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www.rhetorik.ch aktuell: (13. Mar, 2009)

Das Bankgeheimnis ist gelockert

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:


Bundesrat Merz an der Pressekonferenz vom 13. März
Die Schweiz gibt dem Druck nach. Der Bundesrat hat bekanntgegeben, dass das Bankgeheimnis gelockert wird. Damit wollte der Bundesrat verhindern, dass die Schweiz auf die schwarze Liste der "Steueroasen" kommt. Die Parteien reagierten unterschiedlich: Für Die SP und Grünen ist dies der Schritt in die richtige Richtung, die CVP findet das Vorgehen richtig, wenn alle andern Steueroasen analog handeln. Für die SVP hat sich der Bundesrat erpressen lassen.


20 Minuten:
Mark Pieth Basler Strafrechtler und Experte für Wirtschaftsdelikte meint, der Bundesrat sei zu passiv gewesen. Ihm sei zuletzt nur noch übrig geblieben, die OECD-Standards zu übernehmen.
NZZ:
Noch länger auf dem Status quo zu beharren, hätte sich insbesondere für die betroffene Branche nicht ausbezahlt. Wer sich in diesem Spiel nicht bewegt, verliert. Würde die Schweiz am G-20-Gipfel auf eine schwarze Liste der Steueroasen gesetzt, erhielte der Finanzplatz längerfristig grössere Probleme als durch die nun gemachten Konzessionen. Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, die USA und andere Länder habe die Schweiz geschickt in die Enge getrieben. Sie zwangen zuerst die kleinen Steuerstandorte wie Liechtenstein zum Einlenken, womit der Schweiz keine Wahl mehr blieb: Figurierte die Schweiz praktisch allein auf einer schwarzen OECD-Liste der Steuersünder, liefen den Banken - abgesehen von allfälligen Sanktionen - die Kunden davon.

Spiegel:
Die Drohung mit der Schwarzen Liste hat gewirkt: Europas Steuerparadiese wollen ihr Bankgeheimnis lockern. Nach Liechtenstein und Andorra zeigen nun auch die Schweiz, Österreich und Luxemburg ein Einsehen. Die EU-Kommission spendet vorsichtiges Lob.
Swiss info:
Bankgeheimnis: Die Schweiz gibt dem Druck nach Das Ende des kleinen Unterschiedes: Künftig leistet die Schweiz auch bei Steuer-Hinterziehung Rechtshilfe. Das Einlenken des Bundesrats auf den OECD-Standard bei der Rechtshilfe in Steuersachen sei grundsätzlich positiv zu werten, sagt der Strafrechtsexperte Mark Pieth. Allerdings hätte der Bundesrat früher handeln sollen. Mit der Übernahme des Musterabkommens der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gibt die Schweiz im Bereich der internationalen Amts- und Rechtshilfe die Unterscheidung zwischen Steuer-Hinterziehung und Steuer-Betrug auf.
Blick:
Bankgeheimnis: Die Kapitulation. Das Bankgeheimnis ist Geschichte. Der Bundesrat hat es abgeschafft. Ist das schlimm? Und vor allem: für wen? Antwort: Niemand weiss es.


Nachtrag vom 14. März: In einem Spiegel Interview nimmt Anwalt Lucius Blattner Stellung:
Spiegel: Warum hat die Schweiz das gemacht?
Blattner: Der Druck auf die Schweiz ist zu gross geworden. Dabei geht es vor allem um die wirtschaftlichen Konsequenzen, mit denen uns gedroht wurde. Deutschland ist unser wichtigster Aussenhandelspartner. Natürlich hätten wir auf stur schalten können, aber dann wären uns Zölle und andere Restriktionen auferlegt worden.
Spiegel: Finden Sie dieses Vorgehen der EU fair?
Blattner: Als Schweizer halte ich das für einen Eingriff in die Souveränität eines Staates. Salopp gesagt war es Nötigung.
Spiegel: Was heisst das für das Schweizer Selbstverständnis? lattner: Sie kennen ja die Geschichte von dem letzten Dorf, dass sich den Römern widersetzt. Wir Schweizer fühlen uns oft wie die Gallier Europas bei Asterix und Obelix. Wir sind traditionell gewohnt, über vieles selbst bestimmen zu können. Die direkte Demokratie ist hier sehr viel stärker ausgeprägt als in vielen anderen Ländern. Jetzt haben wir eine gewisse Angst, dass ein unbekanntes Wesen, nämlich die EU, festlegt, was bei uns geht. Das ist mit dem Schweizer Selbstverständnis nur schwer zu kombinieren.
Spiegel: Heisst das, es wird von den Schweizern so erbitterten Widerstand geben wie von den Galliern gegen die Römer?
Blattner: Nein, wir haben leider keinen Zaubertrank. Wir müssen das realistisch sehen: Wir sind bloss sieben Millionen Menschen und der grösste Bankenplatz für private Vermögensverwaltung. Aber uns stehen einige Hundert Millionen Europäer gegenüber. Wir sind daran interessiert zu koexistieren.
Spiegel: Was heisst die neue Politik für den Finanzplatz Schweiz?
Blattner: Eines ist klar: Wenn der deutsche Fiskus sich jetzt anschauen kann, welche steuerneutralen Gelder jemand bei uns deponiert hat, gibt es keinen Grund mehr, aus Diskretionsgründen diese Gelder in die Schweiz zu bringen. Deshalb werden wohl erhebliche Finanzwerte in die Heimatländer des Anlegers zurück transferiert werden. Das führt dazu, dass die Geldmenge in der Schweiz kleiner wird und die Kredite teurer werden. Gleichzeitig ist klar: Wenn von den 4000 Milliarden Schweizer Franken auch nur ein Viertel wegfällt, brauchen wir auch ein Viertel weniger Banker, Vermögensverwalter, Anwälte und andere Berufsleute, die sich darum kümmern. Damit fällt sehr viel Arbeit weg - und das führt zu mehr Arbeitslosigkeit. Damit verringert sich mittelfristig unser Einkommen, was Einfluss auf den Wohlstand des Landes haben wird.
Spiegel: Müssen wir damit rechnen, dass die Schweizer dagegen rebellieren - zum Beispiel durch die berühmt direkte Demokratie?
Blattner: Nein, wir werden das wohl akzeptieren müssen- wenn auch zähneknirschend. Hier gilt einfach das Gesetz des Stärkeren, dem können wir nicht viel entgegen setzen. Nicht ganz ernst, aber mit Bitterkeit gefragt: Was sollen wir denn machen - keinen Käse mehr liefern?


Nachtrag vom 14. März 2009: 20 Minuten: Bundesrätin Doris Leuthard kritisierte die Rolle der OECD im Streit um das Schweizer Bankgeheimnis: Die Organisation habe ie Schweiz über die geplante Nomination für die Schwarz Liste nicht informiert. Die OECD habe Nicht-Mitglieder mit Informationen bedient, bevor die Schweiz als Mitglied Einzelheiten zur Schwarzen Liste erfuhr. Diese fehlende Transparenz und die Rolle der OECD wolle die Schweiz diskutieren. Der Schweizer Botschafter habe bei der OECD in Paris bereits interveniert. Das Vorgehen der OECD will Bundesrätin Leuthard aber nicht als Erpressung verstanden wissen. "Druck ausüben gehört zur Politik", sagte sie. Die Art und Weise sei in diesem Fall aber sehr konzentriert und in kurzer Frist passiert.



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