA
angeworben.
2002: Urs Tinner bildet libysche Techniker aus und errichtet in Malaysia
nach Plänen Khans eine Produktionsstätte zur Fertigung von
Zentrifugenteilen, die zur Urananreicherung in Libyen bestimmt sind.
2003 Oktober: Der Frachter "BBC China" mit Nukleartechnologie wird auf
dem Weg von Malaysia nach Libyen in Italien abgefangen. Angeblich kam
der Wink von der CIA.
2003 Dezember: Muammar al-Gaddafi kündigt Ende Jahr den Stopp
des Atomwaffenprogramms an.
2004 4. Februar: Abdul Qader Khan gibt illegale Lieferungen von Atomtechnologie an
den Iran, Libyen und Nordkorea zu, wird aber von Pervez Musharraf
begnadigt. Libyen stellt sein Atomwaffenprogramm ein.
2004 19. Februar: Die IAEA übergibt dem Schweizer Staatssekretariat
für Wirtschaft (seco) eine Liste mit den Namen von 15 Personen
und zwei Firmen, die im Verdacht stehen, an den geheimen Atomprogrammen
teilgenommen zu haben.
2004 25. August: Die Bundesanwaltschaft nimmt auf Grund eines deutschen
Rechtshilfegesuchs Hausdurchsuchungen im Fall Lerch vor.
2004 8. Oktober: Die Schweizer Ingenieure Friederich und
Urs Tinner werden in Deutschland verhaftet.
Gegen sie wird wegen Verstössen gegen das Güterkontroll- oder
Kriegsmaterialgesetz ermittelt. Urs Tinner informierte nach eigenen
Angaben den US-Geheimdienst CIA über die Geschäfte.
Urs Tinner informierte nach eigenen Angaben den US-Geheimdienst CIA
über die Geschäfte.
2004 13. Oktober: Die Bundesanwaltschaft eröffnet gegen Urs Tinner
und weitere Beschuldigte ein Verfahren wegen Verdachts auf Verstösse
gegen das Güterkontrollgesetz und gegen das Kriegsmaterialgesetz.
2004 14. November: Gotthard Lerch wird an seinem Wohnort in Grabs im
St.Galler Rheintal auf Ersuchen Deutschlands verhaftet. Er wird im Juni
2005 an Deutschland ausgeliefert.
2005 18. August: Die Bundesanwaltschaft weitet die Ermittlungen gegen
die Familie Tinner auf den Tatbestand der Geldwäscherei aus.
2005 5. September: Auch
Friedrich Tinner und Marco Tinner werden
verhaftet, ebenso der Schweizer Ingenieur Daniel Geiges in Südafrika.
Friedrich Tinner wird Anfang 2006 wieder aus der Haft entlassen.
2006 Jan: Friedrich Tinner wird aus de Haft entlassen.
2006 15. Mai: Die USA streichen Libyen von der Liste der
Terrorismus-unterstützenden Staaten und kündigen die
Wiederherstellung voller diplomatischer Beziehungen zu Tripolis an.
2006 Mai: Liechtenstein lässt auf Grund von schweizerischen
und deutschen Rechtshilfegesuchen im Zusammenhang mit der
Atomschmuggel-Affäre Bankkonten sperren. Die USA ignorieren
Rechtshilfegesuche aus der Schweiz.
2006 26. Juli: Prozess gegen den in die Affäre verwickelten
deutschen Ingenieur Gotthard Lerch wird ausgesetzt, weil dem Gericht keine
vollständigen Akten vorliegen und weil mehrere Rechtshilfeersuchen
hängig sind. Die Schweiz sagt Rechtshilfe zu, aber der Angeklagte
wird im August 2006 frei gelassen.
2007 Juli: Christoph Blocher trifft sich in Washington D.C. mit
US-Justizminister Gonzalez und Spitzen des US-Geheimdiensts. Die
US-Vertreter dr&aum;ngen in der Affäre Tinner nicht wegen Spionage
zu ermitteln.
2007 31. Juli: Libyen unterzeichnet die Uno-Konvention gegen
Atom-Schmuggel.
2007 August: Der Bundesrat verwehrt der Bundesanwaltschaft, im Fall
Tinner Ermittlungen wegen Verdachts auf Nachrichtendienst für einen
Drittstaat aufzunehmen.
2007 15. Oktober: Das Bundesgericht weist eine Beschwerde eines der
inhaftierten Schweizer Ingenieure ab.
2007 14. November: Das Oberlandesgericht Stuttgart entscheidet, den
2006 am Landgericht Mannheim geplatzten "Atomschmuggel"-Prozess neu
aufzurollen. In der Schweiz verfügt der Bundesrat in einem geheim
gehaltenen Beschluss, umfangreiche Datenträger und Dokumente aus
dem Tinner-Verfahren der Bundesanwaltschaft durch die Bundespolizei und
unter Aufsicht der IAEA vernichten zu lassen.
Die Dokumente enthalen Baupläne für Atomwaffen, Gaszentrifugen und
Lenkwaffensysteme.
2007 28. Dezember: Das Bundesstrafgericht in Bellinzona wird über
den Bundesratsbeschluss zur Vernichtung der Akten informiert. Das Gericht
interveniert nicht gegen die Aktenvernichtung.
2008 5. Februar: In Pretoria wird der in den Atomschmuggel verwickelte
69-jährige Südafrika-Schweizer Daniel Geiges nach einem
weitgehenden Geständnis zu einer langjährigen Haftstrafe
verurteilt. Bereits im September 2007 war der Deutsche Gerhard Wisser zu
einer bedingten Haftstrafe verurteilt worden. Die zwei Männer sollen
die Fertigung von Bauteilen für das libysche Atomwaffenprogramm
überwacht und koordiniert haben.
2008 13. März: Der Eidgenössische Untersuchungsrichter
Andreas Müller bestätigt Medienberichte, wonach in der Affäre um
die Schweizer Ingenieure Akten veschwunden sind oder l¨ckenhaft sind.
2008 28. April: Das Eidgenössische Untersuchungsrichteramt
verfügt die Entlassung von Urs Tinner und Marco Tinner
aus der Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft legt dagegen
Bundesstrafgericht Beschwerde ein. Urs und Marco bleiben vorerst in Haft.
2008 23. Mai: Bundespräsident Pascal Couchepin bestätigt
erstmals die Aktenvernichtung im Fall Tinner. Er begründet die vom
Bundesrat im November 2007 beschlossene Aktion damit, die fraglichen
Unterlagen hätten detaillierte Baupläne für Atomwaffen und
für Lenkwaffenträgersysteme enthalten. Der anhaltende Besitz
solcher Unterlagen verstosse gegen den Atomsperrvertrag. Die Dokumente
seien zudem ein erhebliches Sicherheitsrisiko für die Schweiz und
die Staatengemeinschaft gewesen.
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2008 27. Mai: Die Geschäftsprüfungsdelegation
(GPDel) der Eidgenössischen Räte beschliesst weitere
Anhörungen und Akteneinsichten wegen der Aktenvernichtung in der
Atomschmuggelaffäre. Sie beschwert sich zudem, durch den Bundesrat
erst am 8. Februar über die Aktenvernichtung informiert worden
zu sein.
2008 28. Mai: Das Bundesstrafgericht gibt der Bundesanwaltschaft Recht
und lehnt die Haftentlassung von Urs und Marco Tinner wegen Flucht-
und Verdunkelungsgefahr ab.
2008 29. Mai: Das Bundesstrafgericht entscheidet, dass die Gebrüder
Tinner in U-Haft bleiben.
2008 31. Mai: Bundespräsident Pascal Couchepin,
Verteidigungsminister Samuel Schmid und Justizminister Christoph
Blocher verteidigen die Aktenvernichtung: Die Dokumente hätten
ein Sicherheitsrisiko dargestellt. Die Aktion sei in Absprache mit der
Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) erfolgt.
Druck von CIA wird verneint.
2008 2. Juni: Der Bundesrat leitet wegen der umstrittenen Aktenvernichtung
ein Strafverfahren wegen Amtsgeheimnisverletzung ein. Pierre Cornu wird
als ausserordentlichen Bundesanwalt eingesetzt.
2008 5. Juni: Vor dem Oberlandesgericht in Stuttgart wird der Prozess
gegen Gotthard Lerch neu aufgerollt, der ebenfalls in den Atomschmuggel
verwickelt sein soll. Die Gebrüder Tinner wollen in diesem Prozess
nicht aussagen.
2008 15. Juni: Die in der Schweiz vernichteten Dokumente enthielten nach
einer von den Medien veröffentlichten Studie des Atomwaffenexperten
David Albright Baupläne für einen neuartigen Atomsprengsatz.
2008 21. Juni: Khan bestreitet in einem NZZ-Interview, den Tinners
Nuklearpläne geliefert zu haben.
2008 23. Juni: Die St. Galler Staatsanwaltschaft lässt Baupläne
für einen Autoklaven zur Uran-Anreicherung versiegeln. Die Akten
aus einem Strafverfahren aus den 1980er-Jahren wurden seit Jahren im
Staatsarchiv aufbewahrt.
2008 3. Juli: Die Geschäftsprüfungsdelegation hört die
Bundesräte Schmid und Calmy-Rey sowie alt Bundesrat Blocher zum
Atomschmuggelfall Tinner an.
2008 5. August: Das Bundesgericht weist die Beschwerden der
Gebrüder Tinner ab. Die Bundesanwaltschaft hält es laut dem
Urteil für erwiesen, dass Urs Tinner und Marco Tinner seit Juni 2003 mit
der CIA zusammengearbeitet haben. Sie geht zudem davon aus, dass der
Bundesrat die Aktenvernichtung "auf Drängen von amerikanischer Seite"
beschlossen hat.
2008 8. August: Das Bundesgericht weist die Beschwerden der Gebrüder
Tinner ab. Gleichentags schreibt die Bundesanwaltschaft, der Bundesrat
habe die Vernichtung der Tinner-Akten auf Druck der USA angeordnet.
2008 2. September: Urs Tinners Anwalt bestätigt, die Familie Tinner
habe vom CIA eine Million Dollar erhalten.
2008 16. Oktober: Das Stuttgarter Oberlandesgericht verurteilt den
65-jährigen Ingenieur Lerch wegen Beteiligung an der Entwicklung
einer für das Ausland bestimmten Atomwaffe zu fünfeinhalb
Jahren Gefängnis.
2008 11. November: Bundesanwalt Erwin Beyeler gibt bekannt, dass
Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf den Vollzug der Aktenvernichtung
mit einem Wiedererwägungsgesuch aufschieben wollte, damit aber
Anfang 2008 im Bundesrat nicht durchdrang. Beyeler will den Fall Tinner
ungeachtet von Entschädigungsfolgen vor Bundesstrafgericht bringen.
2008 23. November: Der Anwalt von Urs Tinner klagt vor dem
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg
wegen der Aktenvernichtung durch den Bundesrat.
2008 19. Dezember: Urs Tinner wird nach vier Jahren Untersuchungshaft
freigelassen. Das eidgenössische Untersuchungsrichteramt will die
Untersuchungshaft auch im Falle des Bruders Marco Tinner aufheben. Dies
wird jedoch durch eine Beschwerde der Bundesanwaltschaft (BA) ans
Bundesstrafgericht in Bellinzona verhindert.
2008 20. Dezember: Der Bundesrat spricht sich gegen
die Veröffentlichung eines Berichts der GPDel zur
Atomschmuggel-Affäre aus. Diese will aber auf die Forderung nicht
eingehen.
2009 21. Januar: Die 1. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts weist
die Beschwerden der Bundesanwaltschaft und von Marco Tinner selber gegen
dessen Freilassung aus der Untersuchungshaft ab. Wegen Fluchtgefahr
erhöht sie die Kaution auf 100'000 Franken.
2009 22. Januar: Urs Tinner äussert sich im Dokumentarfilm des
Schweizer Fernsehens
"Der Spion, der aus dem Rheintal kam" erstmals
öffentlich zur Affäre und der Zusammenarbeit mit der CIA.
In einem Bericht bezeichnet die GPDel die vom Bundesrat
angeordnete Aktenvernichtung als unverhältnismässig. Zudem
bestätigt sie, dass die Aktion auf Druck der USA erfolgte.
2009 23. Januar: Auch Marco Tinner wird aus der Untersuchungshaft
entlassen.
2009 1. April: Trotz der Schredder-Aktion des Bundesrates im November
2007 sind noch Aktenkopien zur Affäre Tinner in einem Archiv der
Bundesanwaltschaft. Die Unterlagen waren der Shredder-Aktion
des Bundesrates entgangen.
2009 23. Juni: Der Bundesrat entscheidet, dass die brisanten Dokumente
schnell vernichtet werden sollen. Alle anderen Unterlagen werden
aufbewart.
2009 24. Juni: Der Bundesrat beschliesst, den grössten Teil
der Aktenkopien den Strafverfolgungsbehörden zugänglich zu
machen. Die Dokumente mit Atombombendesign - rund 100 Seiten - sollen
aber sofort vernichtet werden.
2009 30. Juni: Die GPDel bezeichnet den Beschluss, die Akten zu
vernichten, als unzulässigen Eingriff in die Justiz. Sie fordert
den Bundesrat auf, den Beschluss rückgängig zu machen und alle
Akten der Justiz zugänglich zu machen.
2009 2. Juli: Der Bundesrat leht die Forderungen der GPD ab, die
Unterlagen den Strafbehörden zu geben. Brisante Atombomben
Baupläne sollen durch Platzhalter ersetzt werden.
2009 4. Juli: Der Untersuchungsrichter Andreas Müller erlässt
Verfügung, die Akten herauszugeben.
2009 9. Juli: Der Bundesrat bekräftigt seine Weigerung, die Akten
herauszugeben. Bundespräsident Merz bezeichnet die Verfügung
als endgültig und nicht anfechtbar.
Das Bundesstrafgericht fordert Andreas Müller auf, gegen den Bundesrat Zwangsmittel zu ergreifen.
Der Bundesrat antwortet eine solche Beschlagnahmung sei rechtlich nicht möglich.
2009 10. Juli: Berner Kapo Beamte haben bei einer
Hausdurchsuchung auf Anordnung des eidgenössischen
Untersuchungsrichteramtes einen Tresor konfisziert, der den Schlüssel
zu den Tinner-Akten enthält. Es soll Beweismaterial im Fall Tinner enthalten.
Die Schweizer Regierung will im höheren Sicherheitsinteresse die Akten vernichten.
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