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www.rhetorik.ch aktuell: (25. Feb, 2009)

Röbi Kollers erste Club Moderation

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
SN vom 25. Februar 2009,PDF


"Röbi Koller rennt gegen die Kirchenmauer" titelte der Tagi online den ersten Kommentar nach dem Club vom 17. Februar. Ich zitiere: "Erstmals leitete Röbi Koller den "Club" im Schweizer Fernsehen zum Thema "Der Papst verärgert seine Gläubigen". Sein Pech: Die Gäste mochten nicht das sagen, was er von ihnen hören wollte."

Die Diskussion im "Club" (SF) über den Aerger mit der Vatikankommunikation drehte im Kreis. Moderator Röbi Koller wirkte lahm, es fehlte die Spannung, aber auch ein klares Konzept. Er griff nicht lenkend ein. Es war wie in einer Plauderstunde. Obwohl Röbi Koller ein Medienprofi ist, konnte er bei seinen ersten Einsatz nicht überzeugen. Ich vermisste seine Präsenz, vielleicht lag es auch an der Zusammensetzung der Gesprächsrunde. Jedenfalls verstanden die Papstgetreuen ihre Botschaften zu festigen - dank geschickter Wiederholungstaktik. Sie dominierten die Sendung, indem sie immer wieder das Wort ergriffen und betonten, dass der Papst jedem die Hand geben müsse, der zur Kirche zurück kehren wolle. Das gälte auch für Sünder und Menschen, die fragwürdige Meinungen verträten. Der "Club" packte erfreulicherweise ein aktuelles, diskussionswürdiges und heisses Eisen an. Es ging um die katholische Kirche und den Papst und die Exkommunikation der Pius-Bruderschaft mit dem Holocaust-Leugner Richard Williamson. Offensichtlich wollte Koller den Kirchenvertretern das Eingeständnis entlocken, dass der Papst gravierende Fehler gemacht habe. Doch seine Rechnung ging nicht auf: Bischof Kurt Koch und Abt Marian Eleganti verteidigten ihren Chef. Abt Marian betonte, er habe sogar Freude verspürt, als er von der Aufhebung der Exkommunikation gehört habe. Er freue sich immer, wenn der Papst die Hand nach jemandem ausstrecke. Und Kurt Koch hörte nicht auf zu betonen, dass eine Aufhebung der Exkommunikation auf keinen Fall das Gutheissen aller Werte der Betreffenden bedeute. Koller gelang es kaum, die vielredenden Anwälte des Papstes zu unterbrechen. Der Papst-Kritiker und Philosoph Georg Kohler hielt die Rücknahme der Exkommunikation für einen krassen Fehlentscheid. Kohler warf der katholischen Kirche vor, einen Anspruch auf die einzige religiöse Wahrheit zu erheben: "Es gibt verschiedene Wege zur Wahrheit, das will Ratzinger nicht akzeptieren, das ist totalitär" Abt Marian machte deutlich, wie die Vorstellung der absolute Ueberlegenheit der katholischen Kirche in einigen Köpfen verankert ist: "Man kann von einer Religion nur überzeugt sein, wenn man sie als Wahrheit und den anderen als überlegen betrachtet." Der "Club" ist eine der wenigen Sendungen, die auf Dialogen aufbaut. Im Gegensatz zur Arena, bei der es meist nur darum geht, die eigene Position vor Mikrofon und Kamera zu "verkaufen". Dialoge sind dort selten, dafür Duelle. Im "Club" hingegen ist es möglich, um Meinungen zu ringen. Dank der Sendezeit von 75 Minuten lassen sich Fragen vertiefen und es kann Sachverhalten auf den Grund gegangen werden. Im "Club" vom 17. Februar erlebte ich jedoch ein Treten auf der Stelle. Es fehlte eine echte themenbezogen geführte Diskussion. Jede Seite leierte die eigene Position herunter. Moderator Koller hätte versuchen müssen, den Pseudodialog zu lenken und dem Gespräch mit gezielten Fragen eine neue Richtung zu geben. Die Wiederholung der gleichen Argumentationsmuster langweilte bald das Publikum. Als normaler Fernsehkonsument hätte ich nach einer Viertelstunde weggezappt, doch ich blieb auf Sendung. Ich wollte sehen, ob es Röbi Koller doch noch gelänge, das verstockte Gespräch zu führen. Röbi Koller wird bestimmt über die Bücher gehen müssen. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass ihn die Papst - Thematik innerlich nicht erwärmte und er bei der Auswahl der Teilnehmenden unglücklich war. Doch bin ich der Meinung, dass ein Moderator auch mit unliebsamen Teilnehmern einem Gespräch Dynamik geben kann. Dies setzt aber voraus, dass er in der Frage- und Lenkungstechnik bewandert ist. Nach bewährter Manier erkundigte ich mich, wie Kollers erste Sendung angekommen sei, meine Beurteilung verschwieg ich während der Umfrage. Die Urteile waren einhellig negativ. Hier einige Aussagen:
  • Röbi Koller moderierte, als spule er eine Pflichtübung ab.
  • Der Moderator wirkte "abgelöscht".
  • Es fehlte ihm die Freude am Moderieren.
  • Koller schien viel älter als bei der Sendung Quer.
  • Ich kann mir nicht vorstellen, dass solche Sendungen ein hohe Einschaltquote haben.
  • Ich glaube, Koller fehlte das notwenige Lampenfieber, das es braucht, damit inneres Feuer entsteht.
  • Wahrscheinlich lag dem Moderator die kirchliche Thematik nicht.
  • Koller wirkte wie ein Oberlehrer, der genau weiss, was die Schüler antworten.
  • Nicht nur Koller war energielos, die ganze Sendung war langweilig!
  • Mit so einem Thema kann man auch keine Katze hinter den Ofenloch hervorlocken.
  • Warum hatte sich der Moderator nicht besser vorbereitet?
Die Kommentare im Tagesanzeiger klangen weitgehend vernichtend:
  • Es war eine der langweiligsten Sendungen!
  • Tut mir leid, aber Herr Koller ist beim Club an der falschen Adresse. Er war schlecht vorbereitet und musste immer auf die Notizen schauen.
  • Zu Koller: Wenig Spontaneität. Er hat gelangweilt "in die Welt geguckt".
  • Da muss sich Röbi Koller noch wacker ins Zeug legen, damit er neben Christine Maier bestehen kann.
Welche Konsequenzen könnte Röbi Koller aus diesen negativen Rückmeldungen ziehen?: Der neue Moderator müsste künftig jedes Thema sorgfältig ausarbeiten und sich intensiv vorbereiten. Er müsste sich auch für die Denkweise der Gesprächsteilnehmer interessieren und ein Gesprächskonzept zurechtlegen (während der Sendung ist dann das Konzept im Kopf und nicht mehr auf dem Papier). Die Erfahrungen aus "Quer" und dem Sendegefäss "Persönlich" genügen für die anspruchsvolle Moderation im "Club" nicht. Der "Club" ist keine unverbindliche Plauderrunde. Es geht hier um Dialoge und kontraverse Meinungen, die diskutiert, vertieft werden müssen. Diskutieren kommt von discutere (lat. zerlegen)- ein Thema soll von verschiedensten Seiten beleuchtet werden und der Moderator muss das Gespräch leiten. - Ich gehe davon aus, dass Röbi Koller - als erfahrener Medienmann - seine offensichtlich lässige Haltung (das ist doch keine Sache - das mache ich locker vom Hocker) sofort ablegt und vor der nächsten Sendung die notwendige Spannung aufbaut. Er wirkte nämlich, als fehle ihm das notwendige Lampenfieber, die Präsenz, die innere Spannung (der Eu-Stress). Ohne Freude, ohne höchste Konzentration wird Koller der Durchbruch nicht schaffen. Wenn er bis zum nächsten Einsatz in einer Woche seine Einstellung nicht ändert, werden ihm die Zuschauer weglaufen. Dann sackt die Quote langfristig zusammen. Dies hat beim Fernsehen recht unangenehme Folgen. Wenn ich dem Moderator raten müsste, was er nach diesem negativen Start ändern sollte, würde ich ihm zeigen, wie Christine Maier dank Selbstkritik und Fleiss sich laufend verbessern konnte. Sei nahm die erste Kritik ernst und ist zur Top- Moderatorin aufgestiegen. Falls Röbi Koller jedoch beratungsresistet wäre und glaubt, nicht er, sondern die Zuschauer, die Gäste, die Kritiker und das Umfeld müssten sich ändern, dann sähe ich schwarz für ihn.




Am 24. Februar moderierte Röbi Koller das zweite Mal. Ein Vergleich mit der Sendung vom 17. Februar zeigt, dass er über die Bücher gegangen ist. Beim Club zur aktuellen UBS Thematik "Bankgeheimnis unter Beschuss" war er viel präsenter und hörte den Teilnehmern aufmerksamer zu. Er griff nach, wenn jemand auswich und versuchte Themenkreise zu vertiefen. Es konnte festgestellt werden, dass der zweite Einsatz wesentlich besser moderiert wurde. Was immer noch bemängelt werden muss: Mit dem Konzernchef durfte am Anfang nicht so lange ein individuelles Interview geführt werden, um ihm dann auch noch das Schlusswort zu geben. Das ist ein handwerklicher Faux-pas, der leicht zu verbessern ist. Simonetta Sommaruga verstand es, ihre SP Kernbotschaft verständlich, professionell und überzeugend zu platzieren. Ihren Kontrahenten - Professor Hans Geiger - konnte sie endgültig in die Ecke drängen. Hier hätte der Moderator die Pflicht gehabt, Geiger zu fragen, was er zur These Sommarugas sage. Man dürfe zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung künftig nicht mehr unterscheiden. Die sichtbare Verbesserung des Moderators verdeutlicht uns, was man durch Selbstkritik erreichen kann.



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