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www.rhetorik.ch aktuell: (30. Nov, 2008)

Geheimclub Gruppe 13

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
In der Nacht der langen Messer von 2007 gelang es einer Kerngruppe von Parlamentarien die SVP zu überrumpelen, indem Christoph Blocher mit einer Sprengkanditatin ausgehebelt wurde. Der Geheimplan hatte vor allem deshalb Erfolg, weil nur wenige Akteure in den Plan eingeweiht worden waren und die Karten kurz vor der Wahl intern bei den Grünen, der SP und CVP offen gelegt worden waren. Die SVP hatte diesen Schlag nie überwunden und schmiedeten ihrerseits an einer Strategie, um wieder einen "echten" Hardliner in den Bundesrat zu bringen. Die Strategie mit dem Zweierticket überraschte die "Blocherkiller" und jene Palamentarier, die bei der Abwahl Blochers gejubelt hatten, schäumten vor Wut, als ihnen bewusst wurde, dass die SVP Strategie aufgehen könnte und das Parlament mit grosser Wahrscheinlichkeit Ueli Maurer wählen würde. Für sie ist Ueli Maurer nicht wählbar, weil er wieder "Blochers Geist" in den Bundesrat bringt.
Die Mitglieder der "geheimen" Gruppe 13 (nach "Sonntag" und "20 Min"):
Kurt Fluri (FDP, SO)
Andreas Gross (SP, ZH)
Christine Egerszegi (FDP, AG)
Christa Markwalder (FDP, BE)
Dick Marty (FDP, TI)
Lucrezia Meier-Schatz (CVP, SG)
Jacques Neirynck (CVP, VD)
Hans Stöckli (SP, BE)
Andy Tschümperlin (SP, SZ)
Roger Nordmann (SP, VD)
Eric Nussbaumer (SP, BL)
Ueli Leuenberger (Grüne, GE)
Luc Recordon (Grüne, VD)
Antonio Hodgers (Grüne, GE)

Nicht mehr dabei sind Chiara Simoneschi-Cortesi (CVP, TI) und Alain Berset (SP, FR), die sich als Nationalratspräsidentin respektive Ständeratspräsident politisch zurücknehmen müssen.
NZZ-online: SVP-Kritiker bilden die "Gruppe 13" Bisher unbekannte Politikergruppe nimmt Ueli Maurer ins Visier SVP-Präsident Ueli Maurer Bild anklicken für Vollansicht Ueli Maurer. Nach der Blocher-Abwahl haben sich Politiker aus allen Parteien zu einem Diskussionsforum zusammengeschlossen. Jetzt erwägt die "Gruppe 13", Ueli Maurer zu verhindern. Politiker aus SP, FDP, CVP und Grüner Partei treffen sich seit Monaten in der "Gruppe 13". Am Mittwoch berät die bisher unbekannte Gruppe, ob Ueli Maurer Bundesrat werden kann. Wann sich die "Gruppe 13" zum ersten Mal getroffen hat, ist nicht ganz klar. Jemand sagt, es sei in der Woche nach Christoph Blochers Abwahl gewesen. Ein anderer meint, es sei während der Frühjahrssession gewesen. Klar ist hingegen, was der Name bedeutet: 13 ist die Quersumme von 12. 12. 07, dem Tag von Blochers Abwahl. Die Gruppe wolle "die Erbschaft des 12. Dezember bewahren", sagt ein involvierter Parlamentarier. National- und Ständeräte aus allen Fraktionen ausser der SVP haben sich der "Gruppe 13" angeschlossen. An den bisher zwei oder drei Treffen sollen jeweils 10 bis 20 Personen teilgenommen haben. Einige Beteiligte wollen nicht über die Gruppe reden. FDP-Nationalrat Kurt Fluri hingegen, der jeweils die Einladungen verschickt, bestätigt ihre Existenz ohne Umschweife. Es handle sich um eine "staatspolitische Grundsatzgruppe", die ohne Protokoll tage, sagt der Solothurner Freisinnige.
20 Minuten: Geheimclub will Bundesrat Maurer verhindern
Parlamentarier verschiedener Parteien haben sich zur "Gruppe 13" zusammengeschlossen. Sie wollen verhindern, dass Blocher oder Maurer am 10. Dezember Bundesrat werden. Brisant: Mitglieder sind nicht nur Linke, sondern auch Volksvertreter der CVP und FDP. Bislang galt Ueli Maurer (ZH) schon als künftiger Bundesrat. Aber: eine Geheimgruppe aus Parlamentariern verschiedener Parteien leisten Widerstand. Sie nennen sich Gruppe 13. Die Unglückszahl ergebe sich aus der Quersumme 12.12.07, dem Datum an welchem Christoph Blocher aus dem Bundesrat gewählt wurde. Wieso aus 13 nicht noch die Quersumme vier erfolgt, bleibt unbekannt. Angeführt wird die Gruppe von Andreas Gross (SP, ZH) und Kurt Fluri (FDP, SO). Das Ziel der Gruppe ist ein Revival der Konkordanz. Das berichten heute die Zeitungen "Sonntag" und "NZZ am Sonntag". Die "Gruppe 13" will erreichen, dass nach der Ära Blocher dafür gesorgt wird, dass sich künftige Regierungsmitglieder zu Völkerrecht, Gewaltentrennung, dem Erhalt der Institutionen und zur Kollegialität bekennen. Gegenüber dem "Sonntag" spricht SP-Nationalrat Gross deutliche Worte: "Blocher und Maurer sind wie Fix und Foxi. Wir wählen doch nicht Fix ab, um dann Foxi zu nehmen." Die Gruppe sei sich darin einig, dass Bundesrratsitze nicht mehr nur gemäss dem Wähleranteil einer Partei verteilt werden sollten, sondern dass Bundesräte auch programmatische und staatspolitische Grundsätze erfüllen müssten, sagte Fluri. So sei etwa ein Bundesrat, der Indiskretionen aus dem Kollegium nach aussen trage, nicht akzeptabel. Die Gruppe 13 will sich nicht von der SVP diktieren lassen, wen sie in den Bundesrat wählen dürfen und wen nicht. Andreas Gross sagt gegenüber dem Sonntag, dass er niemanden der Blocher-Baader-Maurer-Linie wählen werde. Die Wahl von Ueli Maurer ist gemäss Gross überhaupt nicht in Stein gemeisselt. Gibt es am 10. Dezember eine Überraschungswahl, wie vor einem Jahr?


Die Drahtzieher der Blocherabwahl, wie Darbelley und Wyss fehlen erstaunlicherweise auf dieser Liste. Ob sie an einer zusätzlichen Geheimaktion arbeiten? Sicher werden die damals erfolgreichen Putschisten nicht tatenlos zusehen, wie der SVP nach einem Jahr die Revanche gelingt. Mit dem Bekanntwerden der Gruppe 13 besteht die Gefahr, dass die SVP in den nächsten Tagen reagieren und alle Versuche, Maurer zu verunglimpfen, als Schmutzkampage der Gruppe 13 deklarieren kann. Die Medienexposition der Gruppe 13 könnte auch eine kontraproduktive Wirkung haben: wenn sich bürgerliche Kräfte zusammenschliessen und zu Steigbügelhaltern der SVP werden. Jede Aktion führt zu Gegenaktionen. Jedenfalls stehen spannende Tage bevor. Maurers Medienrhetorik war lange bewundernswert. Als Bundesratskandidat gab er sich kürzlich weniger eloquent:

Tagesanzeiger: Ueli Maurer verliert vor der Kamera die Nerven

Der Favorit für die Bundesratswahlen vom 10. Dezember verlor gestern am Fernsehen die Nerven, als ein Journalist ihn zu seinem Verhältnis zu Christoph Blocher befragte. Die erste Fragen parierte Ueli Maurer noch gelassen. Dass man mit klaren Worten und klarer Haltung Leute beleidigen könne, sei schon möglich, antwortet Maurer gestern Abend im Interview mit der Sendung "10vor10" von SF auf die Frage, ob er in den letzten Jahren nicht zu viele Leute beleidigt habe. Auch als das Schweizer Fernsehen ihn mit seinen harten Aussagen zu Bundesrat Samuel Schmid konfrontierte, blieb der frisch gebackene Bundesrats-kandidat ruhig. Er habe dabei nur die Haltung der Partei vermittelt, verteidigte sich Maurer. Doch als der Journalist nachhakte, ob alle Dossiers auch auf dem Tisch von Christoph Blocher landen, wenn Maurer Chef im VBS sei, verlor der frühere SVP-Präsident die Fassung. "Das sind doch dumme Fragen." Wenn er VBS-Chef werde, treffe er Entscheidungen zusammen mit den Leuten im VBS. Die Partei habe die Möglichkeit, sich einzubringen. "Die dummen Unterstellungen nach zwölf Jahren kommen wirklich nur dem Fernsehen in den Sinn." SVP-Politiker rufen: "Ein Skandal" 24 Stunden nach der Sendung schäumen die Fraktionskollegen von Maurer immer noch über das Interview von "10vor10". "Dass ein öffentlich-rechtlicher Sender sich solche Unterstellungen als Fragen leistet, ist ein Skandal", sagt ein SVP-Nationalrat. Die Nähe zu Christoph Blocher und Unterstellungen, er handle nicht selbstständig, haben bereits einmal zu einem Eclat vor laufender Kamera geführt. In einer Diskussionsendung des ehemaligen Schweizer Senders Tele 24 bezeichnete Roger Schawinski Maurer als "Präsident von Blochers Gnaden". Daraufhin verliess Maurer gereizt das Studio. Kommentar: Nach meinem Dafürhalten hat Ueli Maurer nicht die Nerven verloren. Doch nervt es ihn, wenn man ihn ständig als unselbständigen Politiker hinstellt, der nur nach der Pfeife des Uebervaters tanzen kann. Ueli Maurer hat das Recht, penetrante Unterstellungen zurückzuweisen. Wenn er jedoch zu ungehalten reagiert, so bestärkt dies in der Oeffentlichkeit den Eindruck, dass der Journalist einen heiklen Punkt getroffen hat und die Unterstellung etwas Wahres an sich haben kann. Ueli Maurer hat sich zu recht empört: Das Fernsehen entschuldigte sich! Für mich eine seltene Geste. Doch spricht dies für Schweizer Fernsehen SF-Chefin -Ingrid Deltenre und Chef-redaktor Ueli Haldimann entschuldigen sich. Grund war ein Interview in der Sendung "10 vor 10" vom Donnerstagabend. Nach dem Nominationsentscheid der SVP-Fraktion hatte Redaktor Hans Bärenbold (55) dem Kandidaten Maurer die kritische Frage gestellt:

"Und Ihre Dossiers, landen die dann immer auf dem Tisch von Christoph Blocher?"


Maurer konterte, solch dumme Fragen könnten nur dem Fernsehen einfallen. Gestern sagte Maurer, Bärenbold sei "schlicht unhöflich und frech". SF-Chefredaktor Ueli Haldimann gibt Maurer recht: Das ganze Gespräch sei "missglückt" und die betreffende Frage "ganz daneben". Durch den Ton der Fragen sei der Eindruck eines "unflätigen Verhaltens" entstanden. Haldimann stellte Redaktor Bärenbold deshalb am Freitagmorgen zur Rede. Nach diesem Gespräch entschuldigte sich Bärenbold telefonisch bei Ueli Maurer. Dann doppelten die TV-Bosse nach. Haldimann griff zum Hörer und entschuldigte sich ebenfalls noch am Freitag. Auch SF-Chefin Ingrid Deltenre fand das Interview "völlig missglückt". Weil sie Maurer persönlich kenne, habe auch sie sich per Mail bei ihm entschuldigt, sagte sie am Samstag. Einen solchen Bückling der TV-Leute hat Maurer noch nie erlebt: "Es ist das erste Mal, dass sich das Fernsehen bei der SVP entschuldigt." Haldimann bestätigt: Solche Entschuldigungen kämen "extrem selten" vor.


Es ist gut, dass die Fernsehverantwortlichen bedacht sind, dass am "Staatsfernsehen" kein anwaltschaftlicher Journalismus betrieben wird. Politiker dürfen hart befragt werden, doch geht es nicht an, dass in einem "10 vor 10" Interview willkürlich, unbewusst oder bewusst, böswillige einseitige Unterstellungen eingeflochten werden. Die Entschuldigung spricht für die Qualität des Schweizer Fernsehens. Fehler kann es immer wieder geben. Doch ist es ein Zeichen von Grösse, wenn man sich für unzulässige journalistische Arbeit entschuldigt.


Nachtrag vom 2. Dezember 2008: Iwan Rickenbacher Interview im Blick:

Blick.ch: Herr Rickenbacher, ist in der Schweiz eine "neue Art des Politisierens" mit Geheimbünden zu erkennen? Iwan Rickenbacher: Nein, auch in der Vergangenheit gab es in der Schweiz immer wieder Gruppen, die ad hoc gebildet wurden und denen irgendwelche Namen gegeben wurden. In der sogenannten "Nacht der langen Messer" (Nacht vor der Bundesratswahl) wurden immer wieder verschiedene Aktionen geplant, um die Bundesratswahlen zu entscheiden.
Blick.ch: Wer kommt für die "Gruppe 13" als Alternative zu Blocher/Maurer in Frage? Iwan Rickenbacher: Bestimmt niemand aus der SVP. Diese Person würde ja sofort aus der Partei und der Fraktion der ausgeschlossen. In Frage käme jemand aus der CVP oder von den Grünen. Nationalrat Luc Recordon hat sich bereits offiziell zur Wahl gestellt.
Blick.ch: Was sagen Sie zum Vorgehen der "Gruppe 13"? Iwan Rickenbacher: Ein Geheimbund, der öffentlich wird, ist nicht mehr geheim. Somit verliert er einen erheblichen Teil seiner Wirkung. Wenn Geheimbünde wirklich etwas durchsetzen wollen, dann dürfen sie erst nach erfolgter "Operation" bekannt werden. So wären sie wirklich effektiv.
Blick.ch: Angenommen, die "Gruppe 13" schafft es, Blocher und Maurer als Bundesräte zu verhindern. Wird dies das Volk goutieren? Iwan Rickenbacher: Das Volk wird seine Meinung dazu bei den Wahlen 2011 kundtun. Zuvor könnte jedoch schon bei den kantonalen Wahlen im Aargau eine Reaktion zu spüren sein.
Blick.ch: Müssen wir uns in der Schweiz vom Grundsatz der Konkordanz verabschieden? Iwan Rickenbacher: Nein, denn die Konkordanz wird lediglich im Bundesrat auf die Probe gestellt. In den Kantonsregierungen und in Hunderten von Gemeinden wird die Konkordanz problemlos gelebt und gepflegt.



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