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www.rhetorik.ch aktuell: (31. Jan, 2009)

USB Boni trotz Finanzspritze

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Wer es auch immer zugelassen hat, dass die UBS Boni auszahlen kann, obschon es ihr schlecht geht und der Bund die Grossbank mit einer enormen Summe vor dem Ruin retten musste: Dass im heutigen Zeitpunkt die Bank - trotz der Krise - überhaupt Boni auszahlen darf, ist unbegreiflich. Die zusätzlichen Belohnungen für schlechtes Wirtschaften wecken Wut. Die Zahlungen werden nicht verstanden, selbst wenn man Bonis früher vertraglich fixiert hatte. Auszahlungen von Bonis sind in der heutigen Situation ungeschickt. Sie wirken arrogant. Die neue Führung der UBS untergräbt das neue Vertrauen, das aufgebaut werden sollte. Warum durfte der Bund die Finanzspritze nicht an die Bedingung knüpfen, dass vorläufig keine Bonis bezahlt werden. Wurden die Politiker über den Tisch gezogen?
20 Min:: Abzocke geht weiter FINMA bewilligt Boni bei UBS Die Schweizerische Finanzmarktaufsicht (FINMA) hat die Bonuszahlungen der Grossbank UBS an ihre Manager für das vergangene Jahr abgesegnet. Es seien zwar massive und substanzielle Kürzungen vorgenommen worden.
Weil man gemerkt hatte, dass die Volkswut so weit kocht, dass UBS Banken mit Farbbeuteln beworfen wurden, griff man zu einem sprachlichen Zaubertrick. Anstatt von Boni spricht der Bundesrat von variablen Lohnkosten. Dank dieser euphemistischer Wortkosmetik ist plötzlich alles wieder im Lot und der Bundesrat muss kein schlechtes Gewissen mehr haben.
Tagi: Bundesrat "hat Verständnis"
Der Bundesrat wurde darüber informiert, dass diese variablen Lohnkosten im Falle der UBS gegenüber dem Vorjahr um 80 Prozent gesenkt wurden. Diese Zahlungen seien vertraglich gebunden, und insofern nicht als eigentliche "Boni" zu bezeichnen, sagte Sigg. Über die Details werde die UBS informieren. Der Bundesrat versteht die emotionalen Reaktionen, welche die Nachrichten über Bonus-Zahlungen der UBS ausgelöst haben.
Der Bundesrat zeigt Verständnis für den Ärger der Bevölkerung. Der Bürger hat sicherlich gar kein Verständnis für der billige Schönfärberei mit Worten. Nach meinem Dafürhalten darf man das Volk nicht für so dumm verkaufen. Nun ist der Ball bei der UBS. Der Führungsspitze der angeschlagenen Grossbank wird es nach der jüngsten Medienverlautbarung nicht mehr schwer fallen, die sogenannten variablen Lohnkosten als normalen Salair zu verkaufen. Variable Lohnkosten - wortwörtlich genommen - müssten variabel sein: in schlechten Zeiten werden sie mit Kürzungen verbunden, und in guten Zeiten gibt es zusätzliche Belohnungen. Kein Manager der UBS will jedoch etwas von Malus wissen. Boni mutieren zu einem festen Anteil des Grundlohnes. Wenn schon variable Lohnkosten, dann dürfen die Kosten nach unten und nach oben variieren. Niemand kann nachvollziehen, dass ein Bonus für eine Phase bezahlt wird während der Geld bei der UBS in den Sand gesetzt worden ist. Vor allem, dass Stützungsgelder des Bundes für diese Boni eingesetzt werden können. Normal Sterbliche hatten es nie begriffen, dass Manager für schlechte Leistungen belohnt wurden und beim Abgang auch noch einen goldenen Fallschirm erhielten. Im Bundesrat ist man sich nicht ganz einig. Eveline Widmer- Schlumpf begreift es nicht, dass 2 Milliarden Bonizahlungen sanktioniert werden. Sie begreife den Unmut der Bevölkerung.
"Tagi vom 29.1.09:" Der Bundesrat hat indirekt bestätigt, dass die UBS trotz Staatshilfe rund 2 Milliarden variable Zulagen verteilen will. Vertraglich bindend sind indes bloss 1.3 Milliarden Franken. Geschäftsprüfer werden aktiv Die Arbeit der Finanzmarktaufsicht irritiert nicht nur viele Bürgerinnen und Bürger, sondern beschäftigt nun auch die Aufseher des Parlaments, wie Recherchen des TA zeigen: SP- Nationalrat André Daguet hat letzte Woche an der Sitzung der Geschäftsprüfungskommission eine Reihe von Fragen eingereicht. Er möchte Klarheit über die Rolle erhalten, welche die Bankenaufsicht in der Finanzkrise gespielt hat. "Es muss geprüft werden, warum sie die Risiken lange nicht bemerkt hat und ob sie allenfalls sogar die Risiko-modelle abgesegnet hat, die zum Fiasko geführt haben", bestätigt Daguet. Seine Intervention zielt auch auf die Arbeit von Aufsichtspräsident Eugen Haltiner ab. Man müsse prüfen, ob die Kontrollbehörde personell von der UBS genug unabhängig gewesen sei oder nicht - und inwiefern dies die Beurteilung der Bankrisiken beeinflusst habe, sagt Daguet. Er spielt damit auf Haltiners Werdegang an. Der Aufsichtpräsident stand vor seinem Wechsel in die Kontrollbehörde im Dienst der UBS. "Das Versagen der Bankenaufsicht ist von derart grosser Bedeutung, dass wir nicht daran vorbeigehen dürfen." Die Geschäftsprüfungskommission hat die Fragen entgegengenommen und prüft jetzt das weitere Vorgehen. Die Aufarbeitung der Aufsichtstätigkeit soll laut Daguet helfen, für die Zukunft die richtigen Schlüsse zu ziehen. Es geht noch dreister: 18 Milliarden Boni für US-Banker Während die UBS die Boni auf ein Zehntel reduziert, erhalten US-Banker immer noch rund die Hälfte der letztjährigen Prämien - gleichviel wie im Jahr 2004.
In den USA gibt es ähnliche Diskussionen. Auch für Obama sind Boni Gipfel der Verantwortungslosigkeit. Er bezeichnete die Entscheidung, dass die Banken auch 2008 noch 18 Milliarden an Bonuszahlungen ausgeschüttet haben als "beschämend". Die Zahlungen seien erfolgt, während die Banken zeitgleich den Staat und damit den Steuerzahler um Milliardenhilfen angefleht hätten.
"Das ist der Gipfel der Verantwortungslosigkeit. Es ist beschämend."
Auch in den USA gehen viele Zeitungskommentare hart ins Gericht: Beispiel: "Wall Street Boni geben dem Wort Bankräuber eine neue Bedeutung".
"Tagi:" Die Prügelknaben der Nation - wie die UBS zur Bad Bank wurde. Die grösste Bank im Land kann melden, was sie will: Sie erntet Protest, sie weckt Wut. Denn in der Krise rächt es sich, dass die UBS in der Schweiz ein Fremdkörper geblieben ist. So nicht! Seit bekannt wurde, dass die UBS ihren Angestellten gegen 2 Milliarden Franken an Boni auszahlen will, hagelt es Proteste. In den Leserbriefspalten und Online-Foren wird die UBS bis heute mit Vorwürfen zugedeckt, und zwar in einem Ausmass, das sich kaum noch sachlich erklären lässt. Arroganz, Abzockerei, kein Anstand: Die klare Mehrheit der Menschen äussert eine klare Meinung - so nicht, UBS! Ein Kommunikationsunfall? Eine Imagedelle? Das Problem liegt offenbar tiefer: Die UBS ist zum Symbol verkommen für alles, was die aktuelle Krise ausmacht. Einer der grössten und wichtigsten Arbeitgeber im Land hat hier fast keinen Rückhalt mehr. Nachdem der Bund die UBS im Notverfahren retten musste, zeigten diverse Umfragen, dass kaum eine Mehrheit der Bevölkerung dies unterstützen würde. Andere Erhebungen besagten, dass Herr und Frau Schweizer die Grossbank als "eher wenig" oder "überhaupt nicht vertrauenswürdig" erachten. Und die Markenstudie des Werbekonzerns Advico Young & Rubicam stellte fest, dass das Vertrauen in den Brand UBS innert eines Jahres um 66 Prozent abgesackt war.
"Tagi": Weitere Beispiele liessen sich anfügen, sie alle besagen eines: Die UBS ist - freundlich formuliert - unbeliebt. "Die Vertrauenswürdigkeit der Bank ist stark beschädigt", sagt der Kommunikationsexperte Marcus Knill,

"und verlorenes Vertrauen kann leider selten neu erworben werden."


Natürlich könnte man dies vor allem mit Kommunikationsfehlern erklären. In der ersten Phase der Finanzkrise - bis Herbst 2008 - gestand die Bank ihre Probleme allenfalls im Salamiverfahren ein, Fehler wurden bagatellisiert. In einer zweiten Phase - nach dem Rettungspaket aus Bern - setzten UBS-Präsident Peter Kurer und Konzernchef Marcel Rohner auf eine neue Bescheidenheit. Wobei sie es grundsätzlich vorzogen, sich möglichst rar zu machen. So blieb die Grossbank auch jetzt in der Bonus-Debatte auf Tauchstation, kein Versuch zur Versachlichung. Peter Kurer kritisierte zwar schon am Montag die Lohnexzesse seiner Branche, nur: Er tat dies an einer Konferenz in Riad (Saudiarabien). Die Schweizer Öffentlichkeit erfuhr nichts davon. Die UBS hat ein Imageproblem (Robert Studer, 1997)

"Das Klima zwischen der UBS und den Schweizer Medien ist auf einem Tiefpunkt."


bemerkt Knill. Und in diesem Punkt spiegelt sich ein grösseres Dilemma: Die Bank will sich jetzt wieder stärker auf den Heimmarkt stützen, doch hier war sie noch nie besonders tief verankert. "Die UBS hat ein Imageproblem": Dieser Satz ist älter als die UBS selber - beispielsweise äusserte ihn Robert Studer mehrfach im Jahr 1997. Die Bankgesellschaft hatte sich da gerade in Union Bank of Switzerland umgetauft, der Streit um Nazigeld und Judengold brachte sie unter internationalen Druck, und Verwaltungsratspräsident Studer wurde im Fall Meili vorgeworfen, arrogant geworden zu sein.




Die Karikatur der Woche von der Sonntagszeitung ist nicht ganz unrealistisch. Giuliani verteidigte Wallstreet Boni bei CNN: "Keine Boni heisst weniger Kaufkraft in Restaurants und Läden." Alles hängt zusammen."


Nachdem die Fusion von SBG und SBV durchgepaukt worden war, setzten die erwähnten Imageprobleme erst richtig ein: Schon im ersten Jahr 1998 verlor die Fusionsbank eine Milliarde Franken im amerikanischen Spekulationsfonds LTCM; ihr Präsident, der kernige Bündner Mathis Cabiavalletta, musste gleich wieder sein Pult räumen. Stationen einer Entfremdung 1999 folgte die Schliessung von 150 Filialen im ganzen Land, und auch danach erreichte die Entfremdung zwischen der Bank und der Heimat fast jährlich neue Stufen; einige Anlässe: Im Jahr 2000 übernahm die UBS die Wallstreet-Grossbank PaineWebber mit 8000 Angestellten, womit sie nebenbei unterstrich, wie unwichtig ihr das Kleinkunden- und KMU-Geschäft zwischen Mettmenstetten und Minusio geworden war. Der Deal brachte einen massiven Schub an amerikanischer Bonus-Kultur in die Schweizer Bank, und vor allem kippte jetzt ein wichtiges Verhältnis: Bloss noch 40 Prozent des UBS-Personals arbeitete danach in der Schweiz. Den ausgeschriebene Namen "United Bank of Switzerland" hatte die UBS da ohnehin schon ganz unterdrückt: Im globalen Selbstverständnis war Switzerland vernachlässigbar geworden. Im Herbst 2001 erschien die UBS dann zum ersten Mal als Hassobjekt auf Demonstrationen: Das war nach dem Grounding der Swissair - ein Desaster, für das die Öffentlichkeit stark die UBS verantwortlich machte. UBS wurde zur Bank, welche der Nationalfluggesellschaft den Stecker rausgezogen hatte. Im Frühjahr 2002 legte UBS-Präsident Marcel Ospel als erster Grosskonzern-Chef sein Gehalt offen. Es kam zum Aufschrei: 12.5 Millionen Franken! - die Summe lag damals noch jenseits aller Erwartungen. Ab diesem Zeitpunkt galt Marcel Ospel landauf, landab als Prototyp eines globalisierten Managers, dem es an Bezug zum Normalverdiener zu fehlen schien. Abzocker gleich Ospel: Diese Formel verfolgte den UBS-Chef bis zu seinem Rücktritt. Und mit ihm die UBS. In den Jahren danach konnte sich die Bank zwar auch wieder allerhand Goodwill verschaffen. Dabei halfen die Sponsorengelder für Alinghi, und vor allem: Zwischen 2003 und 2007 präsentierte die Bank faszinierende Milliardengewinne. Das trug ihr vielleicht nicht gerade Liebe ein, aber wenigstens Respekt. Noch 2007 bekam die UBS in der erwähnten Advico-Markenstudie leicht bessere Vertrauenswerte als Paradeplatz-Rivale Credit Suisse. Doch mit der Finanzkrise und den 40-Milliarden-Abschreibern schmolz diese Anerkennung im Nu. Denn nun musste die Bank umso mehr als amerikanisierter Grosskonzern wahrgenommen werden: Nicht sehr schweizerisch, aber ein Klumpenrisiko für die ganze Schweiz.




Nachtrag vom 1. Februar, 2009: Aus der Sonntags Zeitung vom 1.Februar: Für Christin Levrat verhält sich Bundespräsident Merz bei der Boni-Frage wie Pontius Pilatus: er wäscht seine Hände in Unschuld. Für Roger de Weck ist der Bonus das Sinnbild des Selbstbedienungskapitalismus.


Nachtrag vom 2. Februar: Es wird grotesker. Tagi online: "UBS: Zwei Milliarden Busse ­ und nochmals 6.3 Milliarden Verlust? Die US-Nachrichtenagentur Bloomberg rechnet mit einem Verlust von 6.3 Milliarden Franken für die UBS im vierten Quartal 2008. Im Steuerstreit mit den USA droht eine Busse von 2 Milliarden Franken. "

Das Wort "Malus" existiert bei dieser Grossbank nicht. Schlechte Resultate werden groteskerweise mit Boni entgolten. Vor allem bei den obersten Chefs, bei denen Flops mit Abgangsentschädigungen vergoldet werden. Es ist eine verkehrt Welt, die niemand versteht.



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