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www.rhetorik.ch aktuell: (29. Mai, 2009)

Moderieren heisst, andere zum Reden zu bringen

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Moderieren heisst, sich zurücknehmen und ein Gespräch lenken, führen und zum Ziel führen. Ein guter Moderator, bringt die Gesprächteilnehmer zum Reden. Es nimmt sich bewusst zurück.

Es ist für Zuschauer ärgerlich, wenn Moderatoren mitdiskutieren. Frank A. Meyer zum Beispiel hat sich beim Moderieren oft nicht moderat verhalten. Bei seinen Moderationen sprach er manchmal länger die Befragten und gewichtete seine Position offensichtlich. Der bekannte Journalist erklärte mir einmal, dass er einen anderen Moderationsstil pflege: er moderiere "bewusst diskutierend".

Dass es Fälle gibt, bei denen ein Moderator auch mitdiskutieren darf, gibt es tatsächlich. Doch handelt es sich dann um eine besondere Moderationsform, wie sie ein Teamleiter kennen muss. Vor allem in einem Team soll und darf ein Leiter mit diskutieren. Doch diese Gesprächsleitung hat nichts mit der üblichen Moderation in den elektronischen Medien zu tun. Im Buch "Team und Kommunikation" wird auf diese besonders heikle Form der Gesprächsleitung hingewiesen: Wenn ein Moderator auf der Prozessebene leiten muss (Gespräch steueren, Zeitplan managen, Langredner zurückbinden und mit Fragen das Gespräch lenken muss), so darf ein Teamleiter - wie jedes andere Teammitglied - auch auf der Sachebene seine Ideen einbringen. Doch darf das Team erwarten, dass sich der Teamleiter auch an die Spielregeln hält und auf Übertretungen sofort reagiert und eingreift. Das Team wünscht vor allem, dass der Teamleiter seine Beiträge nicht bevorzugt oder mehr gewichtet, weil er der Chef ist. Der Beitrag des Teamleiters darf nicht mehr Gewicht haben, als die Aussagen der Teammitglieder.

Bei üblichen Moderationen jedoch ist ein Mitdiskutieren verpönt. Die Gesprächsleitung im Team muss gelernt und geübt werden.

Am 27. Mai 2009 wurde Iris Radisch im DRS 2 zu ihrer Arbeit als Moderatorin interviewt. Als sie als Leiterin des Literaturclubs mit dem Vorwurf konfrontiert wurde, sie dominiere in den Sendungen zu stark, meinte sie:

  • Ich riskiere bewusst viel. Lieber eine riskante Sendung, als eine langweilige.
  • Ich will nicht (mit Stichworten) abfragend durch eine Sendung führen.
  • Ich will meine Meinung einbringen.
  • Ich habe etwas Missionarisches und will bewusst Leute dazu bringen, ein Buch gut zu finden.
  • Ich möchte, dass andere das Buch gut finden, das ich auch gut finde.
  • Und es freut mich, wenn andere das gut finden, was ich gut finde.
  • Gott sei Dank gehen bei mir manchmal die Pferde durch. Die Sache ist mir zu wichtig und ich kann mich aufregen, wenn...
  • Ich hatte früher geschireen. Um etwas zu bewirken musste man in Deutschland manchmal mit dem Megafon schreien. In der Schweiz habe ich viel später erkannt, dass das Publikum das Tempo und diese Lautstärke nicht liebt.


Auch Iris Radisch sollte mehr aufs Missionarische verzichten. Sie müsste lernen, zuhörend zu moderieren. Moderieren heisst, nicht nach Stichworten abfragen, sondern mitdenken, Meinungen einander gegenüber stellen und Gegensätze bewusst machen, Sachverhalte herausschälen und auf den Punkt bringen. Dann ist moderieren alles andere als langweilig.



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